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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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auf »Ein Höfling kehrt zu seiner Ehefrau zurück« konzentrierte, bis ich spürte, daß sich die Traurigkeit schwer auf mich legte. Es ist uns menschlichen Wesen gegeben, uns auf bemerkenswerte Weise an alles zu gewöhnen, doch wenn ich mir vorstellte, wie Mameha, vor den Blicken ihres Ehemanns und seiner Geliebten verborgen, ihre langsame Klage tanzte, hätte ich mich genausowenig daran hindern können, diese Traurigkeit selbst zu spüren, wie Sie sich daran hindern könnten, den Duft eines Apfels wahrzunehmen, der aufgeschnitten vor Ihnen auf dem Tisch liegt.
    Eines Tages in der letzten Aufführungswoche blieben Mameha und ich noch lang in der Garderobe und plauderten mit einer anderen Geisha. Als wir das Theater verließen, erwarteten wir nicht, draußen noch jemand anzutreffen, und die Zuschauer waren tatsächlich alle verschwunden. Als wir jedoch die Straße erreichten, stieg ein livrierter Chauffeur aus einem Wagen und öffnete den hinteren Schlag. Mameha und ich wollten schon schnurstracks daran vorbeigehen, als wir sahen, daß Nobu aus dem Wagen stieg.
    »Ja, Nobu-san!« sagte Mameha. »Ich fürchtete schon, daß Sie nicht mehr an Sayuris Gesellschaft interessiert sind! Tagtäglich hatten wir in diesem Monat gehofft, etwas von Ihnen zu hören…«
    »Du willst dich beschweren, weil du warten mußtest? Ich bin es doch, der jetzt schon fast eine Stunde vor diesem Theater wartet!«
    »Kommen Sie gerade aus der Vorstellung?« fragte Mameha. »Sayuri ist ein richtiger Star geworden.«
    »Ich komme keineswegs ›gerade‹ aus der Vorstellung«, grollte Nobu. »Ich bin vor über einer Stunde aus der Vorstellung gekommen. Es ist genug Zeit vergangen, um einen Anruf zu machen und meinen Chauffeur in die Stadt zu schicken, wo er etwas für mich abgeholt hat.«
    Nobu schlug heftig gegen das Wagenfenster und erschreckte den armen Chauffeur damit so sehr, daß diesem die Mütze vom Kopf fiel. Der Chauffeur kurbelte das Fenster herunter und reichte Nobu eine winzige Einkaufstüte westlichen Stils, die aus einem Material wie Silberfolie bestand. Nobu wandte sich zu mir um, und ich verneigte mich tief vor ihm und versicherte ihm, wie glücklich ich sei, ihn wiederzusehen.
    »Du bist eine sehr begabte Tänzerin, Sayuri. Ich pflege Geschenke nicht ohne Grund zu verteilen«, sagte er, obwohl ich nicht glaube, daß das der Wahrheit entsprach. »Vermutlich bin ich deswegen bei Mameha und anderen Geishas in Gion nicht so beliebt wie andere Männer.«
    »Aber Nobu-san!« sagte Mameha. »Wer hat Ihnen denn das eingeredet?«
    »Ich weiß genau, was euch Geishas gefällt. Solange ein Mann euch Geschenke macht, werdet ihr jeden Unsinn von ihm ertragen.«
    Nobu streckte mir das Päckchen hin.
    »Also Nobu-san«, entgegnete ich, »was für ein Unsinn ist das wohl, den zu ertragen Sie mir jetzt zumuten?« Das war natürlich als Scherz gemeint, doch Nobu schien das nicht zu begreifen.
    »Habe ich nicht soeben gesagt, daß ich nicht bin wie andere Männer?« grollte er. »Warum glaubt ihr Geishas niemals das, was ich euch sage? Wenn du dieses Päckchen willst, solltest du es lieber nehmen, bevor ich’s mir anders überlege.«
    Ich dankte Nobu und nahm das Päckchen entgegen. Er hämmerte wieder ans Wagenfenster, und der Chauffeur sprang heraus, um ihm den Schlag aufzuhalten.
    Wir verneigten uns, bis der Wagen um die Ecke gebogen war. Mameha führte mich in den Garten des Kaburenjo-Theaters zurück, wo wir uns auf eine Steinbank am Karpfenteich setzten und neugierig in die Tüte spähten, die Nobu mir gegeben hatte. Sie enthielt nur eine winzige Schachtel, eingewickelt in goldfarbenes, mit dem Namen eines berühmten Juweliers bedrucktes Papier und verschnürt mit einem roten Band. Als ich sie öffnete, fand ich darin einen einzelnen Edelstein, einen Rubin, so groß wie ein Pfirsichkern. Er glich einem riesigen Blutstropfen, der im Sonnenlicht über dem Teich funkelte. Als ich ihn in den Fingern drehte, sprang das Funkeln von einer Facette zur anderen, und ich spürte jeden Sprung tief drinnen im Herzen.
    »Ich kann mir vorstellen, wie fasziniert du bist«, sagte Mameha, »und ich freue mich sehr für dich. Aber freu dich bitte nicht zu sehr. Du wirst im Leben noch mehr Juwelen bekommen, Sayuri, eine ganze Menge sogar, möchte ich meinen. Diese Chance jedoch wird dir nie wieder geboten. Nimm diesen Rubin mit in die Okiya und schenke ihn Mutter.«
    Da hatte ich nun dieses wunderschöne Juwel vor mir, und das Licht, das er verströmte,

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