Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
ein Experiment.«
»Ach, wirklich?«
»Ja. Dein Wächter beschützt dich zwar, aber er ist kein eifersüchtiger Hitzkopf.«
»Und woher weißt du das?«
»Na ja, er hat mich nicht zu Boden geschmettert.« Sein Grinsen war sehr selbstsicher.
»Wahrscheinlich ist er ein schlechter Menschenkenner«, flapste ich zurück und holte tief Atem, um mein immer noch rasendes Herz zu beruhigen. »Außerdem würde ich an deiner Stelle lieber nicht so selbstgefällig gucken … vielleicht hat der Wächter nur gerade nicht aufgepaßt.«
»Du solltest mich nicht so unterschätzen, Mädchen. Ich bin Wissenschaftler.«
Mein Atem stockte erneut. »Und was soll das nun wieder heißen?«
»Das heißt, daß ich mich bei der Überprüfung einer Hypothese niemals auf ein einziges Experiment verlasse.« Als er sich zum zweitenmal über mich beugte, sah ich ein triumphierendes Blitzen in seinen blauen Augen, in diesen lachenden blauen Augen, die auf einmal alles waren, was ich wahrnehmen konnte. Dann sah ich auch sie nicht mehr, und minutenlang kamen all meine Gedanken zum Stillstand.
»Du hörst mir ja schon wieder nicht zu«, sagte Adrian vorwurfsvoll und wirbelte auf seinem Stuhl herum, um mich halb amüsiert, halb verärgert anzusehen.
Ich setzte den Bleistift ab, mit dem ich gedankenverloren auf einem Blatt Papier herumgekritzelt hatte. »Ich höre dir zu.«
»Nein, tust du nicht.«
»Doch.« Tapfer versuchte ich zu raten. »Du hast gesagt, daß du heute einigen Erfolg damit hattest …«
»Ich habe gerade gesagt, daß wir von einer Armee von ein Meter achtzig großen Killerpinguinen angegriffen werden, und da du daraufhin nicht einmal mit der Wimper gezuckt hast, muß ich davon ausgehen, daß du nicht zugehört hast.«
»Ach so.«
»Allerdings, ach so.« Er lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück, zog den Papierkorb unter dem Schreibtisch hervor und stellte seine Füße darauf ab. »Aber ich werde es heute ausnahmsweise mal nicht persönlich nehmen; ich schätze, daß du noch unter dem Eindruck deines morgendlichen Abenteuers stehst.«
Sein Kommentar zielte ganz klar darauf ab, mich auszuhorchen und mehr zu erfahren, und war nicht nur zufällig dahingesagt. Ich seufzte, als ich seinen wissenden Gesichtsausdruck sah. »Wie hast du das denn erfahren?«
»Oh, ich weiß vieles.«
»Adrian …«
»Also schön, wenn du darauf bestehst.« Er grinste. »Ich habe die ganze Geschichte von einer deiner Assistentinnen.«
Ich verbarg mein Gesicht in den Händen. »O Gott.«
»Nein, es war die Rothaarige. Die mit den bombastischen …«
»Und was genau hat sie dir gesagt?« wollte ich wissen.
»Nur, daß du Brian k. o. geschlagen hast.«
»Daß ich …?«
»Hätte ich dir gar nicht zugetraut, Darling«, sagte er bewundernd und verschränkte seine langen Finger ineinander. »Aber deine Assistentin behauptet, dein linker Haken sei wirklich nicht zu verachten.«
»Aber sie kann doch gar nicht gesehen haben …«
»O doch. Offenbar hat sie eure lauten Stimmen gehört und gerade um die Ecke gelugt, um nachzusehen, was los ist, als du Brian zu Boden gestreckt hast.«
Aus einem bestimmten Blickwinkel mochte es tatsächlich so ausgesehen haben, räumte ich ein. »Aber ich habe niemanden gesehen.«
»Nein … sie ist halt ein höfliches junges Ding, und als sie sah, daß ihr alles so gut im Griff hattet, du und Fortune, wollte sie ihre Nase wahrscheinlich nicht in Dinge stecken, die sie nichts angehen.«
Ich rieb mir die Stirn und schloß die Augen. »Und wie vielen Leuten hat sie deiner Meinung nach schon davon erzählt?«
»Bisher nur mir, soweit ich weiß. Aber natürlich«, fuhr er fort, ehe sich Erleichterung bei mir breitmachte, »konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, die Geschichte mit ein paar meiner eigenen Assistenten zu teilen.«
»Oh, Adrian.«
»Sag nicht immer ›oh, Adrian‹. So eine Geschichte kann man einfach nicht für sich behalten.«
»Aber jetzt wissen alle davon.«
»Na und, warum auch nicht? Das kann dein Ansehen bei den Studenten nur noch heben, Darling. Meine Jungs fanden dich sowieso schon ziemlich umwerfend – jetzt haben sie geradezu Ehrfurcht vor dir.«
Ich zählte rückwärts von zehn bis eins. »Sehr schmeichelhaft. Aber ich habe Brian nicht geschlagen.«
Adrian hob die Augenbrauen. »Es war doch wohl nicht unser Mister Fortune?«
»Nein, natürlich nicht, sei nicht blöd.«
»Also, wer dann?«
»Du wirst es mir nicht glauben«, warnte ich ihn.
»Doch, werde ich. Wer
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