Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
Haus gehen werde.“ Das galt allerdings nur für Lizzie, Lee hingegen konnte tun und lassen, was ihm beliebte. Sie lächelte Cai beruhigend an und wandte sich dem Essen zu.
Er konnte nicht ahnen, dass sie die Wahrheit über den Brief herausgefunden hatte. Sie wollte in Erfahrung bringen, wie es um ihren Bruder und seine Familie stand. Schließlich war sie nicht um die halbe Welt gereist, um nur wenige Meilen vor dem Ziel aufzugeben. Ein ganz anderer Gedanke mischte sich in ihre Überlegungen. Was, wenn ihrem Bruder etwas geschehen war? Oder wenn er Nachricht von dem Anwalt erhalten hatte und mit Sack und Pack nach England unterwegs war, um sein Erbe anzutreten? Lizzie schauderte. Sie wäre mittellos in China gestrandet.
„Musst du tatsächlich aufbrechen?“, fragte Lizzie, während sie ihr Haar bürstete. Cai beobachtete, wie die Bürste leise knisternd durch Lizzies Strähnen glitt, und wie unter den sorgfältigen Strichen seidiger Glanz entstand. Blauschwarze Lichter reflektierten sich auf Lizzies Kopf.
„Man hat mich zu einem Bankett eingeladen. Es tut mir leid, Lizzie.“
Sie seufzte. Cai trat hinter sie und küsste ihren nackten Hals. Prompt überzog eine Gänsehaut ihre Rückseite.
Cai lachte.
„Ich werde dich auch vermissen.“
Lizzie legte die Haarbürste fort und drehte sich Cai zu.
„Ich störe dich doch nur“, meinte sie. „Du musst deinem Tagesgeschäft nachgehen und bist jede freie Minute hier, um mir die Zeit zu vertreiben. Ich könnte ins Haus meines Bruders ziehen und dort auf ihn warten, bis er und seine Gemahlin wiederkehren.“
Cai ging vor ihr in die Hocke, sodass sie auf Augenhöhe waren.
„Und was wird dann aus uns?“, fragte er leise. Seine schwarzen schrägstehenden Augen fixierten Lizzie traurig und sehnsüchtig.
Lizzie blinzelte. „Was soll mit uns sein?“
Er hob seine Hand, und Lizzie legte ihre automatisch an seine Handfläche.
„Sieh sie dir an.“
Lizzie zuckte mit den Achseln.
„Ich bin Chinese, ein Mandarin, und du eine Britin, eine Langnase, eine yi .“
Sie runzelte die Stirn.
„Mir gefällt nicht, was du andeuten möchtest.“
„Ich deute nichts an. Ich spreche Tatsachen aus. Denkst du, dein Bruder oder irgendein Brite ließe zu, dass wir beide uns noch sehen? Geschweige denn …“ Er deutete vielsagend Richtung Bett.
Lizzies Herz verkrampfte sich.
„Du bist ein Schuft, Chiao-Ho Cai!“, stieß sie hervor. Sie schlug seine Hand beiseite und ging zum Fenster. Demonstrativ drehte sie sich um, blickte auf die Straße unter sich und versuchte, das Beben, das ihren Körper in Aufruhr versetzte, und die Tränen, die aufzusteigen drohten, zu unterdrücken.
„Ich gehe.“ Cais Stimme klang sanft. „Du solltest über meine Worte nachdenken, Éméi .“ Damit verließ er sie und schloss leise die Tür hinter sich.
Lizzie verweilte am Fenster. Sie hörte Cais Schritte die Stufen hinunter. Dann flüsternde Stimmen, als er mit Mai-Ling plauderte und schließlich das Klicken der Haustür. Sie sah ihn in seiner blauen Robe mit den kostbaren Stickereien die Straße entlanglaufen, den langen schwarzen Zopf auf der Rückenmitte baumelnd, den Mandarinhut auf dem Kopf thronend. Es hätte weibisch wirken sollen, wie er in seiner Aufmachung herumlief, doch sein Gang und die stolze Haltung machten seine Erscheinung majestätisch-männlich. Er blieb stehen und warf ein paar Straßenmädchen Münzen zu.
Lizzie seufzte. Sie musste über seine letzten Worte nicht nachdenken. Das hatte sie bereits oftmals. Sie war intelligent genug, zu wissen, dass ihre Anwesenheit in Mai-Lings Haus Probleme verursachen konnte. Für die Chinesen wären Mai-Ling und Cai Verräter, für die Briten im schlimmsten Fall gemeine Entführer.
Ein flaues Gefühl stieg in Lizzies Magen hoch, als ihr diese Gedankengänge bewusst wurden. Es ging nicht mehr nur um Cais Lüge. Es konnte plötzlich um Leib und Leben für Cai und Mai-Ling gehen. Was kümmerte sie da noch die Hautfarbe oder Nationalität? Es war ihr vom ersten Moment an gleichgültig gewesen.
Sie hatte in Cai einen exotischen, gutaussehenden Mann kennengelernt. Nach den Monaten in seiner Gesellschaft wusste sie, dass er ironisch, belesen, zärtlich und rücksichtsvoll sein konnte. Er war der Mann, mit dem sie sich vorstellen konnte, alt zu werden. Sie liebte ihn. Sie würde Chiao-Ho Cai begehren, selbst wenn er ein Kannibale aus dem Urwald wäre. Sie schloss die Lider, und vor ihrem inneren Auge entstanden
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