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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Maria!«, schimpfte Mutter Clementia, als Amra es obendrein versäumte, schuldbewusst zu schauen und die Verräterin stattdessen anblitzte. »Ich weiß bald nicht mehr, was ich mit dir machen soll! Es fehlt dir an Demut, an Verantwortungsbewusstsein gegenüber jüngeren Mitschwestern …«
    »… aber sie führt ihre Arbeit mit großem Eifer aus«, meldete sich Schwester Gundula. »Ich hatte nie eine fleißigere Novizin in Stall und Garten …«
    »Das wäre ja durchaus erfreulich, wenn sie hier wäre, um ihre Profess als Stallmagd abzulegen!«, fuhr ihr die Oberin ins Wort. »Aber es geht nicht darum, wie fleißig sie ausmistet oder Beete anlegt. Gefordert sind Glaubenseifer, Hingabe an Gott, Gehorsam gegenüber ihren Ordensoberen. Und daran fehlt es, Schwester Anna! Solange du hier bist, hast du dich bei der Kapitelversammlung nie zu Wort gemeldet, um eine Mitschwester auf den rechten Weg zu leiten. Du hast dich nie zum Vorbeten gemeldet. Wenn du zur Vorleserin im Refektorium eingeteilt bist, sagst du die Texte herunter, als erfülltest du nur eine lästige Pflicht. Und wann sieht man dich je in der Bibliothek, wenn man dich nicht zum Bibelstudium dorthin beordert?«
    Amra seufzte. Sie konnte der Äbtissin unmöglich gestehen, dass die Bibel sie genauso langweilte wie die Schriften der Kirchenfürsten. Viel lieber hätte sie erneut die Geschichten und Gedichte der Troubadoure gelesen oder gehört – auch wenn sie inzwischen wusste, dass die hohe Minne nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatte.
    »Wenn das so weitergeht, wird man dich nie für würdig befinden, die Ewige Profess abzulegen. Aber in dieser Woche wirst du die Taten deiner Mitschwestern nun genau beobachten. Wenn du mir am nächsten Sonntag nicht drei Verfehlungen melden kannst, wirst du drei Tage lang von den Gottesdiensten ausgeschlossen.«
    Amra schwieg verstockt und wappnete sich für die endlosen Stunden auf dem Boden vor der Kirche. Natürlich würde sie Schwester Agatha und die Verräterin von heute in dieser Woche im Auge behalten. Aber größere Hoffnung, sie bei irgendeinem Fehler zu ertappen, hatte sie nicht. Und die jüngeren Mädchen oder gar Barbara wegen irgendeiner Nichtigkeit zu beschuldigen, verbot ihr der Stolz.

Kapitel 5

    M agnus von Lund hatte Amra keineswegs aufgegeben. Nachdem sie an jenem Morgen in Braunschweig nicht am vereinbarten Treffpunkt erschienen war, hatte er die Schritte seines Pferdes zurück zur Burg gelenkt und das Kommen und Gehen auf Dankwarderode von einem Versteck aus beobachtet. Der Erste, der über die Okerbrücke kam, war ein Mönch, den Magnus flüchtig kannte. Bruder Harro hatte zu Bischof Bernos Gefolgschaft gehört und war mit ihm nach Mikelenburg geritten. Auch jetzt war sein Maultier schwer bepackt, er schien sich auf eine längere Reise eingerichtet zu haben. Magnus erhoffte sich zwar nicht viel davon, gesellte sich dem Mönch aber trotzdem zu. Bruder Harro war darüber mehr als erfreut.
    »Ihr wollt nicht zufällig auch nach Bayern, Herr Magnus?«, fragte er hoffnungsvoll. »Ich sollte eigentlich mit einer Eskorte reisen, die Herzogin bat mich, ein gefallenes Mädchen aus ihrem Haushalt in einen Konvent nahe meines Heimatklosters zu begleiten. Mit einer entsprechenden Mitgift und sechs Rittern zum Schutz. Aber dann hat der Herzog es sich anders überlegt. Und nun reise ich vorerst allein – und kann nur Gott bitten, dass er mich vor Meuchelmördern und Wegelagerern bewahrt.« Der Mönch bekreuzigte sich und schaute fromm gen Himmel.
    Magnus verneinte, begleitete den Bruder aber bis zum nächsten Marktflecken, wo sich, wie er hoffte, eine Reisegruppe nach Süden würde finden lassen. Unterwegs verriet der Mönch bereitwillig alles, was er über Amras geplante Verschickung ins Kloster wusste – leider nicht allzu viel. Der Herzog habe entschieden, die Sünderin selbst in ihren Konvent zu geleiten, sie würde jedoch nicht nach Bayern gebracht werden. Wo das Kloster nun aber lag und wann Herzog Heinrich aufbrechen wollte oder ob er schon aufgebrochen war, entzog sich Bruder Harros Kenntnis.
    Magnus kehrte denn auch schnell um, kaum dass er den Mönch einem Fernhändler aus Rostock als Reisebegleitung empfohlen hatte. Wieder bezog er Stellung bei der Burg, und diesmal traf er Heribert, seinen alten Freund.
    »Na, du traust dich was!«, begrüßte ihn der Ritter und wollte erst mal bei einem Becher Wein über alle Einzelheiten des Skandals um Magnus und Amra aufgeklärt werden, bevor er mit eigenen

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