Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
so etwas sagt, dann meint er damit nur, daß eine Frau einen unabhängigen Geist hat. Ich bin auch eine schwierige Frau«, gestand sie, drückte ihre Zigarette aus und lehnte sich mit zufriedener Miene gegen das Sofapolster. »Aber jetzt erzählen Sie mal – ich bin schon ganz neugierig, und Peter sagt mir nie etwas, aus Angst, ich könnte vor Aufregung tot umfallen – wie geht es mit der Ausgrabung voran?«
Mit der Ausgrabung ging es tatsächlich ganz gut voran. Am Anfang fand ich es ungewohnt, mit so vielen anderen um mich herum auf dem Feld zu arbeiten, aber nun, da beinahe zwei Wochen vergangen waren, konnte ich um die Kurve bei der Dornenhecke biegen, ohne über den Anblick der kleinen Armee in Jeans und T-Shirts erstaunt zu sein, die mit wahrhaft militärischer Disziplin Gräben aushob.
Mir waren zwei der Studentinnen als Assistentinnen für die Fundstücke zugeteilt worden, und zwei junge Männer halfen Adrian bei der Fortführung seiner elektromagnetischen Untersuchungen. Die restlichen vierzehn Studentinnen und Studenten schwangen unter Peters aufmerksamem Blick ihre kleinen Spaten, wie loyale Truppen, die ohne Zögern auf die Befehle ihres Generals reagierten. Und wenn Peter der General war, spann ich die militärische Analogie weiter, dann war David sein Stabsoffizier, der ständig zwischen den Truppen hin und her patrouillierte.
Als ich nun, nach dem Besuch bei Davids Mutter, auf das Haus zuging, konnte ich ihn sogar aus der Entfernung leicht zwischen seinen Schützlingen ausmachen. Inzwischen war mir das kleine, ziehende Gefühl in der Brust, das sich jedesmal einstellte, wenn ich ihn so sah – eine hochgewachsene Gestalt mit sicherem, ruhigem Schritt, die unwillkürlich Aufmerksamkeit auf sich zog –, schon vertraut. Er schlängelte sich gerade durch das Gewimmel von Aktivitäten in der Südwestecke hindurch, doch als er mich auf der Höhe von Rose Cottage die Auffahrt heraufkommen sah, änderte er seine Richtung und kam mir bis zu der niedrigen Steinmauer unter dem raschelnden Blätterbaldachin entgegen.
»Wie ich sehe, konntest du die Krise abwenden«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf meine vollgestopften Einkaufstüten. »Jetzt müssen wir zum Duschen wenigstens nicht Jeannies Waschpulver plündern.«
Lächelnd stellte ich die Tüten auf der Mauer ab, um meine Arme für einen Moment auszuruhen. »Du siehst allerdings so aus, als hättest du schon geduscht.«
»Wenn das Lüftchen aus der anderen Richtung wehen würde, würdest du das nicht sagen.« Grinsend lehnte er sich mit den Ellbogen gegen die Mauer, so daß wir beide in dieselbe Richtung blickten und unsere Schultern sich fast berührten. »Die verdammte Hitze ist schuld. Ich weiß, daß wir schon den vierten Juli und damit Sommer haben, aber Himmel! Es kommt mir vor wie an der Costa del Sol.«
Es war wirklich ein heißer Tag. Ich selbst genoß das Wetter sehr, aber ich hatte auch nicht den ganzen Tag auf einem unbeschatteten Feld unter sengender Sonne geschuftet. Davids dunkle Locken ringelten sich feucht um seine Schläfen, und sein Hemd klebte ihm von der schweißtreibenden Arbeit an Brust und Rücken und ließ die Konturen seiner Muskeln erkennen.
»Wie läuft’s denn?« fragte ich mit einem Blick auf die teilweise ausgegrabene Feldecke.
»Wir kommen nur langsam voran, fürchte ich.«
»Wegen der Hitze?«
»Indirekt, ja.« Seine Augen funkelten belustigt. »Fabia tauchte nach dem Mittagessen auf – in Shorts.«
»Aha.« Amüsiert beobachtete ich die arbeitenden Studenten. Es war Gegenstand allgemeiner Belustigung, daß Fabia für die jungen Männer im Ausgrabungsteam eine unvermeidliche Ablenkung darstellte. Sie brauchte nur über das Feld zu gehen, um einen ziemlich komischen Slapstick-Effekt hervorzurufen. »Gut, daß ich mit der Seife zurück bin«, sagte ich. »Deine Jungs werden ihre Dusche nötig haben.«
Die tiefblauen Augen ruhten auf mir. »Hast du die Seife in Eyemouth gekauft?«
»Natürlich, wo sonst?«
»Ich dachte schon, daß du bis nach Berwick gelaufen bist. Du warst eine verdammte Ewigkeit weg.«
»Tja, das kann ich erklären.« Ich beugte mich vertraulich weiter über die Mauer. »Ich habe Bilder von dir im Kinderwagen angeschaut.«
Eine Sekunde lang spiegelte sich Erstaunen auf seinem Gesicht, dann dämmerte es ihm. »Du hast meine Mutter besucht.«
»Mmm«, ich nickte. »Peter bat mich, bei ihr vorbeizugehen und ihr ein paar Fotoalben zu bringen, die er aus ihrem Cottage geholt hatte. Sie
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