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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Dinge manchmal etwas zu wörtlich nahm. »Nach all der Zeit in der Erde werden dort keine toten Körper mehr sein, sondern nur Knochen. Trockene Knochen.«
    Robbie überlegte mit in die Ferne gerichtetem Blick. »Nein«, sagte er dann, »ich glaube, es gibt keine Knochen dort. Jedenfalls keine Menschenknochen.«
    Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und griff ein. »Also die Soldaten, die römischen Soldaten, sind noch hier, aber ihre Körper sind nicht mehr hier.«
    Der dunkle Lockenkopf nickte. »Ja.«
    »Was ist mit den Körpern passiert, Robbie?«
    Auf diese Frage wußte er keine Antwort, aber er wußte, wer uns eine geben konnte. »Ich könnte den Wächter für Sie fragen«, erbot er sich eifrig. »Er wird alles darüber wissen.«
    Wally, Jeannie und ich wechselten schnell ein paar Blicke, ohne uns etwas anmerken zu lassen. »Tja, weißt du«, antwortete ich gedehnt, »ich glaube nicht, daß das eine gute Idee wäre.«
    »Dad braucht nichts davon zu erfahren.«
    Überrascht sah ich ihn an. Wir hatten alle sorgsam darauf geachtet, Robbie nichts von Brians wütendem Verbot, ihn noch einmal mit dem Wächter sprechen zu lassen, zu sagen. Was immer ich von Brian McMorran halten mochte – ich konnte es nicht über mich bringen, ihn in den Augen seines Sohnes als Bösewicht hinzustellen. Doch wir hatten schlichtweg vergessen, daß es absolut unmöglich war, irgendwelche Geheimnisse vor Robbie zu haben, denn wenn er auch nicht die Gedanken seines Vaters lesen konnte, so fing er doch die von uns anderen mit Leichtigkeit auf.
    »Also«, sagte Jeannie, »es wäre wirklich nicht in Ordnung, etwas zu tun, was dein Vater nicht gutheißt. Und es zu tun, ohne ihm etwas davon zu sagen, wäre dasselbe wie lügen.«
    Robbie schienen diese moralischen Bedenken nicht sonderlich zu belasten. Ich mußte ein Lächeln unterdrücken, als ich versuchte, Jeannies Argumente zu unterstützen. »Außerdem«, wandte ich ein, »bist du beim letztenmal davon krank geworden, weißt du nicht mehr? Wir wollen doch nicht, daß so etwas wieder passiert.«
    »Aber er will mit Ihnen sprechen.«
    Ich riß die Augen auf. »Mit mir?«
    »Ja, klar. Er versucht es manchmal, aber Sie können ihn nicht hören, und dann geht er wieder weg.«
    Meine Finger klammerten sich reflexartig um die Teetasse. »Er versucht, mit mir zu sprechen?« wiederholte ich verdattert.
    »Er mag Sie«, lautete die Erklärung des Jungen. »Ich glaube … ich glaube, Sie erinnern ihn an jemanden, Miss Grey. Er sieht Sie manchmal so an, als ob … na ja, er sieht Sie halt gern an.«
    »Verstehe.«
    »Er folgt Ihnen nämlich«, fügte Robbie hilfsbereit hinzu. »Damit Sie immer in Sicherheit sind.«
    Auch Sicherheit, dachte ich, war ein relativer Begriff. Meine Finger waren immer noch um die leere Teetasse gekrampft. Ich zwang mich, sie zu lösen, und schüttelte sie, um die schmerzhafte Anspannung zu lockern.
    Jeannie beobachtete mich nachdenklich. »Es muß an den Haaren liegen«, meinte sie.
    »Wie bitte?«
    »Die meisten Männer haben eine Schwäche für schönes langes Haar.«
    Ich strich befangen meinen Zopf zurück, und Wally warf mir einen scherzhaft bewundernden Blick zu.
    »Jetzt ham Sie schon drei«, bemerkte er. »Drei Schatten, die Ihnen folgen. Unseren Robbie, den Hund und ein altes römisches Gespenst.«
    »Ich bin kein Schatten«, verteidigte Robbie sich und reckte trotzig das Kinn. »Ich bin ein archäologischer Assistent, stimmt’s, Miss Grey?«
    »Ja, Robbie, du bist ein sehr guter Assistent.«
    »Und Kip ist auch kein Schatten.«
    Der Collie unter dem Tisch hob den Kopf, als er seinen Namen hörte. Er gähnte ausgiebig und sah mich an, wobei sein Schwanz hoffnungsvoll ein paarmal auf den Boden schlug. Wally erhob sich mit einem Pfiff. »Also komm«, forderte er den Hund auf, worauf Kip einen freudigen Satz machte und zur Tür tapste. Wally drückte halb im Gehen seine Zigarette aus und sah mich dabei mit zusammengekniffenen Augen durch den aufsteigenden Rauch hindurch an. »Möchten Sie nich mitkommen, zurück zum Haus? Ich kann die Sachen da für Sie tragen«, sagte er und deutete auf die flache Kiste mit den Topfscherben.
    Das war sehr galant von ihm, fand ich – nicht sein Angebot, die Scherben für mich zu tragen, denn die waren kein bißchen schwer, sondern daran zu denken, daß ich an diesem Abend vielleicht nicht gern allein zum Haus zurückgehen wollte. Nicht diese lange Auffahrt hinauf, an deren Rändern sich die Bäume unheimliche Dinge

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