Die Geishas des Captain Fishby
ja gar keine Ahnung
davon.“
Sakini kratzte sich am Kopf. „Ich auch
nicht, Chef. Sollen wir zu ihr gehen?“
„Lotosblüte“, mit einem prächtigen
blauen Kimono angetan, grüßte, sich lächelnd verneigend, und sprach dann
flüsternd mit Sakini. „Chef“, erklärte Sakini, „,Lotosblüte’ ist hier, um
darüber zu wachen, daß Fräulein Higa-Jiga alles richtig macht.“
„Ach, das ist ja wunderbar“, meinte
Fisby. „Dann soll sie mir doch bitte auch zur Seite stehen, denn ich bin ja
noch nie bei einer Teezeremonie gewesen und werde wahrscheinlich viele Fehler
machen.“
„Das ist ein guter Gedanke, Chef“,
fuhr Sakini fort. „Ich habe nämlich auch noch niemals so etwas mitgemacht und
werde sie deshalb bitten, daß sie mir auch beisteht.“ Als er darauf mit
„Lotosblüte“ sprach, blinzelte sie und nickte lächelnd. „Sie ist mit Freuden
bereit dazu, Chef“, sagte Sakini. „Aber Sie sollen sich keine Sorgen machen. Es
ist ja nur eine Übung. Fräulein Higa-Jiga wird dabei bestimmt selber vieles
falsch machen.“
Fisby fiel ein Stein vom Herzen, und
er fragte, mutig geworden: „Was müssen wir nun zuerst tun, Sakini?“
„Zuallererst einmal, Chef: hat Ihnen
Fräulein Higa-Jiga denn eigentlich schon gesagt, daß Sie der Shokyaku, das
heißt: der Hauptgast, sind?“ — „So?“
„Ja, Chef. Und nun setzen wir uns alle
auf diese Bank und vergessen alles, was jenseits des Gartens vorgeht. Wir
denken nur an die Bäume und Sträucher hier. Wir betrachten die Hecke, das
Gebüsch und die jungen Bäumchen, die sich im Wind hin und her bewegen. Und wir
spüren dabei, wie schön Himmel und Erde sind.“
Seinen Bademantel noch etwas fester um
sich ziehend, setzte Fisby sich auf die Steinbank neben „Lotosblüte“ und
blickte, wie ihm geheißen, andächtig in den Garten. Es war wirklich eine
Wohltat, hier im Schatten zu sitzen. Er beugte sich ein wenig vor und sagte:
„Wie schön ist das doch hier!“
Als Sakini diese Worte übersetzte,
senkte er seine Stimme zu einem Flüstern, und „Lotosblüte“ antwortete mit
leuchtenden Augen ebenso leise, Fisby eigne sich wahrlich zum Hauptgast, weil
er die Schönheit hier ringsum bemerke; sie nicht zu erkennen und zu achten, sei
der schlimmste Fehler, den jemand machen könne.
Fisby, von diesem Lob leicht
geschmeichelt, lehnte sich zurück, um alles noch weiter in sich aufzunehmen,
holte tief Atem, blickte in die Äste der Kiefern, die über dem Cha-no-yu-Haus
aufragten, und nickte traumverloren. Ja, weiß Gott, es tat gut, so still in
einem Garten zu sitzen. Wenn das mehr Menschen täten, gäbe es sicher weniger
Krankheiten und weniger Nervenzusammenbrüche in der Welt. Der ganze Körper
entspannte dabei...
Doch da riß ihn eine laute Stimme aus
seinen Gedanken: „He, Fisby, was machen Sie denn da?“
Er blickte auf und sah den Doktor, der
von seinem mageren braunen Pferd herab über die Hecke spähte. Fisby legte
schnell einen Finger auf den Mund, bat dann Sakini, ihn bei „Lotosblüte“ für
einen Augenblick zu entschuldigen, stand auf und ging auf Zehenspitzen zu der
Hecke hinüber.
„Was ist denn hier eigentlich los?“
fragte der Doktor neugierig.
„Pst, nicht so laut, Doktor“,
entgegnete Fisby flüsternd. „Wir meditieren.“
„Was? Na, dann will ich Sie nicht
stören. Aber Sie bringen mich auf einen Gedanken. Ich wußte schon nicht mehr,
was ich schreiben sollte, und nun habe ich gerade das, was ich brauche. Wissen
Sie, Fisby, der Oberst Purdy macht mich seit einiger Zeit rasend. Er möchte
herkommen und überall herumspionieren und sich in alles einmischen. Aber das
sage ich Ihnen — so etwas gibt’s bei mir nicht! Und wenn ich mir auch jeden
Bericht, den ich ihm schicke, erst mühsam aus den Fingern saugen muß und Sie
als den Verrücktesten...“
„Als was?“ unterbrach ihn Fisby
erschrocken.
Der Arzt machte ein nicht sonderlich
geistreiches Gesicht.
„Ach, nichts, Fisby“, winkte er hastig
ab. „Sie wollen jetzt doch sicherlich Ihre Meditation fortsetzen. Bis nachher
also!“
Fisby konnte sich aus dem allem keinen
Vers machen, aber die Erwähnung des Obersten genügte bereits, um ihn völlig aus
dem Gleichgewicht zu bringen. Wenn der ihn hier in diesem Aufzug überraschte!
Bei diesem Gedanken an seinen gestrengen Vorgesetzten fielen ihm alle seine
„Sünden“ ein. Über all dem anderen, womit er in der letzten Zeit überreichlich
zu tun gehabt, hatte er den Plan B, das Erziehungsprogramm und die neue
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