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Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
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Art, einem mitzuteilen, dass für ihn eine »Sache erledigt« ist.
Ich muss zugeben, dass ich an Papa seine Fähigkeit bewundere, nicht zu leiden. Ich habe mir selbst immer gewünscht, das Leben nicht so wichtig zu nehmen. Schließlich habe ich dann endlich das gesagt, was er von mir erwartete: »Also gut, Papa, ich werde mich ein wenig zurechtmachen, denn heute Abend gehe ich mit einem gutaussehenden Mann essen.«
Seine Stimme klang überhaupt nicht mehr erzürnt, als er antwortete: »Was für ein Zufall. Ich bin mit einer sehr attraktiven jungen Frau verabredet.«

Ich habe die Mail doch noch nicht losgeschickt, weil ich erst noch überlegen musste, wie ich dir die nächste Sache erzähle. Wir haben niemals über die »kurze Zeit« gesprochen, die ich bei Papa gelebt habe, zumindest nicht über die Details. Ich setze diese Wendung, die ich zu hassen begonnen habe, in Anführungszeichen, weil du sie damals eingeführt hast: Ich sollte eine »kurze Zeit« bei Papa in Avignon verbringen, während du mit Jason euer spanisches Restaurant in Philadelphia eröffnet hast. Dann dauerte die »kurze Zeit« zwei lange Jahre, in denen ich mich für das unglücklichste Mädchen auf der ganzen Welt hielt. Ich habe dich in der Zeit sehr gehasst, auf viele Arten und Weisen. Ich habe dich gehasst, weil du dich in unseren privaten Englischlehrer verliebt hast, ich habe dich gehasst, weil deine Liebe erwidert wurde, und auch weil du dich getraut hast, Jason zu heiraten. Ich habe dich gehasst, weil du mich über vierundzwanzig lange Monate nicht in deine Pläne einbezogen hast, während du in die Staaten gezogen bist und deinen Honeymoon mit Jason genossen hast. Ja, ich weiß, ich bin niemals ein einfaches Kind gewesen, ich weiß, mit vierzehn war ich einfach unerträglich, und du hast deinen Freiraum und Zeit für dich gebraucht. Ich weiß auch, dass es gut für mich gewesen ist, Französisch zu lernen und mal ein anderes Land kennenzulernen. Aber ich habe mehr als zwanzig Jahre gebraucht, um das zu begreifen. Damals habe ich alles anders gesehen.
Ich konnte kaum Französisch, mir fiel es nicht leicht, mich an neue Orte und Leute zu gewöhnen, ich hatte furchtbares Heimweh nach Barcelona, und auf der Schule hatte ich nur Pech mit den Jungs und noch mehr Pech mit den Mädchen. Zu allem Überfluss musste ich dann mit einer Art Eremit zusammenleben, der nur mit mir sprach, um mir seltsame Anekdoten zu erzählen. Ich hätte damals einen Vater gebraucht. Jemanden, der mir zuhört, der mich erträgt, der ab und zu wütend auf mich ist.
Modesto Lax Brusés, der fremde Mann. Es stimmt schon, unsere Beziehung ist niemals sonderlich eng gewesen. Meine einzige Kindheitserinnerung an ihn hängt mit Großvaters Tod zusammen sowie mit der Freude, Weihnachten mit euch beiden verbringen zu können, während er sich um den Papierkram kümmerte. In den zwei Jahren habe ich ihn wirklich kennengelernt. Und lieben gelernt, auch wenn meine gesamte Kindheit ohne ihn stattfand. Ich verstand endlich, was du mir so oft gesagt hattest: »Deinen Vater zu lieben bedeutet zu lernen, ohne ihn auszukommen.« Und als ich ihn ein wenig besser kannte, musste ich dir schon wieder recht geben, denn du hast immer gesagt: »Modestos größtes Problem ist, dass ihn das Leben langweilt.« Ich glaube jetzt, dass du damals schon genau gewusst hast, was du willst, als du mich in Avignon zurückgelassen hast. Wenn du das damals nicht getan hättest, hätten mein Vater und ich niemals bemerkt, wie ähnlich wir uns sind.
Es war für mich eine großartige Entdeckung, als ich begriff, dass ihn in seinem Alltag nur Bücher nicht deprimierten. In der akademischen Welt bewegte er sich wie ein Fisch im Wasser, vielleicht weil nur dies das Umfeld war, in dem seine Brillanz und sein Wissensdurst ihre sofortige Belohnung erfuhren. Gelegentlich steckte er schon mal seinen Kopf in die wirkliche Welt, aber eher, um ein paar Kuriositäten für die Anekdoten zu sammeln, mit denen er seine Studenten oder seine Zuhörer bei Vorträgen beeindrucken konnte – oder auch seine Freunde, die er aber nur selten zu Abendessen einlud. Ich habe damals gelernt, dass das Einzige, was ihn an der Wirklichkeit interessiert, das ist, was sie widerlegt.
Während unseres Zusammenlebens veränderte mein Vater seine Gewohnheiten um keinen Deut. Wir trafen uns höchstens mal in der Bibliothek. Ich habe dort viele Stunden verbracht, auf der Suche nach verlorenen Schätzen. Die Isolation als Flucht vor dem Alltag und

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