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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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die hier im Ichiriki-Teehaus serviert wird?«
    So ging es weiter, wobei sich Nobu vermutlich so unbehaglich fühlte wie ein Elefant, der versucht, sich wie ein Schmetterling zu verhalten. Als ich schließlich auf den Flur hinaustrat und die Tür aufschob, schien Nobu bei meinem Anblick überaus erleichtert zu sein.
    So richtig ansehen konnte ich den Minister erst, nachdem ich mich vorgestellt hatte und zum Tisch ging, um mich dort auf die Knie niederzulassen. Obwohl er behauptete, mich viele Stunden lang angestarrt zu haben, kam er mir ganz und gar nicht vertraut vor. Wie ich es fertiggebracht hatte, ihn zu vergessen, kann ich mir nicht erklären, denn er war eine wirklich auffällige Erscheinung – ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der solche Schwierigkeiten hat, auch nur den Kopf zu drehen. Er hielt das Kinn aufs Brustbein gesenkt, als könnte er den Kopf nicht oben halten, und hatte einen ganz sonderbaren Unterkiefer, der so weit vorragte, daß er den Atem direkt in die Nase zu blasen schien. Nachdem er mir ein leichtes Nicken geschenkt und seinen Namen genannt hatte, dauerte es endlos lange, bis ich etwas anderes von ihm hörte als weitere Grunzlaute, denn das Grunzen schien seine einzig verfügbare Reaktion zu sein.
    Ich gab mir größte Mühe, Konversation zu machen, bis uns die Dienerin mit einem Tablett voll Sake rettete. Nachdem ich die Tasse des Ministers gefüllt hatte, sah ich zu meiner Verwunderung, daß er den Sake ungefähr so in seinen Unterkiefer kippte, als schüttete er ihn in einen Ausguß. Sekundenlang schloß er den Mund, dann öffnete er ihn wieder, und der Sake war verschwunden – ohne ein einziges der üblichen Zeichen, die die Menschen von sich geben, wenn sie schlucken. Ich wußte nicht mal, ob er überhaupt geschluckt hatte, bis er mir die leere Tasse unter die Nase hielt.
    So ging es etwa eine Viertelstunde weiter, während ich den Minister bei Laune zu halten versuchte, indem ich ihm Geschichten und Scherze erzählte und ihm ein paar Fragen stellte. Bald jedoch hatte ich das Gefühl, daß es den »Minister bei Laune« möglicherweise gar nicht gab. Auf meine Fragen erhielt ich von ihm höchstens ein einziges Wort als Antwort. Ich schlug ihm ein Trinkspiel vor, ich fragte ihn sogar, ob er gern singe. Den längsten Wortwechsel hatten wir während der ersten halben Stunde, als der Minister fragte, ob ich tanzen könne.
    »Aber natürlich kann ich das. Würde der Minister gern eine kurze Kostprobe meines Könnens sehen?«
    »Nein«, gab er zurück. Und damit hatte es sich.
    Nun gut, der Minister hielt vielleicht nicht viel davon, den Menschen ins Gesicht zu sehen, aber wie ich entdeckte, nachdem die Dienerin den beiden Herren das Abendessen serviert hatte, hielt er eine Menge davon, das Essen auf seinem Teller zu studieren. Bevor er irgend etwas in den Mund steckte, hielt er es sich mit den Stäbchen vor die Augen, drehte es hierhin und dorthin und musterte es eingehend. Und wenn er es dann immer noch nicht erkannt hatte, fragte er mich, was es war. »Das ist ein Stück Yamswurzel, in Sojasauce und Zucker gekocht«, antwortete ich, als er etwas Orangefarbenes aufnahm. In Wirklichkeit hatte ich keine Ahnung, ob es Yamswurzel war oder ein Stück Walleber oder etwas anderes, aber das wollte der Minister sicher nicht hören. Als er später ein Stück mariniertes Rindfleisch emporhielt und mich danach fragte, beschloß ich, ihn ein wenig zu necken.
    »Oh, das ist ein Streifen mariniertes Leder«, sagte ich. »Eine Spezialität des Hauses! Es ist Elefantenhaut. Also könnte man es wohl als Elefantenleder bezeichnen.«
    »Elefantenleder?«
    »Also, Minister! Sie wissen, daß ich einen Scherz gemacht habe! Es ist ein Stück Rindfleisch. Warum betrachten Sie Ihr Essen eigentlich so genau? Fürchten Sie etwa, man könnte Ihnen hier Hundefleisch vorsetzen, oder etwas in der Art?«
    »Hundefleisch kenne ich«, gab er zurück.
    »Das ist sehr interessant! Aber hier bekommen wir heute abend kein Hundefleisch. Also brauchen Sie Ihre Stäbchen auch nicht mehr so genau zu untersuchen.«
    Kurz darauf begannen wir mit einem Trinkspiel. Nobu haßte Trinkspiele, hielt aber den Mund, nachdem ich ihm eine Grimasse geschnitten hatte. Möglich, daß wir den Minister ein bißchen öfter verlieren ließen als nötig, denn als wir später versuchten, ihm die Regeln eines Trinkspiels zu erklären, das er noch nicht kannte, wurden seine Augen so unsicher wie Korken, die willenlos auf der Brandung tanzen. Dann

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