Die Geisel von Zir
sobald er volljährig ist, und dann war’s vorbei mit Tashys Macht und mit seinen ehrgeizigen Projekten.
Also, dieser Spielsalon ist nichts weiter als ein kleiner privater Barraum, und außer mir kommt selten jemand her. Sie wollen mit Ihren Touristen also bis zum Ende der Strecke rausfahren, bis zur Grenze von Zir?«
Strachan hatte eine Art zu sprechen, die Reith verwirrend fand. Einmal duzte er ihn, dann siezte er ihn wieder; einmal sprach er ein farbloses Standardenglisch, das sich kaum von seinem, Reiths, unterschied; dann wieder verfiel er für ein Wort oder eine Phrase in breitestes Schottisch, das Reith kaum verstehen konnte. Reith zählte seine Touristen auf, erzählte Strachan ein bisschen von ihren individuellen Macken und Eigenarten und schloss:
»Es ist ein weiter Weg von Schottland bis hier, Mister Strachan. Was hat Sie hierhin verschlagen?«
Strachan lächelte. »Seine Exzellenz ist, wie ich schon sagte, ganz verrückt darauf, sein Land zu modernisieren, ob die Duruma wollen oder nicht. Eines seiner Projekte ist diese Bahn an der Küste der Va’andao-See entlang nach Zir. Er hofft, sie eines Tages nach Gozashtand verlängern zu können, um Anschluss an die Hauptlinie von Hershid nach Qadr und von Majbur nach Jazmurian zu kriegen, falls er sich jemals mit diesem geschäftigen kleinen König Eqrar einigen kann. Und falls ihm nicht schon vorher die Postkutschenmagnaten das ganze Projekt buchstäblich aus den Gleisen werfen oder der alteingesessene Adel eine Revolte gegen ihn ausheckt, um ihm heimzuzahlen, dass er ihnen ihre Feudalprivilegien beschnitten hat.
Nun, jedenfalls ließ Tashian überall verbreiten, er hätte gute Jobs für Krishnaner, die in der Lage wären, eine Bahn zu bauen. Daraufhin köderten ihn zwei betrügerische Majburuma mit einem besonders günstigen Angebot. Er beauftragte sie mit dem Bau, aber was dabei herauskam, war nicht zu gebrauchen. Die Trasse war so uneben, dass selbst ein Schiebkarren sich nicht auf den Gleisen hielt und umkippte. Außerdem ließen sich die zwei linken Vögel die Lohngelder für doppelt so viele Arbeitskräfte auszahlen, als sie in Wirklichkeit eingestellt hatten; die Differenz steckten sie sich natürlich in die eigene Tasche. Tashian erwischte sie gerade noch im letzten Moment, als sie sich mit ihrer Beute davonmachen wollten.«
»Und was hat er mit ihnen gemacht?«
»Ihnen die Köpfe abgehackt, das hat er gemacht. Die Köpfe steckten noch auf ihren Pfählen über dem Westtor, als Siggy und ich ankamen. Wie Sie sich leicht vorstellen können, schreckte das andere Möchtegern-Eisenbahnbauer ab. Also wandte sich Tashian schließlich hilfesuchend an Novorecife. Zu der Zeit hatten wir gerade einen Job für die Republik Suruskand erledigt, also empfahl Kennedy uns.«
»Ich dachte, es wäre für jemanden, der sich dieser neuen Saint Rémy-Behandlung unterzogen hat, unmöglich, technologisches Wissen an Krishnaner weiterzugeben.«
»Wir bringen ihnen nichts bei, was sie nicht schon wüssten. Wir wenden lediglich bereits existierende Prinzipien an. Die Idee, Waggons von Bishtaren über Gleise ziehen zu lassen, existierte hier entweder schon, als der Planet entdeckt wurde, oder aber sie stammte von einem der ersten Terraner, die den Planeten bereisten – vor der Technologiesperre des Interplanetarischen Rats. Vielleicht schreibt mal jemand eine Doktorarbeit über diese Frage. Außerdem ist es beim gegenwärtigen Entwicklungstempo der krishnanischen Technologie ohnehin nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand das Kraftfahrzeug erfindet.«
»Fürchten Sie denn nicht um Ihren Kopf?«
Strachan grinste. »Tashian musste bei Kennedy eine horrende Kaution als Garantie für unsere sichere Rückkehr hinterlegen. Er meckerte zwar über die Höhe des Betrages, aber ohne diese Garantie wären wir nicht mitgekommen. Nun, jedenfalls geben wir uns alle Mühe, redliche Arbeit zu leisten. Bill Kennedy möchte nicht, dass noch mal jemand auf mysteriöse Weise verschwindet, wie seinerzeit Felix Borel.«
»Was passierte eigentlich mit dem?«
»Wir wissen es nicht. Er fuhr bis ans Ende der Bahnlinie und verschwand in den tiefen Wäldern. Irgendein Krishnaner, den er übers Ohr gehauen hatte, war hinter ihm her. Es geht das Gerücht, der Franzmann hätte seine Tricks einmal zuviel versucht, entweder beim selbsternannten Dasht von Zir oder bei der so genannten Hexe von Zir, aber genau weiß das keiner. Mjipa war damals so erbost, dass er am liebsten eine Bombe auf Zir
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