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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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auf und ab ging, während sie auf etwas kaute. Zu meinem Entsetzen hörte ich sogar feuchte, schmatzende Laute aus ihrem Mund kommen. Sie schien auf etwas anderem zu stehen – worauf, das konnte ich nicht erkennen. Auf dem Boden in meine Richtung ausgestreckt lagen zwei Bündel, die ich für Stoffballen hielt. Die Ratte fraß etwas, was Yoko im Zimmer vergessen haben mußte. Gerade wollte ich die Tür zuschieben, weil ich fürchtete, das Ding könnte mit mir zusammen in den Korridor hinausfliehen, als ich das Stöhnen einer Frau vernahm. Und plötzlich hob sich weit hinter der Stelle, an der die Ratte nagte, ein Kopf, und Hatsumomo starrte mich an. Erschrocken sprang ich von der Tür zurück. Was ich für Stoffballen gehalten hatte, waren ihre Beine. Und die Ratte war alles andere als eine Ratte: Es war die bleiche Hand ihres Freundes, die aus seinem Ärmel hervorragte.
    »Was ist denn?« hörte ich die Stimme des Freundes fragen. »Ist da jemand?«
    »Es ist nichts«, flüsterte Hatsumomo.
    »Da ist jemand.«
    »Nein, da ist keiner«, behauptete sie. »Ich dachte, ich hätte etwas gehört, aber da ist niemand.«
    Ich bezweifelte keinen Moment, daß Hatsumomo mich gesehen hatte. Aber anscheinend wollte sie nicht, daß ihr Freund etwas davon erfuhr. Hastig entfernte ich mich wieder, um im Hauseingang niederzuknien. Ich fühlte mich so zerschlagen, als wäre ich von einem Bus überfahren worden. Eine Zeitlang hörte ich aus dem Dienstbotenzimmer noch Stöhnen und andere Geräusche, dann hörte es auf. Als Hatsumomo und ihr Freund schließlich auf den Hofkorridor heraustraten, sah mir ihr Freund direkt ins Gesicht.
    »Die Kleine von der Eingangshalle!« sagte er. »Die war nicht da, als ich herkam.«
    »Ach, die brauchst du nicht zu beachten. Sie war heute abend ein ungezogenes Mädchen und hat die Okiya verlassen, obwohl es ihr verboten war. Mit der rede ich später.«
    »Also war da doch jemand, der uns nachspioniert hat! Warum hast du mich angelogen?«
    »Koichi-san«, sagte Hatsumomo, »du hast heute abend aber keine sehr gute Laune!«
    »Du bist nicht im geringsten überrascht, daß sie da ist. Du wußtest es die ganze Zeit.«
    Mit langen Schritten kam Hatsumomos Freund zur Eingangshalle herüber, wo er stehenblieb und mich finster anfunkelte, bevor er in den Eingang hinabtrat. Ich hielt den Blick gesenkt, aber ich spürte, wie ich puterrot wurde. Hatsumomo eilte an mir vorbei, um ihm mit seinen Schuhen behilflich zu sein. Dabei hörte ich, wie sie mit flehentlichem, fast winselndem Ton auf ihn einredete. So hatte ich sie noch nie mit einem Menschen sprechen hören.
    »Bitte, Koichi-san«, sagte sie, »beruhige dich doch! Ich weiß nicht, was du heute abend hast! Bitte, komm doch morgen wieder…«
    »Ich will dich morgen nicht sehen.«
    »Ich finde es furchtbar, wenn du mich so lange warten läßt. Ich treffe mich mit dir, wo du nur willst, und wenn’s auf dem Boden des Flußbetts sein muß.«
    »Ich habe keinen Ort, wo ich mich mit dir treffen kann. Meine Frau beobachtet mich ohnehin schon allzu argwöhnisch.«
    »Dann komm wieder hierher. Wir haben das Dienstbotenzimmer…«
    »Wenn’s dir Spaß macht, rumzuschleichen und dich bespitzeln zu lassen – von mir aus! Aber laß mich in Ruhe, Hatsumomo. Ich will nach Hause.«
    »Bitte, sei mir nicht böse, Koichi-san. Ich weiß nicht, warum du heute so bist! Versprich mir, daß du wiederkommst, auch wenn es nicht gleich morgen ist.«
    »Einmal muß es vorbei sein«, antwortete er. »Das habe ich dir doch die ganze Zeit gesagt.«
    Ich hörte, wie die Außentür aufgeschoben und wieder geschlossen wurde; nach einer Weile kehrte Hatsumomo in die Eingangshalle zurück und starrte blicklos den Hofkorridor entlang. Schließlich wandte sie sich zu mir um und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    »So, kleine Chiyo«, sagte sie. »Du hast also deine häßliche Schwester besucht, oder?«
    »Bitte, Hatsumomo-san«, flehte ich.
    »Und dann bist du hierher zurückgekommen, um mir nachzuspionieren!« Das sagte Hatsumomo so laut, daß sie eine der älteren Dienerinnen weckte, die sich auf einen Ellbogen stützte, um uns zu beobachten. »Geh wieder schlafen, du dumme Alte!« schrie Hatsumomo sie an. Die Dienerin schüttelte den Kopf und legte sich wieder hin.
    »Hatsumomo-san, ich werde alles tun, was Sie wollen«, beteuerte ich hastig. »Ich will keinen Ärger mit Mutter haben.«
    »Natürlich wirst du tun, was ich will. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Und Ärger

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