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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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hatte«, sagte die Geisha, welche die Geschichte begonnen hatte. »Der Text lautete ungefähr so: ›Liebste Mameha. Du bist die bezauberndste Geisha von ganz Gion‹, und so weiter. ›Wenn Du eine Perücke getragen hast, hege und pflege ich sie und behalte sie bei mir in der Werkstatt, um immer wieder mein Gesicht darin zu bergen und den Duft Deiner Haare einzuatmen. Doch heute auf der Toilette hast Du mir den schönsten Moment meines Lebens geschenkt. Während du drinnen warst, versteckte ich mich an der Tür, und der wunderschöne, plätschernde Klang, lieblicher als ein Wasserfall…‹«
    Die Männer lachten so sehr, daß die Geisha innehalten mußte, bevor sie weitersprechen konnte.
    »›… und der wunderschöne, plätschernde Klang, lieblicher als ein Wasserfall, ließ mich dort, wo ich selber plätscherte, hart und steif werden…‹«
    »So hat er es nicht ausgedrückt«, unterbrach Mameha sie. »Er hat geschrieben: ›… der wunderschöne, plätschernde Klang, lieblicher als ein Wasserfall, ließ mich anschwellen und steif werden, da ich an Deinen nackten, bloßen Körper dachte…‹«
    »Und dann erklärte er ihr«, fuhr die andere Geisha fort, »daß er wegen der Erregung anschließend nicht mehr in der Lage gewesen sei, aufrecht zu stehen. Und er hoffe, daß er eines Tages noch einmal so etwas erleben dürfe.«
    Natürlich lachten alle, und auch ich tat, als lachte ich mit. In Wirklichkeit konnte ich nur sehr schwer glauben, daß diese Männer – die beträchtliche Summen gezahlt hatten, um hier in Gesellschaft von kostbar gewandeten Frauen sein zu dürfen – wirklich Geschichten von derselben Art hören wollten, wie sie sich damals am Teich von Yoroido die Kinder erzählt hatten. Ich hatte mir vorgestellt, ehrfürchtig einer Konversation über Literatur oder Kabuki oder etwas Ähnlichem lauschen zu dürfen. Und natürlich gab es auch solche Partys in Gion, doch meine erste gehörte zufällig zu den eher kindischen.
    Während Mamehas Geschichte hatte der Mann neben mir die ganze Zeit dagesessen, sich mit den Händen das fleckige Gesicht gerieben und kaum zugehört. Jetzt betrachtete er mich sehr lange und fragte dann: »Was ist mit deinen Augen los? Oder habe ich nur zuviel getrunken?«
    Getrunken hatte er allerdings zuviel, aber es hätte sich nicht gehört, ihm das zu sagen. Bevor ich jedoch antworten konnte, begannen seine Augenbrauen zu zucken, und gleich darauf hob er die Hand und kratzte sich so heftig den Kopf, daß ihm ein kleines Wölkchen Schnee auf die Schultern rieselte. Wie sich herausstellte, wurde er in Gion wegen seiner starken Schuppen »Herr Schneegeriesel« genannt. Er schien vergessen zu haben, welche Frage er mir gestellt hatte – oder er hatte gar nicht erwartet, daß ich sie beantwortete –, denn jetzt erkundigte er sich nach meinem Alter. Ich sei vierzehn, antwortete ich ihm.
    »Du bist die reifste Vierzehnjährige, die ich jemals gesehen habe. Hier, nimm.« Damit reichte er mir seine leere Saketasse.
    »O nein, danke Herr«, gab ich zurück, »denn ich bin noch Novizin…« Das war die Antwort, die Mameha mich gelehrt hatte, Herr Schneegeriesel hörte jedoch nicht zu. Er hielt die Tasse so lange in die Luft, bis ich sie ihm abnahm, und hob dann eine Flasche Sake, um mir einzuschenken.
    Es war nicht vorgesehen, daß ich Sake trank, denn eine Lerngeisha – vor allem eine, die noch Novizin ist – sollte kindlich wirken. Ich konnte mich ihm aber schlecht widersetzen. Also streckte ich ihm die Saketasse hin. Kurz bevor er einschenkte, kratzte er sich jedoch wieder am Kopf, und ich sah zu meinem Entsetzen, daß ein paar Schuppen in die Tasse fielen. Herr Schneegeriesel füllte sie mit Sake und ermunterte mich: »Trink aus. Los doch! Das ist die erste von vielen.«
    Ich schenkte ihm ein Lächeln und hatte – weil ich nicht wußte, was ich sonst tun sollte – gerade begonnen, die Tasse langsam an den Mund zu heben, als ich zum Glück von Mameha gerettet wurde.
    »Heute ist dein erster Tag in Gion, Sayuri! Da wäre es nicht gut, wenn du dich betrinkst«, sagte sie, obwohl ihre Worte in Wirklichkeit Herrn Schneegeriesel galten. »Benetz einfach nur die Lippen, das reicht.«
    Ich gehorchte und benetzte meine Lippen mit Sake. Und wenn ich sage, ich benetze meine Lippen, dann meine ich, ich preßte sie so fest zusammen, daß ich mir fast den Mund verrenkte, und hob dann die Saketasse, bis ich den Sake auf der Haut spürte. Schnell setzte ich die Tasse wieder ab, sagte: »Hmm!

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