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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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die Schale der Herrin des Ichiriki. Ich zeigte meinen Arm, wie ich es von ihr gelernt hatte, und sofort verzog Mameha das Gesicht.
    »Um Himmels willen, ich bin eine Frau!« sagte sie. »Warum zeigst du mir deinen Arm? Vermutlich willst du mich unbedingt verärgern.«
    »Verärgern?«
    »Was soll ich denn sonst denken? Du zeigst mir, wie jung und schön du bist, während ich alt und klapprig bin. Es sei denn, du tust es nur, um vulgär zu sein…«
    »Wieso ist das vulgär?«
    »Warum sonst hast du dir so große Mühe gegeben, mir die Unterseite deines Arms zu zeigen? Genausogut könntest du mir deine Fußsohle zeigen oder die Innenseite deines Oberschenkels! Wenn ich zufällig hier und da einen Blick auf etwas erhasche, na schön, das ist in Ordnung. Aber es so offensichtlich darauf anzulegen!«
    Also füllte ich die Schale noch ein paarmal, bis ich eine bescheidenere und angemessenere Art des Einschenkens gelernt hatte. Woraufhin Mameha verkündete, nun seien wir bereit, zusammen durch Gion zu spazieren.
    Inzwischen steckte ich schon mehrere Stunden lang in der vollständigen Aufmachung einer Lerngeisha. Und nun sollte ich auch noch versuchen, in den Schuhen, die wir okobo nennen, in ganz Gion herumzulaufen! Diese Schuhe sind sehr hoch und bestehen aus Holz, mit wunderschönen Lackriemen, die dem Fuß Halt geben. Die meisten Leute finden es sehr elegant, daß sie sich nach unten hin verjüngen, so daß der Fußabdruck nur halb so groß ist wie der Schuh. Mir aber fiel es schwer, zierlich darin zu gehen. Ich fühlte mich, als hätte man mir Dachziegel unter die Füße geschnallt.
    Ungefähr zwanzigmal machten Mameha und ich in den verschiedenen Okiyas und Teehäusern halt, verbrachten in den meisten jedoch nur wenige Minuten. Gewöhnlich wurde die Tür von einer Dienerin geöffnet; dann bat Mameha höflich, die Herrin sprechen zu dürfen. Wenn dann die Herrin kam, sagte Mameha zu ihr: »Ich möchte Ihnen meine neue jüngere Schwester Sayuri vorstellen.« Dabei verneigte ich mich möglichst tief und sagte: »Ich bitte um Ihre Gunst, Herrin.« Die Herrin unterhielt sich eine Weile mit Mameha, und wir verabschiedeten uns. Ein paarmal wurden wir zum Tee ins Haus gebeten und verbrachten dort ungefähr fünf Minuten. Aber ich zögerte, den Tee zu trinken, und netzte statt dessen nur meine Lippen. Denn die Toilette zu benutzen, während man einen Kimono trägt, gehört mit zu den schwierigsten Dingen, und ich war mir keineswegs sicher, dieses Problem schon bewältigen zu können.
    Wie dem auch sei, nach einer Stunde war ich so erschöpft, daß ich beim Gehen kaum noch ein Stöhnen unterdrücken konnte. Aber wir machten im selben Tempo weiter. Es gab damals, glaube ich, dreißig bis vierzig erstklassige Teehäuser in Gion, dazu etwa hundert weniger gute. Natürlich konnten wir sie nicht alle besuchen. Wir gingen nur zu den fünfzehn bis sechzehn, in denen Mameha gewöhnlich Gäste unterhielt. Was die Okiyas betrifft, so muß es Hunderte von ihnen gegeben haben, aber wir besuchten lediglich die wenigen, mit denen Mameha irgendeine Verbindung pflegte.
    Kurz nach drei Uhr waren wir fertig, und ich wäre am liebsten in die Okiya zurückgekehrt, um so richtig schön lange zu schlafen. Aber Mameha hatte schon Pläne für den bevorstehenden Abend: Ich sollte mein erstes Engagement als Geishanovizin absolvieren.
    »Geh nach Hause und nimm ein Bad«, riet sie mir. »Du hast ziemlich stark geschwitzt, und dein Make-up hat auch nicht gehalten.«
    Es war nämlich ein warmer Herbsttag, und ich hatte schwer geschuftet.
    In der Okiya half mir Tantchen beim Auskleiden. Anschließend erbarmte sie sich und ließ mich eine halbe Stunde schlafen. Nun, da all meine törichten Fehler hinter mir lagen und meine Zukunft noch rosiger zu werden schien als Kürbisköpfchens, war ich von ihr in Gnaden wiederaufgenommen worden. Nach meinem Schläfchen weckte sie mich, und ich lief, so schnell ich konnte, ins Badehaus hinüber. Um fünf Uhr war ich mit dem Ankleiden fertig und legte mein Make-up auf. Wie Sie sich vorstellen können, war ich schrecklich aufgeregt, denn seit Jahren hatte ich Hatsumomo und in letzter Zeit auch Kürbisköpfchen zugesehen, wie sie nachmittags und abends als wunderschöne Frauen ausgingen, und nun war endlich meine Zeit gekommen. Die Gesellschaft an diesem Abend, die erste, an der ich teilnahm, war ein Bankett im Kansai International Hotel. Banketts sind äußerst steife Veranstaltungen, bei denen die Gäste dicht an dicht

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