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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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meinem Gesicht vertraut zu machen, sondern ebenso die anderen Geishas. Da wir uns zu jener Zeit immer noch von der Weltwirtschaftskrise erholten, gab es in Gion nicht mehr so oft formelle Banketts, wie es Mameha lieb gewesen wäre. Aber sie nahm mich zu zahllosen informellen Zusammenkünften mit, nicht nur zu Partys in Teehäusern, sondern darüber hinaus zu Badeausflügen, Besichtigungsfahrten, Kabuki-Aufführungen und so weiter. Während der Sommerhitze, wo sich alle ein wenig entspannter fühlten, machten diese zwanglosen Veranstaltungen oft sehr viel Spaß, sogar jenen von uns, für die Unterhaltung harte Arbeit bedeutete. So beschloß etwa eine Gruppe von Herren, mit einem Kanalboot den Kamo-Fluß hinabzufahren, Sake zu trinken und dabei die Beine ins Wasser baumeln zu lassen. Da ich zu jung war, um an dem Trinkgelage teilzunehmen, fiel mir häufig die Aufgabe zu, Eis für Eistüten zu schaben, aber es war dennoch eine vergnügliche Abwechslung.
    Manchmal veranstalteten wohlhabende Geschäftsleute oder Aristokraten am Abend Geishapartys für sich allein. Dann verbrachten sie den Abend damit, oft bis lange nach Mitternacht mit den Geishas zu tanzen, zu singen und zu trinken. Einmal stand die Ehefrau unseres Gastgebers an der Tür, um uns beim Hinausgehen Kuverts mit großzügigen Trinkgeldern in die Hand zu drücken. Mameha gab sie zwei und bat sie, das zweite der Geisha Tomizuru zu überbringen, die »schon früher nach Hause gegangen ist, weil sie Kopfschmerzen hatte«, wie sie es ausdrückte. In Wirklichkeit wußte sie genausogut wie wir, daß Tomizuru die Geliebte ihres Ehemanns war und sich mit ihm für den Rest der Nacht in einen anderen Flügel des Hauses zurückgezogen hatte.
    Viele der glanzvollen Partys in Gion wurden von berühmten Malern, Schriftstellern und Kabuki-Schauspielern besucht, und manchmal waren sie richtig aufregend. Leider muß ich gestehen, daß die durchschnittliche Geishaparty ein wenig prosaischer war. Der Gastgeber war zumeist Abteilungsleiter eines kleineren Unternehmens, der Gast einer seiner Lieferanten oder auch ein Angestellter, der gerade befördert worden war, oder etwas Ähnliches. Hin und wieder ermahnte mich eine wohlmeinende Geisha, meine Aufgabe als Lerngeisha sei es, hübsch auszusehen und still dazusitzen und den Gesprächen zu lauschen, um hoffentlich eines Tages selbst eine kluge Gesellschafterin zu werden. Nun ja, die meisten Gespräche, die ich auf diesen Partys hörte, kamen mir nicht besonders intelligent vor. Ein Mann wandte sich zum Beispiel an die Geisha neben ihm und sagte: »Das Wetter ist wirklich ganz außergewöhnlich warm, meinst du nicht?« Dann antwortete die Geisha etwa: »O ja, sehr warm!« Daraufhin animierte sie ihn zu einem Trinkspiel oder versuchte, die Männer zum Singen zu überreden, und so dauerte es nicht lange, bis der Mann, der sie angesprochen hatte, viel zu betrunken war, um zu merken, daß er sich nicht so gut amüsierte, wie er sich erhofft hatte. Ich für meinen Teil habe das immer für eine schreckliche Verschwendung gehalten. Wenn ein Mann nur deswegen nach Gion kommt, um sich zu entspannen, und man dann so kindische Spielchen wie Schere, Stein, Papier mit ihm treibt… nun, dann hätte er meiner Ansicht nach besser daran getan, zu Hause zu bleiben und mit seinen Kindern oder Enkeln zu spielen, die vermutlich weit intelligenter sind als diese arme, langweilige Geisha, neben der er unglücklicherweise landete.
    Hin und wieder hatte ich jedoch das Privileg, einer der Geishas zuzuhören, die wirklich klug waren, und dazu gehörte ganz zweifellos auch Mameha. Aus ihren Gesprächen lernte ich sehr viel. Wenn ein Mann zum Beispiel zu ihr sagte: »Warmes Wetter, meinst du nicht auch?«, hatte sie darauf mindestens ein Dutzend Antworten parat. War er alt und lüstern, sagte sie zu ihm etwa: »Warum? Vielleicht kommt das daher, daß Sie von so vielen bezaubernden Frauen umgeben sind!« War er dagegen ein arroganter junger Geschäftsmann, der nicht zu wissen schien, wo sein Platz war, nahm sie ihm den Wind aus den Segeln, indem sie sagte: »Hier sitzen Sie mit einem halben Dutzend der besten Geishas von Gion zusammen, und Ihnen fällt kein besseres Gesprächsthema ein als das Wetter?« Einmal, als ich sie beobachtete, kniete Mameha neben einem sehr jungen Mann, der höchstens neunzehn oder zwanzig Jahre alt war. Wäre der Gastgeber nicht sein Vater gewesen, so hätte er vermutlich gar nicht an dieser Party teilgenommen. Er wußte natürlich

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