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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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trockenes Lager und ein kostenloses warmes Essen. Letzteres hatte er bald bitter nötig. Als der Winter sich seinem Ende näherte, waren Magnus’ Mittel nahezu erschöpft, er hatte sein zweites Pferd und seine gute Kleidung bereits verkauft und überlegte nun, sich auch noch von seinem Zelt zu trennen. Aber selbst das würde kaum genug einbringen, um zu überleben, bis die Turniersaison wieder begann – mal ganz abgesehen davon, dass hier, im hintersten Obodritengebiet, niemand Ritterspiele veranstaltete. Es gab auch keine Fürstenhöfe, die einen Fahrenden Ritter zumindest kurzfristig aufgenommen hätten, und streng genommen hätte Magnus auch gar nicht hier sein dürfen. Heinrich hatte ihn schließlich aus seinem gesamten Hoheitsgebiet verbannt.
    In einer eisigen Nacht im Februar stellte Magnus folglich eine Rechnung auf: Wenn er nicht verhungern wollte, musste er entweder weit nach Süden reiten und in französischen oder italienischen Landen Turniere bestreiten oder sich in diesem Teil der Welt einem Heer anschließen, am besten dem seines Verwandten König Waldemar. Der Däne kämpfte zurzeit gegen zwei pommersche Herzöge. Magnus würde also nicht direkt gegen den Löwen ziehen müssen. Vielleicht erwarb er sich in diesem Krieg sogar ein Lehen und konnte dann noch einmal versuchen, Amra ausfindig zu machen. Er vermochte nur zu hoffen, dass seine Liebste ihm das nicht wieder als Verrat auslegen würde, aber der Ritter zwang sich trotz aller Liebe zur Nüchternheit: Damit, dass er im Land der Slawen verhungerte oder von Wölfen gefressen wurde, wäre Amra nicht geholfen.
    Magnus kehrte also heim nach Dänemark. Abgerissen und halb verhungert ritt er auf seinem mageren Pferd in Roskilde ein und bat um eine Audienz bei seinem Verwandten.
    König Waldemar ließ ihn zwei Tage lang warten, gewährte ihm solange aber wenigstens Aufenthalt auf seiner Burg. Magnus aß sich nach Wochen zum ersten Mal wieder satt und trocknete seine in den letzten Wochen ständig klamme Kleidung an den Kohlebecken, die nachts im Rittersaal aufgestellt wurden. Er stutzte seinen Bart und genoss das der Burg angeschlossene Dampfbad. Am dritten Tag fühlte er sich wie ein neuer Mensch, aber sein verschlissener Wappenrock und die fadenscheinigen Beinlinge waren nicht zu beschönigen, als er endlich zu Waldemar vorgelassen wurde. Der König musste auf den ersten Blick erkennen, dass es Magnus in der letzten Zeit nicht gut gegangen war.
    Waldemar empfing seinen jungen Verwandten in seinen Privaträumen, bequem gekleidet in eine wollene Tunika, das blonde Haar und den Bart wie immer akkurat geschnitten. Magnus fühlte sich erbärmlich in seinen abgetragenen und auch nach der Wäsche noch fleckigen Kleidern.
    »Mein König, Verwandter …« Magnus verbeugte sich ehrerbietig.
    Waldemar musterte ihn mit strengem Blick. »Sieh an, Herr Magnus. Der Herr Heinrich pflegt seine Mündel ja wahrhaft prächtig ausgestattet zurückzuschicken.«
    Magnus schaute zu Boden. »Er hat mich nicht geschickt«, erklärte er. »Ich bin von selbst gekommen.«
    »Nachdem Ihr dem Löwen so viele Jahre lang treu gedient habt«, hielt ihm Waldemar vor. »Ein kleines Abschiedsgeschenk wäre da doch wohl angebracht gewesen.«
    Magnus zuckte die Schultern. »Ihr wollt mir nicht zum Vorwurf machen, dass ich Herzog Heinrich gedient habe, oder? Ihr selbst habt mich an seinen Hof geschickt. Er hat mich zum Ritter geschlagen, ich schuldete ihm Treue.« Er schob sich näher an die Feuerstelle, trotz der Anspannung fror er noch immer.
    »Und was schuldet Ihr mir, Herr Magnus?«, fragte der König, füllte jetzt aber immerhin zwei Becher mit dampfendem weißem Würzwein. Er schien also willig, Magnus in Gnade wieder aufzunehmen.
    »Auch Euch bin ich verschworen«, gab Magnus zurück und zwang sich, nicht allzu gierig nach dem Wein zu greifen. »Und bislang konnte ich die Treue zu Euch und zu dem Löwen ohne Schwierigkeiten miteinander verbinden. Das ist jetzt jedoch nicht mehr der Fall. Deshalb bin ich hier.«
    König Waldemar verzog das Gesicht. Seine Augen blitzten. »Dann ist es also wahr!«, stieß er wütend aus. »Der Löwe steckt hinter den Angriffen dieses Pribislav. Und Euch hat er in Unehre entlassen, weil Ihr das nicht decken wolltet.«
    Magnus biss sich auf die Lippen. Ein Ritter sollte nicht lügen. Aber er war auch nicht verpflichtet, Irrtümer richtigzustellen.
    »Ich bin jedenfalls gekommen, um mich Eurem Heer anzuschließen«, meinte er dann. »Ich bin Euch treu

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