Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
Vom Netzwerk:
werde nicht zulassen, dass dieses Ding meine Bücher infiziert«, entgegnete sie fest entschlossen, während sie nach einer Regelung suchte, die ihren Mann zufriedenstellte. »Mach dir keine Sorgen, ich habe mir schon eine Lösung überlegt. Das Telefon bekommt einen Platz für sich allein.«
    So kam es, dass in dem Haus dem Telefon ein Privileg zuteil wurde, das den meisten seiner Bewohner verwehrt blieb: ein eigenes Zimmer. Man beauftragte einen Tischler, eine Holzverkleidung anzufertigen, die dem Verschlag unterhalb der Treppe einen edlen Charakter verlieh. Ein Teppich nach Maß, ein kleiner Tisch im englischen Stil sowie ein Louis-seize-Sessel boten dem aristokratischen Wandgerät Schutz, das mehr als einen halben Meter maß, dessen hölzerne Hörmuschel mit Leder bezogen war und das so erhaben wie eine Standuhr und so kurios wie ein Blitzableiter aussah. Damit ja nur kein Mitglied des Haushaltes außer den Herrschaften versucht war, es zu benutzen und die dreißig Céntimos zu vergeuden, die 1899 ein Gespräch von einer Minute kostete, wurde diese Zelle noch mit einer Tür versehen, deren Schlüssel Don Rodolfo in derselben Westentasche aufbewahrte wie seine Taschenuhr.
    Am Anfang bezogen sowohl Don Rodolfo als auch Doña Maria del Roser jedes Mal, wenn ein enger Vertrauter sie besuchte, bei der Hausführung auch eine Vorführung des Telefons mit ein, die alle Besucher sehr beeindruckte.
    »Und die Leute in Mataró kann man von hier aus gut verstehen?«, fragte eine besonders vornehme Dame und zeigte auf das Ding mit Seltenheitswert.
    Manchmal applaudierten die Gäste auch begeistert. In diesem neuen Haus war wirklich alles ganz modern und sehr erlesen.
    Schon in den ersten Tagen nach dem Umzug verdiente die Marmortreppe eine besondere Erwähnung: Sie war eine dieser Launen, die Don Rodolfo aus tiefster Seele kamen und für die er keinerlei Rechtfertigung vorbrachte. Dafür war er immer ehrlich genug zuzugeben, dass ihre Gestaltung etwas üppig ausgefallen war: All diese dekorativen Weinblätter, die Marmorveluten aus Weinranken und gewundenen Stängeln, die bis auf den Boden reichten, wirkten etwas exzessiv – dabei hatte der Bildhauer ihn noch gewarnt! Und eines dieser Weinblätter befand sich genau auf Höhe der ersten Treppenstufe und bildete bereits beim ersten Betreten eine unüberwindbare Klippe für den Hausherrn. Vom ersten Tag im neuen Haus bis zu seinem Lebensende verstrich kein Tag, an dem Don Rodolfo nicht mindestens einmal über die Verzierung der Treppe stolperte. Später dann sollte seinen Sohn Amadeo das gleiche Los ereilen, so als läge auf diesen Stufen irgendein Fluch der Familie Lax.
    »Wie wäre es, wenn wir das Hindernis einfach abschleifen lassen?«, fragte Maria del Roser so pragmatisch wie immer.
    »Aber Rorrita! Das ist doch ein Kunstwerk!«, rief ihr Ehegatte indigniert und versprach, fortan besser aufzupassen.
    Selbstverständlich stolperte er weiterhin darüber. Aber womöglich, so überlegte seine Frau, würde er ebenso straucheln, wenn sich das impertinente Weinblatt nicht an dieser Stelle befände.
    Nach und nach, trotz der Stolperfallen, erhielten die Dinge ihre endgültige Gestalt, und die Hausbewohner gewöhnten sich an die vielen Neuerungen. Dem Señor gelang es, sich auf die Neuigkeiten des Tages zu konzentrieren, sobald er sich zum Zeitunglesen in sein Kabinett einschloss. Die neuen Möbel ergaben zusammen mit den wenigen, die noch aus dem alten Haus stammten, ein harmonisches Bild. Eutimia erteilte mit erstaunlicher Selbstsicherheit Anweisungen für die Aufstellung jedes einzelnen Gegenstands, während die Jungen das ganze Treiben ungläubig beobachteten.
    Amadeo fragte nach seinen Schildkröten.
    »Eutimia hat sich bestimmt schon darum gekümmert, Liebling. Jetzt mach dir doch wegen dieser langweiligen Tiere keine Sorgen«, beruhigte ihn seine Mutter.
    Merkwürdigerweise protestierte Amadeo nicht gegen das Adjektiv, mit dem seine Mutter seine Haustiere bedachte.
    Concha durchforschte das ganze Haus und musste dabei immer wieder den Handwerkern ausweichen, die in jeder Ecke arbeiteten. Die Jungen folgten ihr auf den Fersen, wobei Amadeo jeden Winkel begutachtete. Die imposante Haupttreppe kam der Kinderfrau eher wir ein Aufgang zu einem Opernhaus vor, das sie allerdings nur aus Abbildungen in Zeitschriften kannte. Das Treppengeländer hingegen erinnerte sie an die Weinlese in ihrem Heimatdorf.
    »Jetzt suchen wir zuallererst unser Zimmer«, schlug Concha vor. »Es wird

Weitere Kostenlose Bücher