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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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schob ihn in eine Schublade. »Manche Menschen«, antwortete ich ruhig, »werden vielleicht nicht gerne beobachtet.«
    Robbie wägte auch diesen Gedanken ab und schien ihn dann als eine der merkwürdigen Kompliziertheiten der Erwachsenenwelt abzutun. Er schwang weiter um seinen Pfosten herum und sah mir bei meiner Arbeit am Schreibtisch zu. »Ich werde Archäologe, wenn ich groß bin«, verkündete er.
    Adrian erinnerte ihn nüchtern daran, daß er sich bereits der königlich-nationalen Rettungsbootgesellschaft verschrieben hatte.
    »Ich kann beides machen«, behauptete Robbie zuversichtlich. »Die Leute bei der Rettungsbootgesellschaft sind Freiwillige, also kann ich auf dem Rettungsboot fahren und Archäologe werden und in einem Zelt wohnen.«
    »Ich nehme nicht an«, bemerkte Adrian, »daß du auch noch Computerspezialist werden möchtest?«
    »Warum?«
    »Weil mein Computer gleich den Geist aufgibt, wenn du weiter so gegen die Wand stößt.«
    »Oh. Entschuldigung.«
    »Komm her«, forderte ich ihn auf und rückte ein Stück mit meinem Stuhl zur Seite, um Platz für Robbie in meiner Nische zu machen. Ich nahm ein paar der weniger beeindruckenden Topfscherben von dem Regal neben mir, legte sie säuberlich nebeneinander auf meinen Schreibtisch und gab dem Jungen einen Zeichenblock. »Wenn du meine Arbeit tun willst, fangen wir am besten gleich mit deiner Ausbildung an. Mach mir ein paar Zeichnungen von den Scherben, ja?«
    Fröhlich kam er der Aufforderung nach. Adrian warf mir von der anderen Seite des Gangs her einen dankbaren Blick zu und konzentrierte sich in der segensreichen Stille wieder auf seinen Bildschirm.
    Ich brauchte nicht lange, um die Studenten in Dreiergrüppchen für die Zelte einzuteilen. Zu meiner Erleichterung waren es zwölf junge Frauen und sechs junge Männer, so daß niemand auf meiner Liste übrigblieb. Als ich gerade damit fertig war, die Zeltnummern neben die Namen zu kritzeln, schob mir Robbie stolz seine Zeichnungen hin.
    »Fertig«, sagte er.
    »Gut gemacht.« Ich betrachtete die Blätter mit ernster Miene. »Und was halten Sie von unseren Fundstücken, Mister McMorran?«
    »Sie sind okay.«
    »Aber mein lieber Junge«, sagte ich in einer ganz gelungenen Parodie auf Doktor Connelly, »das ist nicht sehr wissenschaftlich.«
    Robbie kicherte.
    Ich behielt meine Lehrmeisterrolle bei, wählte eine Scherbe und reichte sie ihm, wobei ich ihn über imaginäre Brillengläser hinweg fixierte. »Nun, was ist beispielsweise Ihr Eindruck von diesem Stück?«
    Robbie ging auf das Spiel ein und zog die Stirn auf eine Art in Falten, die sein kleines Gesicht einen Augenblick lang dem Davids sehr ähnlich sehen ließ. Er rieb sich das Kinn, wie er es schon hundertmal bei David gesehen hatte, drehte die Scherbe mehrmals in der Hand herum und blickte noch angestrengter drein. »Es ist eine Scherbe, von einem Topf oder so was.«
    »Brillant!« lobte ich.
    »Und sie ist rot.«
    »Gut beobachtet. Sonst noch etwas?«
    »Es hat ihm hier nicht gefallen.«
    Das regelmäßige Klacken von Adrians Tastatur verstummte abrupt, und nach einem Moment atemloser Stille gab ich meine Connelly-Imitation auf. »Was hast du gesagt?«
    »Der Mann, der diesen Topf benutzt hat«, sagte Robbie und gab mir das winzige Fragment samischer Töpferware zurück, »es hat ihm hier nicht gefallen. Ihm war dauernd kalt, und sein Zahn hat ihm weh getan.«
    »Psychometrie.«
    Peter sprach das Wort mit seiner wohlklingenden Stimme genüßlich aus und balancierte das schwere Wörterbuch auf einer Hand, während er mit dem Zeigefinger der anderen die Definition verfolgte. Das Licht war durch heraufziehende Wolken trüber geworden, und die roten Wände des Wohnzimmers wirkten stumpf und trostlos, bis Peter eine Lampe einschaltete, um besser lesen zu können. »Ja, Psychometrie, dachte ich es doch. ›Das intuitive Erkennen von Fakten im Zusammenhang mit Gegenständen durch Berühren dieser Gegenstände‹.«
    »Wie immer man das nennt, Robbie kann es jedenfalls.« Ich warf den Katzen einen Papierball zum Spielen hin, verschränkte meine Beine zum Schneidersitz und lehnte mich mit einem erschöpften Seufzer gegen das weiche Lederpolster des Sofas zurück. »Er hat natürlich nicht Namen, Rang und Regiment des Mannes heruntergerasselt, und wir können nicht sagen, wie präzise seine Erkenntnisse sind, aber ich dachte, Sie sollten es wissen.«
    »Ja, unbedingt.« Er schloß das Wörterbuch und hievte es zurück an seinen Platz im Regal. »Ich

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