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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Feld abkehrte, hielt ich wieder an und horchte erneut auf unsichtbare Schritte. Und erst als ich mich davon überzeugt hatte, daß die einzigen Geräusche die entfernten Stimmen von der Ausgrabungsstelle und ein trillerndes Vogelgezwitscher in den Bäumen vor mir waren – erst dann bog ich um die Ecke.
    Ich glaube, ich lächelte sogar ein wenig, als ich in die kräftigen männlichen Arme lief, die im Schatten auf mich warteten.

XXVIII
     
    Ich reagierte wie eine Katze. Blindlings fuhr ich herum, schlug mit erhobenen Händen die Arme weg, die mich festhielten, und baute mich in drohender Haltung vor der Wand auf, bereit zum Kampf.
    Als ich sah, wen ich vor mir hatte, ging meine Panik abrupt in Verärgerung über. »Mein Gott, Brian«, schimpfte ich, »Sie haben mich zu Tode erschreckt.«
    Als er nicht sofort darauf antwortete, verschränkte ich die Arme abwehrend vor der Brust und versuchte, ein normales Gespräch zu beginnen. »Wann sind Sie zurückgekommen?«
    Er ignorierte die Frage und fixierte mich mit einem ausdruckslosen Blick, ohne wie sonst seinen Charme spielen zu lassen. »Sie haben schon wieder meinen Jungen benutzt, stimmt’s?«
    »Wie bitte?« Verwirrt zog ich die Stirn in Falten.
    »Sie lassen ihn Ihre Arbeit für sich tun. Haben Sie vielleicht geglaubt, ich bin zu blöd, um dahinterzukommen?«
    Er hatte getrunken. Nun, da meine Sinne wieder normal arbeiteten, konnte ich die leichte Ausdünstung von Bier und Schweiß wahrnehmen, die von seinem T-Shirt und seinen Jeans ausging, und hörte, daß er undeutlich sprach. Der kühne Pirat mit dem flotten Lächeln und dem funkelnden Goldohrring unterm silbergrauen Haar war heute morgen offenbar nicht im Dienst. Der Mann vor mir sah aus wie ein hartgesottener Schurke, die verschlungenen Tätowierungen betonten seine muskulösen Arme, und sein finsterer Blick sollte einschüchtern.
    Bei mir bewirkte er jedoch eher das Gegenteil. »Eigentlich dachte ich, Sie wären nicht so blöd, wegen etwas derart Harmlosem ein solches Theater zu machen«, provozierte ich ihn.
    Seine Augenbrauen senkten sich bedrohlich. »Hören Sie, ich habe Ihnen doch gesagt …«
    »Robbie wollte uns helfen«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Also habe ich ihn gelassen. Ich habe ihn nicht mit hinaus aufs Feld genommen und ihn gezwungen, mit den Toten zu sprechen oder so etwas. Ich habe ihn nur mit einer Handvoll Scherben spielen und mir seine Eindrücke mitteilen lassen. Für ihn ist es wirklich ein Spiel, Brian. Es ist kein Risiko dabei.«
    Brian McMorrans braune Augen wurden gefährlich schmal. Mit bemerkenswert ruhigen Händen steckte er sich eine Zigarette zwischen die Lippen, hielt ein Streichholz daran und inhalierte tief. »Und woher wollen Sie wissen«, fragte er kalt, »daß kein Risiko dabei ist? Kennen Sie denn überhaupt die Risiken?«
    Ich wußte keine Antwort darauf und breitete nur in einer frustrierten Geste die Hände aus. »Warum sind Sie so strikt dagegen, daß Robbie seine Fähigkeiten nutzt , um …«
    »Das bin ich nicht«, fuhr Brian mich an. »Aber er soll sie für sich selbst nutzen, nicht für andere. Es ist seine Gabe, und niemand anders hat ein Recht darauf.«
    »Aber er möchte so gerne helfen.«
    »Sie nutzen ihn aus.«
    »Ich nutze ihn nicht aus«, widersprach ich ruhig. »Ich lasse Robbie nur tun, was er tun möchte.«
    »Ach, wirklich?« Er hob die Zigarette an die Lippen und starrte mich unverwandt an, aber als er – immer noch leicht nuschelnd – wieder etwas sagte, klang seine Stimme weniger aufgebracht. »Also gut. Sie können mit den Scherben weitermachen, wenn es ihm soviel Spaß macht, aber das ist alles, verstanden? Wenn ich herausfinde, daß Sie ihn mehr tun lassen als das – und ich finde es heraus, darauf können Sie sich verlassen …«
    Na toll , dachte ich und versuchte, mein ungutes Gefühl mit Humor zu vertreiben. Jetzt sag bloß noch, daß du auch hellsichtig bist .
    Er hörte plötzlich auf zu reden und beobachtete mich. Und dann verzog sich sein Mund unfaßlicherweise zu einem wissenden Lächeln.
    »Sind Sie erst jetzt darauf gekommen?« fragte er. Er schnippte die Zigarette weg und kam auf mich zu. Sein Lächeln wurde zu einer raubtierartigen Fratze, als ich instinktiv einen Schritt zurücktrat und gegen die kalte Stallwand stieß.
    »Haben Sie Angst, Miss Grey? Wovor? Vor mir?«
    »Natürlich nicht.«
    »Oh, doch. Ich glaube, Sie haben Angst.« Er blieb nur wenige Zentimeter vor meinem Körper stehen und stützte sich mit beiden

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