Die Geisha - Memoirs of a Geisha
zwischen dem Doktor und mir zu errichten, doch das genügte nicht, um nicht zu spüren, wie sein »Aal« gegen die Innenseite meines Schenkels schlug. Die Lampe brannte noch, also suchte ich in den Schatten an der Decke nach etwas, das mich vielleicht ablenken konnte, denn mittlerweile stieß der Doktor so fest zu, daß mein Kopf auf dem Kopfkissen verrutschte. Da ich nicht so recht wußte, was ich mit den Händen machen sollte, packte ich das Kopfkissen und kniff die Augen fest zu. Bald gab es eine ganze Menge Aktivität über mir, und in mir spürte ich ebenfalls alle möglichen Bewegungen. Es muß eine große Menge Blut geflossen sein, denn die Luft roch unangenehm metallisch. Ich sagte mir immer wieder, wieviel der Doktor für dieses Privileg bezahlt hatte, und an einem gewissen Punkt hoffte ich, er genieße das Ganze mehr als ich. Ich jedenfalls empfand nicht mehr Vergnügen dabei, als wenn jemand die Innenseite meines Oberschenkels mit einer Feile bearbeitet hätte, bis es blutete.
Schließlich markierte der heimatlose Aal, wie ich annehme, sein Territorium, und der Doktor blieb schwer und schweißnaß auf mir liegen. Da es mir überhaupt nicht paßte, ihm so nahe zu sein, tat ich, als könnte ich nicht atmen, weil ich hoffte, daß er sein Gewicht dann von mir nehmen werde. Ziemlich lange rührte er sich nicht; dann richtete er sich unvermittelt auf und war wieder ganz geschäftsmäßig. Ich beobachtete ihn nicht, sah aus den Augenwinkeln jedoch unwillkürlich, daß er sich mit einem der Handtücher unter mir reinigte. Er band seinen Schlafrock zu, setzte die Brille auf, ohne einen kleinen Blutschmierer am Rand eines Glases zu bemerken, und begann mit Handtüchern, Wattetupfern und so weiter zwischen meinen Beinen herumzuwischen, als wären wir wieder im Behandlungsraum seines Krankenhauses. Die schlimmsten Schmerzen waren für mich jetzt vorbei, und ich muß zugeben, daß ich trotz meiner provokativ gespreizten Beine beinahe fasziniert zusah, wie er den Holzkasten öffnete und die Schere herausholte. Er schnitt ein Stück des blutigen Handtuchs unter mir ab und stopfte es zusammen mit einem Wattetupfer, den er benutzt hatte, in die Phiole mit meinem falsch geschrieben Namen. Dann verneigte er sich sehr formell und sagte: »Ich danke dir.« Im Liegen konnte ich mich nicht gut verneigen, aber das machte nichts, denn der Doktor erhob sich sofort und verschwand wieder im Bad.
Ich hatte es selbst nicht gemerkt, aber vor lauter Nervosität hatte ich sehr hektisch zu atmen begonnen. Nun, da es vorüber war und ich wieder zu Atem kam, sah ich vermutlich aus, als würde gerade an mir herumoperiert, doch ich empfand eine so große Erleichterung, daß ich strahlend zu lächeln begann. Irgend etwas an diesem Erlebnis schien mir unendlich lächerlich zu sein: Je mehr ich darüber nachdachte, desto komischer wirkte es auf mich, und gleich darauf mußte ich lachen. Ich mußte leise sein, weil der Doktor im Nebenzimmer war. Aber zu denken, daß mein ganzes Leben verändert worden sein sollte – durch das hier? Ich stellte mir vor, wie die Herrin des Ichiriki während der Bietphase mit Nobu und dem Baron telefonierte, dachte an all das Geld, das ausgegeben worden war, an all die Mühe. Wie seltsam wäre es mit Nobu gewesen, denn ich betrachtete ihn allmählich als Freund. Wie es mit dem Baron gewesen wäre, versuchte ich mir gar nicht erst vorzustellen.
Während der Doktor noch im Bad war, klopfte ich leise an die Tür zu Herrn Bekkus Zimmer. Eine Dienerin kam hereingeeilt, um die Bettlaken zu wechseln, und Herr Bekku half mir, ein Schlafgewand anzulegen. Später, nachdem der Doktor eingeschlafen war, stand ich noch einmal auf und nahm leise ein Bad. Mameha hatte mir eingeschärft, daß ich, für den Fall, daß der Doktor aufwachen und noch etwas brauchen sollte, die ganze Nacht wachbleiben sollte. Infolgedessen gab ich mir zwar große Mühe, nicht einzuschlafen, nickte aber dennoch immer wieder ein. Am Morgen schaffte ich es gerade noch, so rechtzeitig aufzustehen, daß ich mich ankleiden konnte, bevor mich der Doktor zu sehen bekam.
Nach dem Frühstück begleitete ich Dr. Krebs zur Haustür des Gasthofs und half ihm in die Schuhe. Kurz bevor er davonging, dankte er mir für den Abend und überreichte mir ein kleines Päckchen. Ich überlegte, ob es einen Edelstein enthalten könnte, wie Nobu ihn mir geschenkt hatte, oder ein paar Fetzen von dem blutigen Handtuch der letzten Nacht. Doch als ich mir ein Herz faßte und es
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