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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Informationen herausrückte. Letztere erwiesen sich dann aber als kaum ergiebiger als die des Mönches.
    »Aufgebrochen sind sie nach Norden«, sagte Heribert. »Und ich meine, gehört zu haben, dass der Herzog nach Mikelenburg wollte. Der ist ja nicht nur wegen deiner Amra weggeritten, da waren noch andere Dinge geplant. Geheime Dinge möglicherweise, ich würde fast denken, er bespricht sich mit Fürst Pribislav über weiteres Vorgehen gegen die Dänen. Jedenfalls weiß niemand Genaueres. Aber du kannst bestimmt von einem Konvent im nördlichen Sachsen ausgehen oder in den Obodritengebieten. Wo auch sonst? Er wird sie weder nach Dänemark verschiffen noch nach Pommern oder Polen bringen. Aber willst du sie wirklich suchen? Womöglich gibt es da Hunderte von Klöstern. Wenn sie wirklich im Kloster ist. Er kann sie auch an einen anderen Hof gebracht haben, oder er hat sie gleich mit irgendwem verheiratet. Vielleicht bringt er sie auch auf der Burg irgendeines Vasallen unter und ›besucht‹ sie nur ab und an …« Heribert zwinkerte.
    Magnus biss sich auf die Lippen. Heribert hatte Recht, es konnte schlimmer kommen als die Unterbringung in einem Kloster.
    »Ich werde es jedenfalls versuchen«, sagte er dann. »Das bin ich ihr schuldig. Ich habe es schließlich schon einmal verpatzt, ich hätte sie gar nicht erst nach Braunschweig bringen dürfen. Jetzt kann ich sie nicht wieder im Stich lassen.«
    Magnus folgte also den Spuren des Herzogs und seiner Ritter, und war dabei recht optimistisch. Die Reisegesellschaft hatte gerade mal drei Tage Vorsprung, ein einzelner Reiter konnte sie einholen. Zuerst sah es auch recht gut aus, Magnus konnte die erste Burg, auf der Heinrich mit Amra und Mariana Rast gemacht hatten, mühelos ausmachen. Über das Ziel des Herzogs wussten aber auch die Burgherren nichts – nur, dass von einem Kloster die Rede gewesen war, in das Amra gebracht werden sollte. Magnus beruhigte das etwas; zumindest schienen sich die schlimmsten Vorstellungenszenarien nicht zu bewahrheiten.
    Aber dann verlor sich die Spur – Heinrich musste irgendwo von den Hauptrouten in die Wälder ausgewichen sein. Im Schnee hielten sich die Hufspuren einer so großen Reitergruppe zwar lange, nicht jedoch, wenn es Neuschnee gab. Magnus kämpfte sich durch Sturm und dichten Schneefall, die Wege waren kaum noch auszumachen, die Pferde sanken bis zu den Sprunggelenken ein. Der junge Ritter hoffte jede Nacht, wenigstens auf eine Burg oder ein Gut zu stoßen, wo er unterkommen konnte, aber er traf lediglich auf eine Bauernsiedlung, wo man ihn nur deshalb so freundlich aufnahm, weil man wochenlang nichts von der Außenwelt gehört hatte.
    Schließlich gab Magnus es auf, Heinrich folgen zu wollen. Stattdessen begann er, systematisch die Frauenkonvente in Sachsen abzureiten. Auch dieses Unterfangen erwies sich als nicht sehr aussichtsreich. Die Pförtnerinnen waren nicht gerade auskunftsfreudig, wenn ein junger Ritter nach einer erst kürzlich eingetretenen Novizin fragte. Der Mann konnte schließlich der Grund dafür sein, dass deren Vater sie in den Konvent geschickt hatte, und das Letzte, was die Klöster brauchten, waren liebeskranke Ritter, die vor ihren Türen herumlungerten und Entführungspläne schmiedeten. Zudem erhielten Neuzugänge in fast jedem Kloster sofort einen Ordensnamen. Die Pförtnerinnen mochten also durchaus die Wahrheit sagen, wenn sie behaupteten, keine Amra oder Anna Maria zu kennen.
    Magnus versuchte trotzdem, die Hoffnung nicht zu verlieren. In den Wochen und Monaten jenes Winters stieß er weit nach Osten vor und besuchte jede Ordensgemeinschaft, die sich in den Obodritengebieten angesiedelt hatte. Sehr viele waren das nicht – Heriberts Vermutung, es gäbe hier Hunderte von Klöstern, war von der Wirklichkeit weit entfernt. Tatsächlich ging die Christianisierung in den ländlichen, vormals slawischen Gebieten eher schleppend voran, Frauenklöster gab es kaum, und auch die Stützpunkte der Mönchsorden lagen weit auseinander. Für Magnus bedeutete das endlose Ritte durch schneebedeckte Wälder, beißenden Frost und rasende Winterstürme. So manche Nacht verbrachte er nicht im Zelt, sondern davor, verzweifelt bemüht, seine Pferde vor Wolfsrudeln zu schützen, die sich hier leichte Beute erhofften.
    Der Ritter dankte stets Gott, wenn er eines der Klöster erreichte, die oft kaum etwas anderes waren als Eremitagen. Selten begrüßten ihn mehr als vier Mönche, aber natürlich boten sie ihm ein

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