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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Kopf. Invasion und Gemetzel und sofortige Rache, ein endloser Kreislauf von Feuer und Schwert. Kein Wunder, daß die Erde hier blutrot war.
    »Die Festung«, sagte Nancy Fortune, »war der Lieblingsplatz von meinem Davy, als er noch ein Junge war. Dort ist er immer hingegangen, wenn er nachdenken wollte. Es ist ein ruhiger, friedlicher Ort – nur Gras und Erdwälle und diese beiden Kanonen, die aufs Meer gerichtet sind.«
    Jeannie nickte zustimmend und fügte mit ernstem Gesicht hinzu: »Und es ist einer der wenigen Plätze, wo man den Haggis noch sehen kann.«
    »Ja, richtig«, meinte die ältere Frau. »Überall wilde Haggis. Sie graben gern ihre Höhlen in die Erdwälle.«
    Ich weigerte mich, darauf hereinzufallen, und schlenderte langsam zum nächsten Exponat.
    Hier hatte jemand eine Idee gehabt, die mich beeindruckte. Trotz all meiner Besuche in zahlreichen Heimatmuseen hatte ich noch nie etwas Vergleichbares gesehen. Statt sich nur auf Fotos und Zeichnungen zu stützen, um den Besuchern ein Fischerboot zu zeigen, hatten sie einen richtigen Kutter aufgebaut, zumindest die vordere Hälfte davon.
    Ich betrat die Brücke und spielte wie ein Kind mit dem glänzend polierten Steuerrad. Staunend blickte ich durch das Glasfenster auf die Taue und Netze und Fischbehälter, die auf dem »Deck« aufgestapelt waren. Sogar eine ausgestopfte Silbermöwe hockte auf dem Bug, den ein imaginärer Wellengang in die Höhe hob. Ich fand den Aufbau großartig und verhehlte meinen Begleiterinnen meine Begeisterung nicht.
    »Ja, es ist schon beeindruckend«, antwortete Davids Mutter. »Aber Sie haben unser bestes Stück noch nicht gesehen. Das heben wir uns immer bis zum Schluß auf.«
    Erwartungsvoll folgte ich ihr durch den Rest der Ausstellung, bis wir schließlich am Ende des Rundgangs angelangt waren und schon fast wieder in der Eingangshalle standen.
    »Hier.« Sie blieb mit dramatischer Geste vor der letzten Wand stehen. » Das ist der Schatz unseres Museums.«
    Alles, was ich sah, war ein Wandteppich, und ein moderner noch dazu. Er war schön, ja, aber nicht gerade etwas, was man als den …
    »Der Eyemouth-Wandteppich«, unterbrach die Stimme meiner Führerin meine Gedanken. »Vierundzwanzig Frauen haben zwei Jahre lang daran gearbeitet, um ihn zum hundertsten Jahrestag des Unglücks fertigzustellen.« Sie warf mir einen fragenden Seitenblick zu. »Sie haben doch sicher von dem großen Unglück gehört?« wollte sie sich vergewissern.
    »Gehört schon, aber …«
    Jeannie unterbrach mich. »Wir dachten, wir überlassen es dir, Verity die Geschichte zu erzählen, weil du es am besten kannst.«
    »Och, das ist nicht so schwer. Jedes Kind hier in Eyemouth könnte sie erzählen. Es geht um das große Fischerunglück an der Ostküste«, erklärte sie mir und sprach die Worte mit gedehnter Betonung aus. »Sie nannten es auch den ›schwarzen Freitag‹. Und obwohl seitdem mehr als hundert Jahre vergangen sind, erzählen die Leute immer noch davon, als wäre es gestern erst passiert.« Sie verschränkte die Arme und seufzte leise, ehe sie zu erzählen begann. »Es geschah im Oktober. Eine Schlechtwetterperiode hatte die Boote tagelang im Hafen festgehalten, aber der Morgen des schwarzen Freitags zog klar und sonnig herauf, und nur ein leichtes Lüftchen regte sich. Die Fischersfrauen begannen die Netze mit Ködern zu bestücken, und die Männer bereiteten sich auf einen schönen Fangtag vor, obwohl das alte Gemeindewetterglas unten am Molenende einen niedrigeren Stand zeigte als jemals zuvor.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein paar Fischer waren dadurch argwöhnisch geworden. Aber der Tag sah vielversprechend aus, und die See war so ruhig, daß einige der jüngeren Männer ablegten und hinausfuhren.« Als geübte Geschichtenerzählerin machte sie an dieser Stelle eine Pause und ließ den Satz verklingen, bis ich nachfragte.
    »Was geschah dann?«
    »Nun, es ist eine Frage der Ehre, daß alle hinausfahren, wenn auch nur ein Boot zum Fischen ablegt. So segelten sie also früh morgens vom Hafen los und fuhren zu ihren Fischgründen. Vier Stunden lang fischten sie, und dann, gegen Mittag, begann eine plötzliche Veränderung mit der See. Es war die Stille, die sie warnte … eine furchtbare Stille … doch noch ehe sie die Netze einholen und wenden konnten, war der ganze Himmel schwarz, und ein brüllender, tobender Sturm erhob sich.«
    Sie zeigte auf das erste Feld des Teppichs. Vor dem leuchtend blauen Hintergrund des Meeres,

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