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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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hast du ohnehin schon genug.«
    »Ich mußte Ihnen das Shamisen bringen.«
    »Das war vor über einer Stunde. Du bist zu deiner Schwester gegangen und hast mit ihr besprochen, wie ihr von hier fliehen wollt. Hältst du mich etwa für blöde? Und dann bist du zurückgekommen, um mich zu bespitzeln!«
    »Bitte, verzeihen Sie mir«, sagte ich. »Ich wußte doch nicht, daß Sie hier sind. Ich dachte, es wäre…«
    Ich wollte ihr erzählen, daß ich eine Ratte gesehen zu haben meinte, aber das hätte sie wohl kaum freundlich aufgenommen.
    Sie musterte mich noch eine Weile, dann ging sie nach oben auf ihr Zimmer. Als sie zurückkam, hielt sie etwas in der Faust.
    »Du möchtest mit deiner Schwester fliehen, nicht wahr?« sagte sie. »Ich halte das für eine gute Idee. Je früher du die Okiya verläßt, desto besser für mich. Manche Leute meinen, ich hätte kein Herz, aber das ist nicht wahr. Die Vorstellung, daß du mit dieser fetten Kuh auf und davon gehen willst, um irgendwo mutterseelenallein auf dieser Welt dein Brot zu verdienen, ist rührend! Je schneller du von hier verschwindest, desto besser für mich. Steh auf!«
    Ich erhob mich, obwohl ich Angst vor dem hatte, was sie mir antun würde. Was immer sie in ihrer Faust hielt – sie hatte vor, es in den Gürtel meines Gewandes zu stecken, doch als sie auf mich zutrat, wich ich zurück.
    »Sieh doch!« Damit öffnete sie die Hand. Sie enthielt eine Anzahl gefalteter Geldscheine – ich weiß nicht genau, wieviel es war, aber weit mehr Geld, als ich je gesehen hatte. »Das hab’ ich für dich aus meinem Zimmer geholt. Du brauchst dich nicht bei mir zu bedanken. Nimm’s einfach. Du kannst es gutmachen, indem du aus Kyoto verschwindest, damit ich dich nie wieder sehen muß.«
    Tantchen hatte mir geraten, Hatsumomo niemals zu trauen, selbst wenn sie sich erbot, mir zu helfen. Doch als ich daran dachte, wie sehr Hatsumomo mich haßte, begriff ich, daß sie im Grunde gar nicht mir half, sondern sich selbst, wenn sie mich loswurde. Ich stand ganz still, während sie in mein Gewand griff und die Scheine unter meinen Gürtel schob. Ich spürte, wie ihre blanken Nägel meine Haut berührten. Sie drehte mich um, damit sie meinen Gürtel neu binden konnte, weil sie verhindern wollte, daß die Scheine ins Rutschen kamen. Und dann tat sie etwas sehr Seltsames: Sie drehte mich wieder um und begann mir mit einem fast mütterlichen Ausdruck über den Kopf zu streicheln. Allein die Vorstellung, daß Hatsumomo freundlich zu mir sein könnte, war so abwegig, daß ich das Gefühl hatte, als wäre eine Schlange an mir emporgekrochen und schmiegte sich an mich wie eine Katze. Und bevor ich wußte, wie mir geschah, griff sie plötzlich bis auf meine Kopfhaut durch, bleckte in furchtbarer Wut die Zähne, packte eine Handvoll meiner Haare und zerrte so heftig daran, daß ich auf die Knie fiel und aufschrie. Ich hatte keine Ahnung, was das sollte. Gleich darauf zog Hatsumomo mich wieder auf die Füße und schleifte mich die Treppe hinauf, indem sie meinen Kopf an den Haaren hierhin und dorthin riß. Dabei schrie sie mich wütend an, während ich selbst so laut schrie, daß es mich nicht gewundert hätte, wenn alle Leute in der Straße aus dem Schlaf hochgeschreckt wären.
    Oben im ersten Stock rüttelte Hatsumomo an Mutters Tür und rief nach ihr. Mutter öffnete sehr schnell, während sie noch ihren Gürtel band, und sah sehr zornig aus.
    »Was ist los mit euch beiden?« fragte sie.
    »Mein Schmuck!« sagte Hatsumomo. »Dieses dumme, törichte Mädchen!« Und begann mich wütend zu schlagen. Ich konnte mich nur noch auf dem Fußboden zu einem Ball zusammenrollen und sie unter Tränen bitten aufzuhören, bis Mutter sie irgendwie zurückhielt. Inzwischen war auch Tantchen aus ihrem Zimmer gekommen.
    »Ach Mutter«, sagte Hatsumomo, »auf dem Rückweg zur Okiya hab’ ich heute abend zu sehen geglaubt, wie die kleine Chiyo am Ende der Gasse mit einem Mann sprach. Ich habe mir nichts dabei gedacht, denn ich wußte ja, daß sie das nicht sein konnte. Sie darf doch die Okiya gar nicht verlassen. Aber als ich in mein Zimmer kam, fand ich den Schmuckkasten durchwühlt, und lief schnell zurück – gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Chiyo dem Mann etwas überreichte. Sie wollte weglaufen, aber ich habe sie erwischt!«
    Mutter sah mich sehr lange schweigend an.
    »Der Mann ist entkommen«, fuhr Hatsumomo fort, »aber Chiyo hat, glaube ich, etwas von meinem Schmuck verkauft, um zu Geld zu

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