Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
Vom Netzwerk:
der Nase wie sie. Cai schluckte. Jake Reardon war ein guter Mann. In seiner Obhut wäre Lizzie bestens aufgehoben.
    Cai gebot den Trägern, den Weg fortzusetzen. Im selben Moment schaute Jake auf. Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich ihre Blicke. Jake schien zu erschrecken, aus den Augenwinkeln sah Cai, wie Lizzies Bruder seine Tochter vom Schoß schob und zur Hecke lief.
    „Beeilt euch!“, befahl Cai den Sänftenträgern. Das Letzte, was er wollte, war, jetzt die Aufmerksamkeit Jake Reardons auf sich zu ziehen.
    Die Kulis trugen Cai durch die Straßen. An Hutongs vorbei, in denen die verruchtesten Opiumhöhlen lagen und die abgetakeltesten Prostituierten zu finden waren. Vorbei an den rot gestrichenen Häusern der Lieblingskonkubinen zweier der mächtigsten Cohong-Kaufmänner, und weiter, bis er in die Nähe seines Lieblingsteehauses gelangte, wo er sich schließlich absetzen ließ.
    Als er das Gebäude betrat, wurde er vom Teemeister persönlich begrüßt.
     „Ehrenwerter Chiao-Ho, welch eine Freude, Euch wiederzusehen!“
    Meister Ren führte Cai an einen der Tische und goss ihm eine Schale Tee ein. „Eure Lieblings-Teesorte?“
    Cai stimmte zu.
    „Meister Ren, bei Euch einzukehren, ist eine Wohltat.“
    Der stark ergraute Teemeister dankte lächelnd und verschwand, um kurze Zeit später mit einer Kanne des gewünschten, frischen Tees zurückzukommen. Cai schnupperte und dankte Meister Ren.
    „Ihr wart eine schiere Ewigkeit bei den yi . Konntet Ihr alles zur Zufriedenheit unseres Herrschers erledigen?“
    „Weder er noch seine Vertreter in Schanghai haben Grund, sich zu beschweren.“
    Meister Ren nickte zufrieden.
    „Genießt die Ruhe und den Tee. Meditiert und findet Eure Mitte!“ Der Teemeister empfahl sich und ließ Cai allein.
    Cai beugte sich über den Tee. In der weißen Schale dampfte die zartgrüne Flüssigkeit und der milde Blütenduft stieg in seine Nase. Er stupste das Gefäß an, und der Tee schwappte hin und her, bis die Oberfläche langsam zur Ruhe kam und kreisend in der Teeschale schwamm. Der rötliche Schein der Laternen reflektierte sich darin. Ganze Ewigkeiten fand der Weise in einer Tasse Tee. Cai hätte sich damit zufriedengegeben, nur eine einzige Antwort zu finden. Er seufzte und trank seinen Tee.
     
    Lizzie saß am Fenster, verborgen hinter Vorhängen, und blickte auf die Straße hinaus. Ein dunkel gekleideter Chinese lief mit seinem Handkarren bereits das zweite Mal hier vorbei. Ein Straßenmädchen mit Glocken an den Gewändern hüpfte leichtfüßig den Weg entlang. Ihr Haar hing in zwei sorgfältige Zöpfe geflochten über ihren Rücken. Immer wieder blieb sie stehen und sprach kostbar herausgeputzte Damen an, die sie entweder auslachten oder beschimpften. Vermutlich eine Bettlerin, folgerte Lizzie.
    Vom anderen Ende der Straße näherte sich eine vertraute Gestalt. Cais lange Jacke war aus dunklem Stoff, ebenso die passenden Hosen, und seine Schuhe bildeten keine Ausnahme. Auf dem Kopf trug er eine Kappe, wie sie so viele Chinesen trugen. Cais Arme waren vor der Brust gekreuzt und seine Schritte trugen ihn langsam und bedächtig voran, als dächte er nach und wollte sich nicht durch hastiges Laufen aus dem Rhythmus bringen lassen. Als er näher kam, konnte Lizzie seinen Gesichtsausdruck erkennen und wusste, dass ihn etwas beunruhigte.
    Ihre Kehle schnürte sich zusammen. Cai war ihr in den letzten Monaten so wichtig geworden. Sie wollte nicht daran denken, wie es weiterging, wenn sie bei ihrem Bruder lebte. Sie schüttelte den Kopf. Würde ihr Bruder zulassen, dass Cai ihr die Aufwartung machte? Würde Cai dies überhaupt tun oder sie schnell fallen lassen, wenn er Gefahr lief, zu einem potenziellen Heiratskandidaten zu werden? Wie stand er zu ihr? War sie für ihn doch nur ein netter Zeitvertreib? Eine Bettgespielin ohne Verpflichtungen? Trauer stieg in ihr hoch.
    Sie schrak zusammen, als es an ihrer Tür klopfte. Lizzie griff nach einem Taschentuch, blinzelte und tupfte jene Tränen fort, die vorwitzig genug gewesen waren, über ihre Wange kullern zu wollen.
    „Ja?“ Die Tür öffnete sich, und Cai trat ein.
    Lizzie erhob sich und ging auf ihn zu. Er nahm ihre Hände und küsste sie sacht.
    „Alles in Ordnung?“
    Lizzie nickte lächelnd. Sie zog ihn auf ihr Bett und setzte sich mit ihm an den Rand.
    „Erzähl“, begann sie munter. „Konntest du meinem Bruder den Brief persönlich überreichen?“
    Sie fühlte, dass etwas nicht stimmte, noch ehe Cai es sagte.

Weitere Kostenlose Bücher