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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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Gesicht dicht an meinem, ins Ohr. Ihr Atem roch irgendwie stechend. »Wenn die Herrin merkt, daß du hier warst, werde ich verprügelt. Warum hast du so lange gewartet?«
    »Ach, Satsu, es tut mir ja so leid! Ich weiß, du bist zu meiner Okiya gekommen…«
    »Vor Monaten…«
    »Die Frau, mit der du gesprochen hast, ist ein Ungeheuer. Sie wollte und wollte mir deine Nachricht nicht geben.«
    »Ich muß weglaufen, Chiyo. Ich kann hier nicht mehr länger bleiben.«
    »Ich komme mit!«
    »Wir werden nach Hause zurückkehren. Unter meinen Tatami-Matten oben habe ich einen Eisenbahnfahrplan versteckt. Ich habe Geld gestohlen, wann immer es ging. Ich habe genug, um Frau Kishino zu bezahlen. Sie wird jedesmal geschlagen, wenn ein Mädchen entkommt. Sie wird mich erst gehen lassen, wenn ich sie bezahlt habe.«
    »Frau Kishino… Wer ist denn das?«
    »Die alte Dame an der Haustür. Sie geht fort. Keine Ahnung, wer ihren Platz einnehmen wird. Ich kann nicht länger warten! Dies ist ein fürchterlicher Ort. Sieh zu, daß du niemals in so einem Haus wie dem hier landest, Chiyo! Aber jetzt solltest du gehen. Die Herrin wird jeden Augenblick auftauchen.«
    »Aber warte doch mal! Wann wollen wir davonlaufen?«
    »Warte in der Ecke da drüben und sprich kein Wort! Ich muß hinaufgehen.«
    Ich gehorchte. Während sie fort war, konnte ich hören, wie die Alte an der Haustür einen Mann begrüßte, der dann mit schweren Schritten die Treppe über meinem Kopf hinaufstolperte. Irgend jemand kam eilig herunter, und die Tür wurde wieder aufgeschoben. Einen Moment geriet ich in Panik, aber es war nur Satsu, die sehr bleich aussah.
    »Am Dienstag. Dienstag am späten Abend werden wir fliehen. Heute in fünf Tagen. Ich muß hinauf, Chiyo. Ich habe einen Kunden.«
    »Einen Moment, Satsu! Wo treffen wir uns? Um wieviel Uhr?«
    »Ich weiß es nicht… Um ein Uhr morgens. Aber wo, das kann ich jetzt noch nicht sagen.«
    Ich schlug vor, wir sollten uns beim Minami-za-Theater treffen, aber Satsu meinte, dort seien wir zu leicht zu finden. Also einigten wir uns auf die Stelle am anderen Flußufer, die dem Theater gegenüberlag.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte sie.
    »Aber Satsu… Wenn ich nun nicht weg kann? Oder wenn wir uns verfehlen?«
    »Sei einfach dort, Chiyo! Ich habe nur diese eine Chance. Ich habe gewartet, solange ich konnte. Du mußt jetzt gehen, bevor die Herrin nach Hause kommt. Wenn sie dich hier erwischt, werde ich wohl nie fliehen können.«
    Es gab noch so vieles, was ich ihr sagen wollte, aber sie führte mich auf den Flur hinaus und zwängte die Tür hinter uns wieder zu. Ich hätte gewartet, bis sie die Treppe hinaufgestiegen war, aber in diesem Moment packte mich die Alte an der Haustür beim Arm und zerrte mich in die dunkle Straße hinaus.
    Im Laufschritt trabte ich vom Miyagawa-cho-Viertel nach Hause und war erleichtert, als ich die Okiya ebenso still vorfand, wie ich sie verlassen hatte. Ich schlich mich ins Haus und kniete im matten Licht der Eingangshalle nieder, um mir mit dem Ärmel den Schweiß von Stirn und Hals zu wischen und allmählich wieder zu Atem zu kommen. Gerade versuchte ich mich zu beruhigen, weil ich glücklicherweise nicht erwischt worden war, als mein Blick zur Tür des Dienstbotenzimmers wanderte und ich entdeckte, daß sie einen Spalt offenstand – gerade eben weit genug, daß ein Arm hindurchpaßte. Mir lief es eiskalt den Rücken hinab. Niemand ließ diese Tür jemals auf diese Art offen. Solange es nicht erstickend heiß war, blieb sie ganz geschlossen. Als ich jetzt hinsah, glaubte ich drinnen ein Rascheln zu hören. Ich hoffte, daß es eine Ratte war, denn wenn es keine Ratte war, waren es wieder einmal Hatsumomo und ihr Freund. Ich wünschte es mir so intensiv, daß ich – wenn so etwas denn möglich wäre – die Zeit dazu gebracht hätte, rückwärts zu laufen. Ich stand auf und schlich, schwindlig vor Angst und mit staubtrockener Kehle, zum ungepflasterten Hofkorridor hinab. Als ich die Tür des Dienstbotenzimmers erreichte, preßte ich ein Auge an den Spalt, um hineinzupähen. Sehr viel konnte ich nicht sehen. Wegen des feuchten Wetters hatte Yoko am frühen Abend in dem Glutbecken, das in den Boden eingelassen war, Holzkohle in Brand gesetzt. Nur ein schwaches Glühen war davon übriggeblieben, und in dieser matten Beleuchtung wand sich etwas Kleines, Weißes. Fast hätte ich einen Schrei ausgestoßen, als ich es sah, denn ich war sicher, daß es sich um eine Ratte handelte, deren Kopf

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