Die Geisha - Memoirs of a Geisha
wenn ihm das keinerlei Privilegien brachte, verstehen Sie? Die Zeremonie wurde im Ichiriki-Teehaus in Gegenwart von Mutter, Tantchen und Mameha vollzogen. Die Herrin des Ichiriki nahm auch daran teil, ebenso Herr Bekku, mein Ankleider, denn der Ankleider ist stets an derartigen Zeremonien beteiligt, weil er die Interessen der Geisha vertritt. Ich trug das festlichste Gewand der Lerngeisha: einen schwarzen Kimono mit fünf Wappen, mit einem Untergewand in Rot, der Farbe des Neubeginns. Mameha wies mich an, so ernst zu sein, als hätte ich überhaupt keinen Humor. In Anbetracht meiner Nervosität fiel mir das nicht schwer, als ich den Flur des Ichiriki-Teehauses entlangschritt, während die Schleppe meines Kimonos um meine Füße wogte.
Nach der Zeremonie gingen wir alle zusammen zum Abendessen in ein Restaurant namens Kitcho. Da auch dies ein feierliches Ereignis war, sprach ich nur wenig und aß noch weniger. Während Dr. Krebs beim Essen saß, dachte er vermutlich schon an den Moment, der später kommen würde, und dennoch habe ich nie einen Mann erlebt, der so gelangweilt aussehen konnte. Ich selbst hielt – da ich unschuldig tun mußte – während der gesamten Mahlzeit die Augen niedergeschlagen, doch jedesmal, wenn ich verstohlen zu ihm hinüberblickte, entdeckte ich, daß er durch seine Brille stierte wie ein Mann bei einer geschäftlichen Konferenz.
Nach dem Essen begleitete mich Herr Bekku in einer Rikscha zu einem wunderschönen Gasthof auf dem Gelände des Nanzen-ji-Tempels. Er selbst war schon einmal dort gewesen, um in einem Nebenzimmer meine Kleidung zurechtzulegen. Er half mir aus dem Kimono und zog mir einen etwas leichteren an – mit einem Obi, dessen Knoten kein Polster benötigte, denn ein Polster wäre dem Doktor hinderlich. Er band den Knoten so, daß er sich besonders leicht aufziehen ließ. Nachdem ich fertig angekleidet war, wurde ich so nervös, daß Herr Bekku mir ins Zimmer zurückhelfen und mich in der Nähe der Tür plazieren mußte, wo ich die Ankunft des Doktors erwarten sollte. Als er mich allein dort zurückließ, empfand ich eine schreckliche Angst – fast so, als sollten mir gleich die Leber oder eine Niere herausoperiert werden.
Bald darauf erschien Dr. Krebs und bat mich, Sake für ihn zu bestellen, während er im angrenzenden Badezimmer ein Bad nahm. Ich glaube, er hatte vielleicht erwartet, daß ich ihm beim Auskleiden half, denn er warf mir einen seltsamen Blick zu. Aber meine Hände waren so kalt und unbeholfen, daß ich es wohl nicht fertiggebracht hätte. Wenige Minuten später kam er in einem Schlafrock heraus und schob die Türen zum Garten auf. Wir setzten uns auf einen kleinen Holzbalkon, tranken Sake und lauschten dem Gezirpe der Grillen und dem Gemurmel des kleinen Baches unmittelbar unter uns. Ich verschüttete Sake auf meinen Kimono, aber der Doktor bemerkte es nicht. Ehrlich gesagt, schien er überhaupt sehr wenig zu bemerken – außer einem Fisch, der im nahen Teich plätscherte, worauf er mich hinwies, als hätte ich so etwas noch nie gesehen. Während wir dasaßen, kam eine Dienerin, um unsere Futons nebeneinander auszulegen.
Schließlich ließ mich der Doktor auf dem Balkon zurück und ging hinein. Ich setzte mich so, daß ich ihn aus den Augenwinkeln sehen konnte. Er holte zwei weiße Handtücher aus seinem Koffer, legte sie auf den Tisch und arrangierte sie immer wieder neu, bis er endlich zufrieden war. Das gleiche tat er mit den Kopfkissen auf einem der Futons. Dann kam er herüber und blieb an der Tür stehen, bis ich mich von den Knien erhob und ihm folgte.
Während ich noch stand, entfernte er meinen Obi und sagte mir, ich solle es mir auf einem der Futons bequem machen. Das alles wirkte so fremdartig und beängstigend auf mich, daß ich es, egal, was ich tat, niemals hätte bequem finden können. Aber ich legte mich auf den Rücken und stopfte mir ein mit Bohnen gefülltes Kissen unter den Hals. Der Doktor öffnete den Kimono, ließ sich sehr viel Zeit damit, die Gewänder Schritt um Schritt zu lösen, und rieb mir mit den Händen die Beine, womit er mir, glaube ich, helfen wollte, mich zu entspannen. Damit verging eine sehr lange Zeit, doch dann holte er die beiden weißen Handtücher, die er zuvor aus dem Koffer genommen hatte. Er befahl mir, die Hüften zu heben, und breitete sie unter mir aus.
»Damit wird das Blut aufgesaugt«, erklärte er mir.
Bei einer mizuage fließt natürlich eine gewisse Menge Blut, doch niemand hatte mir genau
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