Die Geisha - Memoirs of a Geisha
Hund Taku. Das erste, was ich in der vorderen Eingangshalle sah, war ein Amerikaner in Unterwäsche, der sich unter dem Regalbrett in eine Nische zu drücken suchte, während zwei Geishas lachend bemüht waren, ihn daraus hervorzuziehen. Als ich die dunklen Haare auf seinen Armen und seiner Brust und sogar auf seinem Rücken erblickte, hatte ich das Gefühl, noch niemals etwas so Abstoßendes gesehen zu haben. Seine Kleidung hatte er vermutlich bei einem Trinkspiel verloren und versuchte sich zu verstecken, gleich darauf aber ließ er sich von den Frauen bei den Armen herausziehen und den Flur entlang und durch eine Tür führen. Als er den Raum betrat, hörte ich drinnen Pfeifen und Johlen.
Ungefähr eine Woche nach meiner Rückkehr war ich endlich bereit, meinen ersten Auftritt als Geisha zu wagen. Den Tag verbrachte ich damit, vom Friseur zum Wahrsager zu hasten, meine Hände einzuweichen, um den letzten Rest der Flecken zu entfernen und in ganz Gion nach dem Make-up zu fahnden, das ich unbedingt benötigte. Inzwischen ging ich auf die Dreißig zu und brauchte das weiße Make-up nur noch bei ganz besonderen Anlässen zu tragen. Dennoch verbrachte ich an jenem Tag eine halbe Stunde an meinem Schminktisch und versuchte unter Verwendung verschiedener Schattierungen von westlichem Gesichtspuder zu verbergen, wie mager ich geworden war. Als Herr Bekku kam, um mich anzukleiden, stand die kleine Etsuko daneben und schaute zu, wie ich damals Hatsumomo zugeschaut hatte, und es war vor allem die Bewunderung in ihren Augen, die mich überzeugte, daß ich tatsächlich wieder wie eine Geisha aussah.
Als ich an jenem Abend das Haus verließ, war ganz Gion von einer Decke aus blütenweißem Schnee überzogen, der so pudrig war, daß schon der kleinste Windhauch die Dächer blank putzte. Da ich einen Kimono-Schal und einen Lackschirm trug, war ich sicher, genauso unkenntlich zu sein wie an dem Tag, an dem ich in Gion war und aussah wie eine Bäuerin. Ich selbst erkannte nur die Hälfte der Geishas, denen ich begegnete. Diejenigen, die schon vor dem Krieg in Gion gelebt hatten, waren leicht auszumachen, denn sie vollführten im Vorübergehen eine höfliche Verbeugung, auch wenn sie mich nicht zu erkennen schienen. Die anderen hatten höchstens ein Kopfnicken für mich übrig.
Da ich auf der Straße hier und da Soldaten sah, fürchtete ich mich vor dem, was ich vorfinden würde, wenn ich ins Ichiriki kam. Aber der Eingang war von spiegelblanken schwarzen Schuhen gesäumt, wie die Offiziere sie trugen, und im Teehaus schien es seltsamerweise ruhiger zu sein als in der Zeit meiner Geishaausbildung. Obwohl Nobu noch nicht eingetroffen war – wenigstens sah ich keine Spur von ihm –, wurde ich direkt in eins der großen Zimmer im Parterre geführt, und man sagte mir, er werde bald kommen. Normalerweise hätte ich im Dienstbotenquartier weiter hinten gewartet, wo ich mir die Hände wärmen und eine Tasse Tee trinken konnte, denn keine Geisha läßt sich gern beim Nichtstun überraschen. Aber es machte mir nichts aus, auf Nobu zu warten, und außerdem betrachtete ich es als Privileg, in einem solchen Raum ein paar Minuten allein zu sein. Nach den vergangenen fünf Jahren war ich regelrecht ausgehungert nach Schönheit, und dies war ein Raum, über dessen Schönheit Sie mit Sicherheit gestaunt hätten. Die Wände waren mit blaßgelber Seide bespannt, deren Struktur eine gewisse Ausstrahlung hatte, so daß sie mir das Gefühl verlieh, dort so sicher geborgen zu sein wie das Ei in seiner Schale.
Ich hatte erwartet, daß Nobu allein kommen würde, doch als ich ihn endlich draußen im Flur hörte, war mir sofort klar, daß er den Minister mitgebracht hatte. Wie schon gesagt, machte es mir nichts aus, daß Nobu mich warten sah, doch wenn der Minister den Eindruck bekommen sollte, daß ich unbeliebt sei, konnte sich das für mich katastrophal auswirken. Also schlüpfte ich rasch durch eine zweite Tür in einen angrenzenden Raum. Wie sich herausstellte, hatte ich dadurch Gelegenheit, mit anzuhören, wie Nobu sich bemühte, liebenswürdig zu sein.
»Ist das nicht ein großartiges Zimmer, Minister?« fragte er. Als Antwort hörte ich nur ein Grunzen. »Ich habe es eigens für Sie bestellt. Dieses Gemälde im Zen-Stil ist wirklich prächtig, finden Sie nicht?« Nach einer langen Pause setzte Nobu dann hinzu: »O ja, es ist eine wunderschöne Nacht. Ach, habe ich Sie schon gefragt, ob Sie bereits die ganz spezielle Sakemarke probiert haben,
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