Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
sein?«
»Heute ist Samstag.«
»Ach so.«
»Morgen kommen die Studenten.«
»Was du nicht sagst.«
Doch für Sarkasmus war Robbie der falsche Adressat. »Ja, wirklich«, antwortete der Junge ernsthaft. »Opa und Davy bauen schon die Zelte auf. Werden Sie auch in einem Zelt wohnen, Mister Sutton-Clarke?«
»Nein«, sagte Adrian.
»Möchten Sie denn nicht gern in einem Zelt schlafen?«
»Nein«, sagte Adrian.
Ich lächelte und ging an ihnen vorbei zu meinem Schreibtisch. »Mister Sutton-Clarke würde sein bequemes Bett im Ship Hotel vermissen, Robbie.«
»Mmm.« Adrian schwenkte auf seinem Drehstuhl herum und lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen zurück. »Nicht zu vergessen die Bar. Weißt du, meine Liebe, wenn du hin und wieder deinen Schreibtisch aufräumen würdest, müßtest du nicht jedesmal ganze Papierberge umherschieben, wenn du etwas brauchst. Was suchst du diesmal?«
Ich sah mich stirnrunzelnd um. »Die Liste mit den Namen der Studenten. Hast du sie gesehen?«
»Nein, aber es ist kein Problem, sie dir neu auszudrucken.« Er klickte eine Datei an, drückte eine Taste, und der Drucker begann zu summen. »Wozu brauchst du sie? Willst du noch einmal zählen, wie viele es sind? Ich glaube, es waren siebzehn …«
»Achtzehn«, verbesserte ich ihn. »Aber deswegen brauche ich sie nicht. Peter bat mich, die Namen durchzugehen und sie in Dreiergruppen für die Zelte einzuteilen.«
»Ach, das kann ich doch auch machen …«
»Vergiß es.« Ich riß ihm das Blatt Papier aus der Hand und grinste. »Du würdest sie alle gemischt unterbringen, Jungen und Mädchen zusammen – ich kenne dich doch.«
»Es soll ja schließlich auch eine lehrreiche Erfahrung für sie sein.«
»Was sie lernen und erfahren wollen, ist ihre Sache. Aber schlafen«, sagte ich matronenhaft streng, »werden sie nach Geschlechtern getrennt, mit guter, fester Leinwand zwischen den Zelten.«
»Ich würde gern in einem Zelt wohnen«, warf Robbie ein und nahm seinen ursprünglichen Gedankengang wieder auf. »Davy hat sein eigenes Zelt, haben Sie es schon gesehen? Es ist richtig groß, mit einem Fenster und allem Drum und Dran.«
»Ja, Davy ist ja auch ein Idiot«, erwiderte Adrian und wippte auf seinem Stuhl hin und her.
»Mister Sutton-Clarke macht nur Spaß, Robbie«, versicherte ich dem Jungen, ohne aufzusehen.
»Mister Sutton-Clarke«, sagte Adrian, »meint es ganz ernst. Jemand, der ein schönes breites Bett in einem warmen Zimmer – mit eigener Toilette, möchte ich anmerken – für ein undichtes Zelt auf schlammigem Untergrund und mit Studenten als Nachbarn aufgibt, ist für mich unbestreitbar ein Idiot.«
»Selbst wenn die Mehrzahl dieser Studenten aus attraktiven jungen Frauen besteht?«
»Meine Liebe, was kann man denn schon mit einer attraktiven jungen Frau in einem undichten Zelt anfangen ? Außerdem glaube ich nicht, daß das der entscheidende Grund für unseren Mister Fortune war.«
Ich ignorierte seinen bedeutungsvollen Blick. »Nein, da hast du recht. Er fand, daß einer von uns für alle Fälle in der Nähe sein sollte, falls die Studenten etwas brauchen.«
»Und die Position des Zeltlagers«, bemerkte Adrian hinterhältig, »ist ja auch so vorteilhaft. Du kannst es von deinem Schlafzimmer aus sehen, nicht wahr? Und umgekehrt.«
Robbie enthob mich einer Antwort. Er umfaßte den Pfosten, der zwei der ehemaligen Boxen und jetzigen Büronischen trennte, und schwang sich daran herum, wobei er Adrian ansah. »Warum haben sie die Zelte nicht hier oben aufgeschlagen?«
Adrian wußte so gut wie ich, warum das Zeltlager sich dort befand, wo es war, aber nach einem schnellen Blick zu mir gab er Robbie eine etwas kompliziertere Erklärung. »Na ja, der Boden ist auf der anderen Seite der Straße viel ebener, und der Fluß fließt direkt dort vorbei, und es ist ganz wichtig, die Ausgrabungsstätte nicht durch Zeltheringe und offenes Feuer zu gefährden, und …«
»Ist es, weil der Wächter dort nicht umhergeht?« wollte Robbie wissen.
Adrian verstummte und sah mich hilfesuchend an.
»Manche Menschen mögen keine Geister, Robbie«, erklärte ich. »Peter fand, es sei besser, die Studenten dort unterzubringen, wo der Geist sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht belästigen wird.«
Er dachte darüber nach. »Er würde ihnen nichts tun. Er beobachtet einfach nur so.«
Dem plötzlichen Drang widerstehend, einen hastigen Blick über meine Schulter zu werfen, bündelte ich einen Stapel Notizen und
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