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Die Geisel von Zir

Titel: Die Geisel von Zir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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steifen Gliedern klomm er in den Sattel. Ein Krishnaner auf einem anderen Aya nahm seine Zügel, die in den Schnauzbart seines Tieres eingeflochten waren.
    Obwohl Reith nur wenig Erfahrung mit Pferden hatte, hätte er sich in diesem Moment nichts sehnlicher gewünscht, als statt auf diesem gehörnten sechsbeinigen Monstrum auf einem Pferd reiten zu können. Der Sattel befand sich genau über dem mittleren Beinpaar, so dass die Erschütterung, die jeder Schritt hervorrief, mit unverminderter Stärke an den Reiter weitergegeben wurde. Nicht einmal der dick gepolsterte krishnanische Sattel vermochte die Erschütterung entscheidend zu dämpfen.
     
    Roqir erstrahlte bereits in all seiner scharlachroten Pracht am Horizont, als die Kavalkade sich eine enge Schlucht durch Felsenklippen und verkarstete Hügel hinaufwand. Der Weg wurde immer steiler. Nach einer Weile sichtete Reith eine Ansammlung von Gebäuden auf einer Felsspitze, die fast freistehend von den Bergen ringsum zu sein schien, mit dem nächststehenden jedoch durch einen schmalen Sattel verbunden war.
    Der Pfad wand sich jetzt diesen Sattel hinan, eingegrenzt zur einen Seite durch eine fast vertikal aufragende Felswand, zur anderen Seite durch einen gut hundert Meter tiefen Abgrund. Jedes Mal, wenn die Kavalkade eine Engstelle passierte und sich haarscharf an dem Abgrund vorbeizwängte, schloss Reith die Augen und sandte ein Stoßgebet zum Himmel, dass der Aya mit seinen sechs Beinen ausreichend Halt finden möge.
    Als sie sich der Festung der Hexe von Zir näherten, spiegelte sich die gelbe Sonne gleißend in der Dachvergoldung des Hauptturms wider. Oberhalb des Hauptturms funkelte in allen Farben des Regenbogens ein facettenartig geschliffenes Glasornament. Dieses Gebäude, dachte Reith, musste der Tempel sein.
    Mehrere niedrigere Gebäude aus rohem grauen Mauerwerk gruppierten sich um den Tempel, zum Teil bis zum Dach verdeckt von einer massiven Mauer. Die dunkle Mauer und das Grau der kleineren Gebäude stand in eindrucksvollem Kontrast zu der marmorartigen Kremfarbe des Turms. Das Ganze vermittelte den Eindruck von provinzieller Rohheit, die sich ängstlich geduckt um einen glanzvollen Mittelpunkt fremdartiggrausamer Pracht schart.
    »Erblicket Senarze, das geistige Zentrum dieser trostlosen Welt!« rief der Führer der Ziruma salbungsvoll.
    Sie waren jetzt auf dem schmalen Grat angekommen, der die Festung mit den umliegenden Hügeln verband. Als sie näher kamen, fiel mit lautem Rasseln und einem dumpfen Schlag eine Zugbrücke herunter. Reith sah jetzt, dass der Fels unterhalb der Zugbrücke vollständig abgetragen worden war, so dass der Grat von einem tiefen Graben durchschnitten war. Damit war die Festung bei geschlossener Zugbrücke so gut wie uneinnehmbar, es sei denn, die Angreifer schafften es, die schroff aufragenden Felswände hinaufzuklettern. Dies jedoch schien Reith angesichts der glatten Wände ein schier unmögliches Unterfangen, selbst wenn niemand von oben Felsbrocken oder flüssiges Pech auf den Kletterer warf.
    Sie polterten über die Zugbrücke, unterquerten ein Fallgatter und ritten durch ein massives mit bronzenen Beschlägen verstärktes Holztor in einen kleinen von drei- und vierstöckigen Gebäuden eingeschlossenen Innenhof. Dort brachten die Krishnaner ihre Reittiere zum Stehen und saßen ab.
    Andere Krishnaner, darunter zahlreiche gepanzerte, nahmen sie in Empfang. Ihre Panzer hatten, wie bei den anderen Varasto-Nationen, verblüffende Ähnlichkeit mit denen der alten Mauren. Sie bestanden aus vielen kleinen Schuppen, die miteinander durch feines Kettengewebe verbunden waren.
    Die Zugbrücke ging mit lautem Gerassel hinter ihnen hoch. Reiths Häscher verbeugten sich vor einer verhüllten Gestalt. Sie war kleiner als die anderen, und der Schnitt ihres Umhangs verriet, dass es sich um eine Frau handelte.
    »Steigt bitte ab, göttliche Hoheit!« sagte der Krishnaner, mit dem Reith schon zuvor gesprochen hatte.
    Reith unterdrückte ein Stöhnen, als er sich aus dem Sattel schwang. Er taumelte, hielt sich am Sattel fest und blieb, auf den Rücken des Tieres gestützt, mit zitternden Knien stehen.
    »Dreh dich um!« befahl die vermummte Gestalt.
    Reith gehorchte. Die Frau musterte ihn einen Moment eindringlich, dann wandte sie sich an den Anführer des Trupps und sagte etwas im Zirou-Dialekt. Reith verstand: »Er ist es in der Tat!« Dann gab sie einen Befehl.
    »Bitte kommt mit mir, o Gottheit!« sagte der Anführer.
    Vier weitere

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