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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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meine Beine schließen, fürchtete aber, daß alles, was dem Arzt die Aufgabe erschwerte, die Sache nur in die Länge ziehen würde. Also lag ich mit fest zugekniffenen Augen da und hielt den Atem an. Ich fühlte mich, wie der kleine Taku sich gefühlt haben mußte, als er an einer Nadel zu ersticken drohte und Tantchen seine Schnauze offenhielt, während Mutter ihm den Finger in den Rachen steckte. Einmal fingerte der Doktor, glaube ich, mit beiden Händen zwischen meinen Beinen herum, doch dann ließ er mich endlich in Ruhe und legte mein Unterkleid wieder zusammen. Als ich die Augen öffnete, sah ich, daß er sich die Hände an einem Tuch abtrocknete.
    »Das Mädchen ist intakt«, verkündete er.
    »Nun, das sind gute Nachrichten«, erwiderte Mutter. »Wird es sehr viel Blut geben?«
    »Wahrscheinlich überhaupt keins. Ich habe sie nur visuell untersucht.«
    »Nein, ich meine bei der mizuage.«
    »Das kann ich nicht sagen. Die übliche Menge, denke ich mir.«
    Als sich der junge, silberhaarige Doktor verabschiedet hatte, half Mutter mir beim Ankleiden und wies mich an, am Tisch Platz zu nehmen. Dann packte sie mich ohne Vorwarnung am Ohrläppchen und zog so fest daran, daß ich aufschrie. So hielt sie mich fest, zerrte meinen Kopf ganz nah an den ihren und sagte zu mir:
    »Du bist eine sehr kostbare Ware, Kleine. Ich habe dich unterschätzt. Ich bin froh, daß nichts passiert ist. Aber von nun an werde ich besser auf dich aufpassen, darauf kannst du dich verlassen. Wenn ein Mann etwas von dir will, wird er gut dafür bezahlen. Hast du mich verstanden?«
    »Ja, Herrin!« sagte ich. Natürlich hätte ich zu allem ja gesagt, solange sie so kräftig an meinem Ohr zerrte.
    »Wenn du einem Mann gratis gibst, wofür er eigentlich bezahlen müßte, betrügst du diese Okiya. Dann wirst du ihr Geld schulden, und ich werde es mir von dir holen. Und ich spreche nicht nur davon!« Jetzt machte Mutter mit ihrer freien Hand ein grausiges Geräusch: Sie rieb die Finger an ihrer Handfläche, so daß ein schmatzender Laut entstand.
    »Dafür werden die Männer bezahlen«, fuhr sie fort. »Aber sie werden auch bezahlen, wenn sie nur mit dir plaudern wollen. Wenn ich feststelle, daß du dich davonschleichst, um dich mit einem Mann zu treffen, und sei es nur zu einem kurzen Gespräch…« Diesmal beendete sie ihren Satz, indem sie noch einmal kräftig an meinem Ohrläppchen riß, bevor sie es endlich losließ.
    Es kostete mich Mühe, zu Atem zu kommen. Als ich meinte, wieder sprechen zu können, versicherte ich ihr: »Ich habe wirklich nichts getan, worüber Sie erzürnt sein müßten, Mutter!«
    »Noch nicht. Und wenn du ein vernünftiges Mädchen bist, wirst du es auch niemals tun.«
    Ich wollte mich empfehlen, aber Mutter befahl mir, sitzen zu bleiben. Sie klopfte ihre Pfeife aus, obwohl sie leer war, und sagte, als sie sie anschließend stopfte: »Ich bin zu einem Entschluß gekommen. Dein Status hier in der Okiya wird sich demnächst ändern.«
    Das beunruhigte mich, und ich wollte etwas sagen, aber Mutter hinderte mich daran.
    »Du und ich, wir beiden werden uns nächste Woche einer Zeremonie unterziehen. Von da an wirst du meine Tochter sein, als wärst du von mir geboren worden. Ich habe den Entschluß gefaßt, dich zu adoptieren. Eines Tages wird die Okiya dir gehören.«
    Ich wußte nicht, was ich sagen sollte, und an das, was dann geschah, erinnere ich mich auch nur undeutlich. Mutter fuhr fort, mir zu erklären, daß ich als Tochter der Okiya irgendwann in das größere Zimmer ziehen würde, in dem jetzt Hatsumomo und Kürbisköpfchen wohnten, die sich von nun an das kleinere Zimmer teilen müßten, das bisher mein Reich gewesen war. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, bis mir allmählich dämmerte, daß ich als Mutters Tochter nicht mehr unter Hatsumomos Tyrannei zu leiden hätte. Das war von vornherein Mamehas Plan gewesen, ich aber hätte nicht einmal im Traum daran gedacht, daß es jemals soweit kommen könnte. Mutter hörte nicht auf, mich zu belehren. Ich starrte auf ihre hängende Lippe und auf die gelblichen Augen. Sie war zwar eine hassenswerte Frau, aber als Tochter dieser hassenswerten Frau wäre ich außerhalb von Hatsumomos Reichweite.
    Plötzlich wurde die Tür aufgeschoben, und Hatsumomo höchstselbst stand draußen im Flur.
    »Was willst du?« fragte Mutter barsch. »Ich bin beschäftigt.«
    »Verschwinde«, sagte Hatsumomo zu mir. »Ich muß mit Mutter sprechen.«
    »Wenn du mit mir sprechen willst«,

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