Die Geisel
spähte zur Uhr hinauf, die sich an der Wand befand. Es war Viertel nach zwölf. »Jetzt ist er vorbei.« Er zuckte die Schultern. »Wirklich sehr ärgerlich.«
Maja bückte sich nach dem Stuhl und stellte ihn wieder ordentlich an den Tisch heran. Es war vorbei, und sie hatten nichts erreicht.
Katrine zog den Klarsichtbeutel mit den Glanzbildchen hervor und schwenkte sie vor Sørens Gesicht hin und her. »Bist du dir darüber im Klaren, dass dich diese Bildchen ins Gefängnis bringen?«
Seine Augen leuchteten auf, als er den Inhalt des Beutels sah.
»Dass wir die bei dir zu Hause gefunden haben, dürfte jeden Richter davon überzeugen, dass du nicht so gestört bist, wie du uns glauben machen willst.« Søren wandte den Kopf ab. »Diese Bildchen beweisen, dass du sehr wohl in der Lage bist, deine Morde sorgfältig zu planen. Was bedeutet, dass du nicht in die Klapse wanderst wie all die anderen Perversen, sondern in ein richtiges Gefängnis.« Sie beugte sich zu ihm vor und senkte die Stimme. »Kannst du dir vorstellen, was sie da mit dir anstellen werden?« Sie lachte schadenfroh. »Ich habe schon von anderen Pädophilen gehört, denen sie im Knast alle möglichen Sachen in den Arsch gesteckt haben. Dann haben die Gefängnisärzte alle Hände voll zu tun, Typen wie dir den Darm wieder zusammenzuflicken. Die meisten von denen müssen für den Rest ihres Lebens in einen Beutel scheißen. Eigentlich wollte ich dich in einem halben Jahr mal im Gefängnis besuchen, nur um zu sehen, wie sie dir den Arsch aufgerissen haben. Aber unter Umständen würde ich auf dieses Vergnügen verzichten. Ich bin bereit, dir das hier zurückzugeben.«
Søren wandte ihr wieder das Gesicht zu.
»Ich mein’s ernst. Sie gehören dir.«
»Du willst mir meine Bilder zurückgeben?«, fragte er misstrauisch.
Katrine zuckte die Schultern. »Warum nicht? Es gibt niemanden sonst, der weiß, dass wir sie gefunden haben. Du musst uns nur erzählen, wo Timmie ist.«
»Ich will erst die Bilder haben.«
»Kommt nicht infrage.«
»Okay«, sagte Søren und schaute sie lange an.
»Wo, Søren?«
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Timmie ist beim Felsen der Verlassenen in der Lagune der Meerjungfrauen.«
Katrine schaute ihn irritiert an. »Vergiss den Schwachsinn … Entweder nennst du uns jetzt die Adresse oder …«
»Es steht alles da drin.« Er nickte in Richtung des Buches. »Auf Seite acht, Timmies Gedanken.«
Maja drehte das Buch zu ihr um und schlug die Seite acht auf. Sie war vollständig übermalt. Maja schüttelte resigniert den Kopf. Was sollten sie damit nur anfangen? »Aber, Søren, das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
»Genau dort ist er. Beeil dich, damit du Hook zuvorkommst.« Er blickte zu Katrine auf und lächelte. »Kann ich jetzt meine Bilder haben?« Das Blut, das ihm aus der Nase gelaufen war, hatte seine Zähne rot gefärbt. Er glich einem verletzten Tier.
Das helle Mondlicht ließ die Pfeiler des Präsidiums lange Schatten über den Innenhof werfen. Ihre Schritte hallten durch die stille Nacht, als sie den Platz überquerten.
»Hast du gesehen, wie seine Augen geleuchtet haben, als wir ihm die Bilder gezeigt haben?«, sagte Katrine.
Maja nickte.
»Jetzt haben wir ihn. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Der will doch unbedingt seine Bilder zurückhaben.«
»Mm …«
Katrine schaute zu Maja hinüber, die auf den Boden blickte. »Ist was?«
»Du hast ihn geschlagen«, sagte Maja ohne aufzublicken.
»Ich wollte ihm nur ein bisschen Angst einjagen. Das gehörte schließlich mit zu dem Plan.«
»Es gehörte aber nicht zu dem Plan, gewalttätig zu werden.«
Katrine blieb stehen. »Der Plan war vor allem, Timmie zu finden.«
Maja sah sie an. »Ja, und er ist gescheitert.«
»Maja, hör zu …« Katrine rieb sich mit zwei Fingern den Nasenrücken. »Man muss diese Typen bearbeiten. Sie weichklopfen. Manche muss man locken, andere unter Druck setzen …«
»Du hast ihm die Nase gebrochen!«
»Die lässt sich wieder richten.« Katrine atmete tief ein. »Søren wird auf uns zukommen. Wir haben seinen wunden Punkt entdeckt. Seine beschissenen Glanzbildchen sind ihm wichtiger als Timmie. Darum ist es am besten, wir behalten sie erst mal bei uns.« Sie klopfte auf die Tüten mit dem Buch und den Bildern.
»Ich bezweifle, dass du dich an die Vorschriften hältst.«
Katrine zuckte die Schultern. »Ich habe immer noch die höchste Aufklärungsquote«, entgegnete sie und ging an Maja vorbei.
Maja
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