Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
Vom Netzwerk:
fort, „denn er gefällt ihr immer noch am besten. Doch Seiko will gerade
heute malen, statt mit ihr Tee zu trinken, was doch viel schöner für ihn wäre.“
    „Was habe ich denn aber damit zu tun?“
fragte Fisby ungeduldig. Sakini lächelte: „Sie hält Sie für den einzigen
richtigen Herrn im Dorf, und darum bittet sie Sie, zu der Teezeremonie zu ihr
zu kommen.“
    Da saß Fisby — ob er nun Herr war oder
nicht — in der Falle. Was blieb ihm anderes übrig, als die Einladung, die fast
schon einem Befehl gleichklang, anzunehmen? Aber das Unangenehmste kam erst
noch: denn nicht nur, daß Fräulein Higa-Jiga ihn bereits in fünfzehn Minuten
erwartete — sie verlangte auch, daß er — wegen des feierlichen Charakters der
Zeremonie — im Kimono erschiene. So hatte er also erst mühsam den Berg wieder
hinaufzuklettern, um sich seinen Bademantel zu holen. Nicht eben heiter von
seinem Stuhle aufstehend, fragte er Sakini, wo sie sich treffen könnten. Sakini
sah ihn erschrocken an: „Muß ich denn mitkommen, Chef?“
    „Selbstverständlich. Wie soll ich denn
sonst der Zeremonie folgen können? Außerdem willst du doch sicherlich auch
einmal ein Herr sein?“
    „Lieber würde ich schlafen, Chef“,
murrte Sakini. „Ich sollte doch am Vormittag frei haben!“
    Das stimmte freilich, mußte Fisby
zugeben. „Nun, nach der Zeremonie kannst du den ganzen Tag tun, was du willst“,
meinte er dann, ihm freundlich zuredend. Und die Aussicht, nun am Nachmittag
wenigstens fischen gehen zu können, wie er sich’s vorgenommen hatte, tröstete
Sakini auch einigermaßen. Nachdem sie sich in ihren Kimonos auf der
Kommandantur wieder getroffen hatten, gingen Fisby und Sakini hinunter zu
Fräulein Higa-Jigas Haus, das, recht baufällig bereits, nur aus zwei Zimmern
bestand und inmitten eines kleinen dichten Bananenwäldchens lag. In der einen
Ecke des kahlen Hofes waren zwei Frauen über eine schwere Steinmühle gebeugt,
in der sie eingeweichte Sojabohnen mahlten. „Das ist Fräulein Higa-Jigas Mutter
und ihre Tante Takamini“, erklärte Sakini. „Sie machen Bohnenmus. Und die dort,
die ihnen die Anweisungen gibt, ist ihre Großmutter väterlicherseits.“
    Fisby verneigte sich vor den Damen, und
als sie ihn daraufhin anlächelten, konnte er eine erhebliche
Familienähnlichkeit feststellen. Mit ihren abfallenden Schultern, ihren krummen
Beinen und den schlaff herunterhängenden Armen glichen sie Fräulein Higa-Jiga
genau.
    Die Großmutter sprach hastig auf
Sakini ein, und Sakini übersetzte, sie bitte zu entschuldigen, daß ihr Sohn
nicht anwesend sei, um die Herren begrüßen zu können, weil er gerade die
Schweine füttern müsse. „Aber das macht doch nichts“, erwiderte Fisby sehr
höflich. „Wie geht es übrigens Hiyoshi?“
    „Ach, Sie meinen Fräulein Higa-Jigas
bestes Schwein?“ fragte Sakini grinsend und erkundigte sich dann bei der
Großmutter nach dem Befinden des Tieres. Die schüttelte traurig den Kopf.
Leider gehe es ihm heute gar nicht gut. Es sei gestern wieder in den Feldern
herumgestreunt und habe dabei so viel süße Kartoffeln gefressen, daß es nun an
einer Kolik daniederliege.
    „Das tut mir aber sehr leid“, meinte
Fisby teilnahmsvoll. „Aber hoffentlich wird es doch bald wieder ganz munter
sein!“
    „Das hoffen sie auch“, antwortete
Sakini. „Sie haben ihm Tee eingeflößt, und nun schläft es sich unter dem Haus,
wo es schön kühl ist, gesund. Möchten Sie es einmal sehen?“
    Fisby verspürte wenig Verlangen
danach. „Ich halte es doch für besser, wenn wir es jetzt nicht stören“, sagte
er ausweichend. „Und außerdem erwartet uns Fräulein Higa-Jiga gewiß schon zur
Teezeremonie.“
    Sie gingen dann ein Stück die Straße
weiter hinauf, bogen um eine Ecke, zwängten sich durch eine buschige Hecke und
standen plötzlich in einem Garten, der so ungewöhnlich schön war, daß Fisby vor
Staunen und Bewunderung die Augen weit aufriß. „Sakini, ist das auch
,Goldblumes’ Werk?“ fragte er schließlich.
    „Ja, Chef.“
    Fisby nickte versonnen. Es war ein
richtiges Märchenidyll: der kleine Teich in der Mitte, der zwischen buschigen
Sträuchern sich hinschlängelnde Steinpfad und das kleine Haus mit Strohdach und
Binsenwänden, das, von dunklen Kiefern überragt, am Ende des Gartens lag.
    Fisby ließ seine Augen entzückt umherwandern
— da entdeckte er plötzlich „Lotosblüte“, die still auf einer Steinbank saß.
„Ach“, fragte er erstaunt, „sie ist auch hier? Ich hatte

Weitere Kostenlose Bücher