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Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Die Geister schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Care Santos
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wäre es sein Zuhause.
»Modesto Lax Brusés«, sagte er laut und deutlich und klopfte mit seiner beringten Hand sanft auf den Tresen.
Als ihn dann der Hotelangestellte um ein Ausweispapier bat, um ihn registrieren zu können, unterbrach er ihn autoritär: »Suchen Sie mich im Rechner. Ich bin Stammgast.«
Wie du dir sicherlich vorstellen kannst, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Mit seinen Anwandlungen von Grandezza kommt er mir wie ein kleiner Junge vor.
Er bekam ein Zimmer mit Blick auf die Calle Pintor Fortuny.
»Phantastisch!«, beglückwünschte er sich, sobald er es betrat und die Fenstervorhänge beiseite schob. »Diese Nacht werde ich mich mit den Gespenstern der Kassiererinnen von El Siglo amüsieren. Die sollen wunderhübsch gewesen sein.«
Der Hotelboy und ich warfen uns amüsierte Blicke zu. Die Erklärung dafür bekam ich dann ganz exklusiv, als wir allein waren, dabei kannte ich einen Teil der Geschichte bereits: Genau an der Stelle stand früher das erste große Warenhaus der Stadt, das auch das erste in ganz Spanien war. Du weißt ja, Papa liebt es zu übertreiben, aber er sagt, dass es absolut außergewöhnlich war. Es hieß Grandes Almacenes El Siglo und ist irgendwann in den 30er Jahren niedergebrannt. Nicht einmal die Mauern sind übriggeblieben. Die Katastrophe war so gewaltig, dass die Stadtverwaltung danach die Gelegenheit nutzte, den gesamten Straßenzug neu aufzubauen. Ein Teil wurde nach dem Großfeuer vollständig abgerissen, um die Calle Pintor Fortuny, die vorher eine Sackgasse war, mit den Ramblas zu verbinden.
»Du meinst das Warenhaus der Familie Conde, oder? Großvater hatte mehrere Familienmitglieder von ihnen gemalt. Don Octavio Conde in seinem Büro in El Siglo ist ein meisterhaftes Porträt. Kannst du dich daran erinnern? Es befindet sich in Privatbesitz, aber es ist mir gelungen, es nach Chicago zu bekommen für meine Ausstellung der Porträtmaler.«
»Aber natürlich«, platzte es aus Papa heraus. »Ich vergesse immer wieder, dass ich es mit einer weltweit anerkannten Expertin zu tun habe! Genau dieses Warenhaus ist es. Das Warenhaus der Familie Conde!«
Ich habe ihn dann gefragt, ob bei dem Feuer viele Menschen ums Leben gekommen sind.
»So weit ich weiß, niemand«, meinte er. »Aber mit dem Großbrand ist ein kollektiver Traum gestorben. El Siglo ist einfach ein mythischer Ort gewesen.«
Dann fragte ich ihn, was für Pläne er für den Tag hatte.
»Nichts Besonderes. Ich werde irgendwo etwas zu Mittag essen. Und ich werde ramblieren gehen.«
Das waren seine Worte. Du weißt ja, das Wort ist so typisch für Barcelona, es bezeichnet einfach einen Bummel ohne festes Ziel über die berühmten Ramblas.
Dann habe ich ihm vorgeschlagen, zusammen zu Abend zu essen. Darauf ist er eher widerstrebend eingegangen. Das ist so bezeichnend für Papa: Man sieht sich drei Jahre nicht, und er tut gleich wieder so, als hätte er genug von einem. Ich musste deutlich werden und ihm sagen, dass wir miteinander reden müssen, und sei es nur, um uns ein wenig auf das Gespräch vorzubereiten, das wir am nächsten Tag mit dem Polizisten von den Mossos d’Esquadra haben.
»Das Gespräch mit der Polizei vorbereiten? Aber wir führen doch kein Bewerbungsgespräch, oder?«, witzelte Papa.
Schließlich brachte ich unsere Unterhaltung auf den Fund hinter Teresas Fresko. Ich habe Papa gesagt, dass ich gerne seine Theorie dazu wissen möchte. Er ging meiner Frage aus dem Weg.
»Also, Theorie ist nun mal ein ziemlich hochtrabendes Wort. So etwas habe ich nicht im Angebot.«
»Meine Güte, dann eben deine Meinung!« Ich musste richtig hartnäckig werden und ihm die gleiche Frage noch einmal anders stellen. »Meinst du, diese Tote könnte jemand aus der Familie sein?«
Ich fasse es nicht, aber Papa hat sich diese Frage anscheinend tatsächlich nicht gestellt. Er ist offensichtlich nicht einmal auf die Idee gekommen. Aber allein die Erwähnung des Themas schien ihn sehr zu verärgern.
»Später, Mädchen. Belästige mich jetzt nicht mit so etwas. Lass mich bitte erst einmal meine Ankunft genießen«, protestierte er und zog seine Schuhe aus.
Ich sagte ihm nur, so sehr er dem Thema auch ausweiche, früher oder später müssten wir darüber sprechen.
»Besser später, Violín. Wir gehen doch heute Abend zusammen essen, oder? Dann vermiesen wir uns halt die Verdauung, indem wir darüber sprechen!«
Dann machte er kehrt und schloss sich ins Badezimmer ein. Du weißt ja, wie es mit ihm ist; seine übliche

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