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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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murmelte ich und trank es aus.

VIERTES PFERD

     
    Something it is which thou hast lost,
    Some pleasure from thine early years.
     
    Tennyson, »In Memoriam«, IV

XXVI
     
    »Männer«, bemerkte Davids Mutter zwei Wochen später, »sind wirklich das Letzte. Man sollte sie alle erschießen.«
    Sie hatte dabei natürlich Peter im Sinn. Es war Peters Idee gewesen, daß ich in Saltgreens vorbeischauen sollte, um dort ein großes, sperriges, in braunes Papier eingewickeltes Paket abzugeben. »Nichts Zerbrechliches«, hatte er gesagt. »Nur ein paar alte Fotoalben, die Nancy gern haben möchte.«
    Um genau zu sein, waren es vier Alben, und zwar die altmodischen, mit Seiten aus einfachem schwarzen Fotokarton und Einbänden aus Kunstleder, das an mehreren Stellen abblätterte und mit üppigen Goldprägungen verziert war. Sie wirkten richtig fehl am Platz in dem modern eingerichteten Gemeinschaftsraum des Saltgreens-Altenheims. Der glänzende Couchtisch aus hellem Kiefernholz vor mir schien ihrem Alter und der von häufiger liebevoller Benutzung zeugenden Schäbigkeit zu spotten.
    Ich legte die Alben zu einem ordentlichen Stapel aufeinander. »Peter meinte, Sie hätten sie gerne«, sagte ich zur Erklärung und hörte, wie Davids Mutter in der Kochnische unwillig seufzte.
    »Ich wollte sie aus dem Cottage raushaben, habe ich gesagt. Nur da heraus, für den Fall, daß es abbrennt oder jemand einbricht, das war alles. Er hätte Sie deswegen nicht den ganzen Weg hierher schicken müssen.«
    »Oh, das macht mir nichts aus. Ich mußte sowieso in die Stadt. Wir haben fast keine Seife mehr.«
    »Seife?«
    Ich nickte munter. »Unsere achtzehn Studenten duschen schließlich einmal täglich, manchmal sogar mehrmals, wenn sie sich bei der Arbeit besonders schmutzig machen. Peter hat einen Service für die Handtücher angeheuert, aber mit der Seife kommen wir nicht ganz hinterher.«
    »Man könnte eigentlich denken, daß sie ihre eigene mitbringen.«
    »Manche haben das ja auch«, antwortete ich achselzuckend. »Aber Peter findet, daß er sich auch um solche Kleinigkeiten kümmern sollte. Sie wissen ja, wie er ist. Er würde sie auch ihre Wäsche im Haus waschen lassen, glaube ich, aber Jeannie meinte, das sei zuviel für unsere Maschine.«
    »Ja, er hat sich schon immer gern um andere gekümmert«, sagte sie und lächelte in der Erinnerung an frühere Zeiten. »Sind Sie sicher, daß Sie keinen Keks möchten? Sie haben ganz gute diese Woche … mit Schokoladencreme.«
    »Nein, danke.« Ich drehte mich in meinem Sessel um und sah ihr zu, wie sie sich in der kleinen Teeküche zu schaffen machte.
    Es war wirklich ein schönes Haus, Saltgreens – ganz anders, als man es von einem städtischen Altenheim erwarten würde. Das Gebäude war neu und von moderner Architektur, aus leuchtendroten Ziegeln gebaut und mit ungewöhnlichen Erkern und Winkeln und vielen großen Fenstern versehen. Die Fenster hier im zweiten Stock boten einen wunderbaren Blick auf Himmel, Meer und Hafen, und das Sonnenlicht, das zwischen großen Hängekörben voller Grünpflanzen schräg hereinfiel, spielte auf den buntgemusterten Sofapolstern und wärmte den gefliesten Fußboden.
    Davids Mutter wirkte ganz in ihrem Element, öffnete und schloß Schränke auf der Suche nach Tassen, während sie uns einen löslichen Kaffee bereitete.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte ich.
    »Och, Kind, es ist doch nur Nescafé. Den bekomme ich gerade noch hin. Die Ärzte«, sagte sie, als sie die Tassen in den Aufenthaltsraum trug, »haben mir nicht verboten, einen Wasserkessel zu heben.«
    Sie hatten ihr jedoch bestimmt die Zigaretten verboten, dachte ich und konnte es mir nicht verkneifen, einen fragenden Blick auf das Päckchen auf dem Sofatisch zu werfen.
    »Das sind nicht meine«, sagte sie, als sie sich auf das dick gepolsterte Sofa mir gegenüber setzte. »Sie gehören dem alten Harry aus Zimmer Nummer drei. Auf den Zimmern ist das Rauchen verboten, also läßt er sie hier rumliegen. Aber ich darf mir hin und wieder eine nehmen, wenn es mich danach gelüstet.« Wie zur Demonstration zündete sie sich eine an und lehnte sich mit einer lockeren Behendigkeit gegen die Polster zurück, die keinerlei Verdacht aufkommen ließ, daß es mit ihrer Gesundheit nicht zum besten stand. »Daß ich noch auf den Beinen bin, heißt wohl, daß ich leben soll. Ich werde mir jetzt nicht jedes Vergnügen versagen.«
    Sie war wirklich eine dickköpfige Frau, mußte ich mit einem Lächeln einräumen.

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