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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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kommen. Sie will nämlich aus der Okiya fliehen, Mutter, das ist jedenfalls mein Eindruck – und das, nachdem wir alle so nett zu ihr waren!«
    »Also gut, Hatsumomo«, sagte Mutter endlich. »Das reicht. Du und Tantchen, ihr geht jetzt in dein Zimmer und seht nach, was fehlt.«
    Kaum war ich mit Mutter allein, blickte ich von dort, wo ich auf dem Boden kniete, zu ihr empor und flüsterte: »Das ist nicht wahr, Mutter… Hatsumomo war mit ihrem Freund im Dienstbotenzimmer. Sie ist aus irgendeinem Grund wütend und läßt es an mir aus. Ich habe ihr nichts gestohlen!«
    Mutter schwieg; ich war nicht einmal sicher, ob sie mich gehört hatte. Kurz darauf kam Hatsumomo zurück und erklärte, ihr fehle eine Brosche, die sie als Schmuck vorn an ihrem Obi zu tragen pflegte.
    »Meine Smaragdbrosche, Mutter!« sagte sie immer wieder und weinte wie eine erstklassige Schauspielerin. »Sie hat diesem schrecklichen Mann meine Smaragdbrosche verkauft! Es war meine Brosche! Wofür hält sie sich, daß sie es wagt, mir ein so kostbares Schmuckstück zu stehlen!«
    »Durchsuch das Mädchen!« befahl Mutter.
    Einmal, als ich ein kleines Mädchen von ungefähr sechs Jahren war, beobachtete ich, wie eine Spinne in einer Hausecke ihr Netz spann. Bevor die Spinne noch fertig war, verfing sich eine Mücke in ihrem Netz. Anfangs schenkte die Spinne ihr keine Beachtung, sondern fuhr mit ihrer Arbeit fort, erst als sie fertig war, stakste sie auf ihren dünnen Beinen hinüber, um der armen Mücke den Todesbiß zu versetzen. Als ich da auf dem Holzboden saß und zusah, wie Hatsumomo kam und mit ihren dürren Fingern nach mir griff, wußte ich, daß ich in einem Netz gefangen saß, das sie für mich gesponnen hatte. Ich konnte nicht erklären, woher das Geld kam, das ich in meinem Gürtel trug. Als sie es herauszog, nahm Mutter es ihr ab, um es zu zählen.
    »Du bist ein Dummkopf, eine Smaragdbrosche für einen so geringen Betrag zu verkaufen«, sagte sie zu mir. »Vor allem, da es dich beträchtlich mehr kosten wird, sie zu ersetzen.«
    Sie stopfte das Geld in ihr eigenes Nachtgewand und sagte zu Hatsumomo: »Du bist heute nacht hier in der Okiya mit einem Freund zusammengewesen.«
    Hatsumomo erschrak, aber sie zögerte keinen Moment mit ihrer Antwort: »Wie kommen Sie auf so eine Idee, Mutter?«
    Eine lange Pause entstand, dann sagte Mutter zu Tantchen: »Halt ihre Arme fest!«
    Tantchen packte Hatsumomo bei den Armen und hielt sie von hinten fest, während Mutter die Säume von Hatsumomos Kimono in Hüfthöhe auseinanderzog. Ich dachte, Hatsumomo würde sich wehren, aber das tat sie nicht. Sie durchbohrte mich mit eiskaltem Blick, während Mutter das koshimaki hochraffte und ihre Knie auseinanderdrückte. Dann griff ihr Mutter zwischen die Beine, und als sie ihre Hand zurückzog, waren ihre Fingerspitzen naß. Sie rieb Daumen und Zeigefinger aneinander und roch daran. Dann holte sie mit der Hand aus und versetzte Hatsumomo eine kräftige Ohrfeige, die einen feuchten Streifen hinterließ.

8. KAPITEL
    Hatsumomo war nicht die einzige, die am nächsten Tag wütend auf mich war, denn Mutter befahl, allen Dienerinnen sechs Wochen lang die Fischrationen zu streichen, weil sie geduldet hatten, daß Hatsumomo ihren Freund in die Okiya mitbrachte. Hätte ich ihnen den Fisch eigenhändig aus den Eßschalen gestohlen – ich glaube, die Dienerinnen hätten nicht wütender auf mich sein können. Kürbisköpfchen brach sogar in Tränen aus, als sie erfuhr, was Mutter angeordnet hatte. Ich selbst fühlte mich jedoch, ehrlich gesagt, gar nicht so unbehaglich, wie Sie es sich vielleicht vorstellen, weil mich alle finster anblickten und man den Preis einer Obibrosche, die ich weder gesehen noch jemals berührt hatte, auf mein Schuldenkonto aufschlug. Alles, was mir das Leben jetzt noch schwerer machte, bestärkte mich nur in meinen Fluchtplänen.
    Ich denke nicht, daß Mutter wirklich glaubte, ich hätte die Obibrosche gestohlen – obwohl es ihr mit Sicherheit nichts ausmachte, auf meine Kosten eine neue zu kaufen, wenn sie Hatsumomo damit bei Laune halten konnte. Aber weil Yoko es ihr bestätigte, zweifelte sie keinen Moment daran, daß ich die Okiya verlassen hatte, obwohl ich das nicht durfte. Und als ich erfuhr, daß Mutter befohlen hatte, die Vordertür abzuschließen, damit ich mich nicht noch einmal hinausstehlen konnte, wäre ich fast in Ohnmacht gefallen. Wie sollte ich nun aus der Okiya entkommen? Einzig Tantchen hatte einen Schlüssel, und den

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