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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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insgesamt. An diesen Stäben
werden dann Austernschalen befestigt, wo die junge Austernbrut, wenn sie von
der Flut angeschwemmt wird, haftenbleibt. Das Meer liefert die nötigen
Nährstoffe, und in vier bis fünf Monaten haben sich so dicke Austerntrauben
gebildet, daß die Stäbe vollkommen davon bedeckt sind.“ Oberst Purdy wiegte
ungläubig den Kopf. „Das soll also heißen, daß Austern an Bambusstäben
gezüchtet werden können?“
    „Ja, Herr Oberst. Die Kamakurajungen
behaupten, daß die Austerntrauben, die an den einzelnen Stäben hängen, zwischen
eineinhalb und zweieinhalb Pfund wiegen. Danach müßten wir sechzig- bis
hunderttausend Pfund Austern ernten können. Und natürlich züchten sie auch
Hummern und Krabben und Sabahii — das ist eine Fischart, die in China als
Delikatesse gilt.“
    „Was wollen Sie denn aber mit all den
Austern?“ fragte der Oberst nervös.
    „Nun, die werden für den Winter in Essig
eingelegt. Ich weiß nur nicht, ob wir den dazugehörenden Reis auch noch
bekommen werden.“
    Der Oberst blickte wieder versunken
auf die Krebs- und Kaviarfässer. „Fisby“, sagte er dann nachdenklich, „was
bekommen Sie denn für das alles, wenn Sie’s an die Dörfer hier in der Umgegend
verkaufen?“ Fisby zog sein Notizbuch aus der Tasche und blätterte. „Ich brauche
noch verschiedenes, Herr Oberst. Da hat zum Beispiel die Fabrik Minobe hier im
Dorf bei der Import-Export-AG. tausend Pfund Ziegenhaar bestellt, fünfhundert
Pfund Kienruß und eine Tonne roter Steine.“
    Oberst Purdy sperrte Mund und Nase
auf. „Sie wollen tatsächlich Krebse und Kaviar gegen solchen Plunder
vertauschen?“
    „Aber das sind doch alles Dinge, die
wir dringend brauchen, Herr Oberst“, erwiderte Fisky gekränkt. „Die Fabrik
Minobe verarbeitet das Ziegenhaar zu Pinseln, den Kienruß zu Tinte, und aus den
roten Steinen werden polierte Tintenfässer gemacht. Das alles findet reißenden
Absatz — und die Hauptsache: dafür kann ich Reis bekommen, denn der fehlt uns
hier am meisten.“
    „Aber ich bitte Sie“, rief der Oberst
unwirsch, „es ist doch ein Wahnsinn, Kaviar und Krebse dafür herzugeben!“
    „Wir können ja aber unmöglich alles
selber verbrauchen, Herr Oberst. Wir haben bereits viel zuviel davon. Und der
Fisch bildet sowieso, wie der Doktor festgestellt hat, kaum den fünften Teil
der Nahrung hier im Dorf, obwohl die Leute ihn gerne mögen. Wir müssen Getreide
haben, Herr Oberst, und zwar Weizen, Hirse und vor allem Reis und chinesisches
Zuckerrohr. Sonst können wir uns nur so eben behelfen: die süßen Kartoffeln
müssen solange als Ersatz dienen. Im Anfang glaubte der Doktor auch, wir
brauchten keine Kornfrüchte, aber inzwischen hat er sich durch genaue
Untersuchungen vom Gegenteil überzeugt. Und selber können wir nichts anderes
anbauen, weil wir nicht den nötigen Acker dafür haben.“ Oberst Purdy schüttelte
den Kopf. „Trotzdem glaube ich, daß Sie verrückt sind. Was für Plunder tauschen
Sie denn sonst noch ein?“
    „Kalkstein und Travertin vor allem,
Herr Oberst. Davon haben die Kamakurabrüder große Mengen bestellt. Im kommenden
Frühjahr wollen sie die Fischfarm vergrößern und eine Mauer darum ziehen.
Ferner braucht der Doktor auf seiner Versuchsstation ein paar gute mongolische
Ponies für Zuchtzwecke.“
    „Nun, da scheint mir der Kaviar ja
hübsch vergeudet zu werden“, bemerkte der Oberst spitz.
    „Ich brauche auch noch Holz“, fuhr
Fisby schnell fort, „und Binsen für Panamahüte und außerdem Ton für Öfen, Krüge
und Ziegel, dann Holzkohle und...“ Aber Oberst Purdy nahm das alles kaum noch
zur Kenntnis. Er hatte den Deckel von einem der Holzfässer abgenommen und
probierte die gesalzenen Krebse. „Vortrefflich, Fisby“, nickte er und schnalzte
mit der Zunge. „Ich glaube, wir lassen uns ein paar von diesen Fässern ins
Hauptquartier kommen. Verhökern Sie sie mir jedenfalls um keinen Preis!“ Fisby
bemühte sich sehr, sein Entsetzen zu verbergen, denn die Einheimischen
beobachteten sie genau. Er blickte abwechselnd auf den Oberst, auf Kenzo, Frau
Kamakuras Sohn, und auf Kamamoto, den Leiter des Godown. Seine Hand zitterte,
als er sein Notizbuch wieder in die Tasche steckte. Er konnte unter keinen
Umständen auf etwas verzichten, denn indirekt bedeutete es Reis oder Hirse. Und
beides war für die Gesundheit der Bevölkerung unerläßlich.
    Der Oberst, der inzwischen seinen
Krebs verzehrt hatte, wischte sich die Hände am Taschentuch ab. „Wollen

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