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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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im Zimmer öffnete, stellte sich der Inhalt als ein Päckchen chinesischer Kräuter heraus. Ich wußte nicht, was ich damit anfangen sollte, doch als ich Herrn Bekku fragte, erklärte er mir, ich solle mir einmal am Tag einen Tee aus den Kräutern machen, um einer Schwangerschaft vorzubeugen.
    »Geh vorsichtig mit ihnen um, denn sie sind sehr teuer«, sagte er. »Aber sei auch nicht zu vorsichtig, denn sie sind immer noch billiger als eine Abtreibung.«
    Es ist seltsam und fast nicht zu erklären, doch nach der mizuage sah die Welt anders für mich aus. Da Kürbisköpfchen die ihre noch vor sich hatte, erschien sie mir jetzt, obwohl sie doch älter war als ich, irgendwie unerfahren und kindlich. Mutter, Tantchen, Hatsumomo und Mameha hatten das alles auch durchgemacht, aber mir war natürlich weit intensiver bewußt als ihnen, daß wir diese merkwürdige Sache gemeinsam hatten. Nach der mizuage trägt eine Lerngeisha eine andere Frisur, und den Nadelkissenknoten schmückt statt des gemusterten ein rotes Seidenband. Eine Zeitlang schaute ich nur darauf, wer rote Haarbänder trug und wer gemusterte, so daß ich kaum etwas anderes bemerkte, wenn ich auf der Straße oder in den Fluren der kleinen Schule war. Ich empfand neuen Respekt für jene, deren Frisur verkündete, daß sie die mizuage hinter sich hatten, und fühlte mich viel welterfahrener als jene, denen das alles noch bevorstand.
    Bestimmt fühlen sich alle Lerngeishas durch das Erlebnis der mizuage ähnlich verändert wie ich. Für mich war es jedoch nicht nur so, daß ich die Welt mit anderen Augen sah, durch Mutters neues Verhältnis zu mir veränderte sich auch mein Alltag. Wie Ihnen sicher aufgefallen ist, war sie ein Mensch, der die Dinge nur wahrnahm, wenn sie Preisschilder trugen. Wenn ich mit ihr durch die Straßen ging, funktionierte ihr Gehirn vermutlich wie ein Abakus: »Oh, da ist die kleine Yukiyo, deren Dummheit ihre arme ältere Schwester letztes Jahr fast einhundert Yen gekostet hat! Und da kommt Ichimitsu, die vermutlich sehr erfreut darüber ist, wieviel ihr neuer danna zahlt.« Wenn Mutter an einem lieblichen Frühlingstag, an dem man fast zusehen könnte, wie die Schönheit von den Zweigen der Kirschbäume ins Wasser tropft, am Shirakawa-Bach spazierenginge, würde sie vermutlich nichts davon wahrnehmen, es sei denn… ich weiß nicht… sie plante, mit dem Verkauf dieser Bäume Geld zu verdienen.
    Vor meiner mizuage schien es Mutter nicht zu kümmern, daß Hatsumomo mir in Gion das Leben schwermachte. Nun aber, da ich ein hohes Preisschild trug, setzte sie Hatsumomos Quälereien ein Ende, ohne daß ich sie darum bitten mußte. Ich weiß nicht, wie sie es tat. Vermutlich sagte sie einfach: »Hatsumomo, wenn dein Verhalten Sayuri in Schwierigkeiten bringt und diese Okiya Geld kostet, wirst du es sein, die dafür bezahlt!« Seit meine Mutter krank geworden war, hatte ich ein schwieriges Leben geführt, nun aber wurde es für eine Weile erstaunlich unkompliziert. Ich will nicht sagen, daß ich nie müde oder enttäuscht war, im Gegenteil, ich war fast immer todmüde. Das Leben in Gion ist für Frauen, die sich dort ihren Lebensunterhalt verdienen, nicht sehr erholsam. Aber es war zweifellos eine große Erleichterung, von der Bedrohung durch Hatsumomo befreit zu sein. Und auch innerhalb der Okiya wurde das Leben beinahe angenehm. Als adoptierte Tochter aß ich, wann immer ich wollte. Ich wählte als erste meinen Kimono, statt Kürbisköpfchen den Vortritt zu lassen, und kaum hatte ich meine Wahl getroffen, da ging Tantchen ans Werk, um die Säume auf die entsprechende Länge zu bringen und den Kragen an mein Unterkleid zu nähen, bevor sie Hatsumomos auch nur anrührte. Es machte mir nichts aus, wenn Hatsumomo mich aufgrund der Sonderbehandlung, die mir jetzt zuteil wurde, mit Groll und Haß musterte. Doch wenn Kürbisköpfchen in der Okiya mit bekümmerter Miene an mir vorbeiging und den Blick abwandte, wenn wir uns gegenüberstanden, tat mir das sehr weh. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, unsere Freundschaft wäre wirklich gewachsen, wenn die Umstände es zugelassen hätten. Jetzt aber hatte ich dieses Gefühl nicht mehr.
    Nach meiner mizuage verschwand Dr. Krebs fast vollständig aus meinem Leben. Ich sage »fast«, weil ich ihm, obwohl Mameha und ich ihn nicht mehr im Shirae-Teehaus aufsuchten, gelegentlich noch bei Partys in Gion begegnete. Den Baron dagegen bekam ich nie wieder zu sehen. Damals wußte ich noch nichts von der Rolle, die

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