Die Geister schweigen: Roman (German Edition)
uns ganz bestimmt gefallen.«
Die Geschwister waren freudig erregt, als sie den Kleiderschrank, den Schreibtisch und die neuen Betten erblickten. Letztere hatten Eisengestelle, die Matratzen lagen schön hoch und sie hatten sogar einen Himmel. Violetas Bett zierte eine rosafarbene Matratze, die der Jungen waren wassergrün. Concha fand dort ein neues Bett für sich vor, mit einem Himmel, der sie schon zum Schwelgen brachte, noch ehe sie zum ersten Mal darunter schlief. »Ich will ein Zimmer für mich allein haben«, empörte sich Amadeo, als er das weitläufige Kinderzimmer begutachtete, durch dessen großes Fenster das Sonnenlicht flutete.
»Wo ist mein Holzpferd?«, wollte Juan wissen.
»Das haben wir in dem anderen Haus gelassen, Schatz. Es war doch schon so alt.«
Dem Zweitgeborenen gefielen solche Argumente überhaupt nicht. Am liebsten hätte er vor Wut geheult, doch er hielt sich damit zurück, weil er abwarten wollte, ob ihm das neue Haus diesen schweren Verlust irgendwie ausgleichen würde.
Nachdem sie ihr Zimmer in Beschlag genommen hatten, begaben sich die Brüder in die Beletage. Die Kinderfrau mit Violeta auf dem Arm folgte ihnen. Sie durchquerten den großen Salon, wo sie sich nach allen Seiten umblickten, so als ob von den üppigen dekorativen Ornamenten eine Gefahr ausgehe, bis sie die Tür mit dem bunten Glaseinschnitt vor sich hatten.
»Schaut mal, wie schön die Farben sind!« Concha senkte ihre Stimme. »Man bekommt doch fast Lust, sie abzulecken, oder?«
Violeta versuchte, nach den fröhlichen Mustern zu greifen, während Amadeo zur Seite blickte. Er fühlte sich nach so einer Bemerkung, die ihm zu absurd und zu kindisch war, fehl am Platz. Concha stieß die Tür zum Patio auf.
»Das ist doch ein herrlicher Ort für den Sommer! Sollen wir hier einmal zu Mittag zu essen, wenn es nicht mehr so kalt ist?«
Im Patio waren Efeu und einige Rosenstöcke angepflanzt. Es gab einen kleinen Wasserspeier im ländlichen Stil. An einer Wand gab es eine geheimnisvolle Tür, die in der Mauer zum Nachbarhaus zu verschwinden schien.
Der Boden war mit rötlichen Fliesen ausgelegt, die Wände waren frisch getüncht. In einiger Entfernung konnte man die Stadt erkennen, die sich gerade im Aufbau befand: die Silhouetten der Nachbarhäuser.
»Pah, hier gibt es doch überhaupt nichts«, brummte Amadeo.
»Ja, jetzt noch nicht, aber ich weiß, dass deine Mutter alles mit einem Sonnensegel abdecken möchte und einen großen Tisch mit vielen Stühlen kaufen will. Sollen wir sie fragen?«
Amadeo zuckte mit den Schultern. Sein Bruder hatte in dem Wasserspeier am Ende des Patio Fische entdeckt, und Amadeo näherte sich ihnen voller Neugierde. Dort angekommen, kam es zu einem unverhofften Wiedersehen mit seinen Schildkröten, die jemand in der Ecke abgestellt hatte. Concha nutzte die Situation, um Amadeo dafür zu tadeln, dass er seine Mutter unnötig verärgert habe, schließlich hatten seine Schildkröten den Umzug gesund und munter überstanden.
»Junge, du musst lernen, deine Launen besser zu beherrschen, vor allem deinen Eltern gegenüber. Außerdem wäre es ohnehin angebracht, wenn du ein bisschen umgänglicher wärest.«
Der Junge fixierte die Kinderfrau. Trotz seiner zehn Jahre wirkte Amadeos fester Blick beunruhigend. Concha spürte, wie ihr Puls zu rasen begann, aber sie gab nicht klein bei, sondern starrte unbeirrt zurück. Einen Moment später musste Amadeo sich geschlagen geben.
»Kinder, fasst nicht ins Wasser, es ist ziemlich kalt«, warnte Concha.
Juan zog die Stirn kraus und fragte: »Warum haben Fische keinen Mantel?«
»Weil sie keinen brauchen, Schatz. Ihr Blut ist kalt. Sie spüren die Kälte nicht so wie wir.«
Ihre Erklärung brachte den Jungen kurz zum Grübeln, dann lachte er wieder laut über die Bewegungen der kleinen Tiere. Inzwischen machte sich Amadeo an der Tür in der Rückwand zu schaffen. Concha stellte fest, dass die Tür der einzige Gegenstand im ganzen Haus war, der alt aussah. Sie wollte dem Jungen gerade noch verbieten, sie zu berühren, als sie ein Knarren hörte und die Tür nachgab.
»Oh, das ist ja ein Geheimzimmer«, stellte Amadeo in einer unverhofften Gemütsregung fest.
Seine Geschwister kamen sogleich herbeigeeilt und lugten in den Raum hinein. Er war länglich, aber ungleichmäßig geschnitten und bestand nur aus zwei aufeinander zulaufenden Wänden.
»Das ist eine Besenkammer«, urteilte Concha, als sie feststellte, dass der Raum weder sonderlich gefährlich
Weitere Kostenlose Bücher