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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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unlogischsten Dinge völlig vernünftig klingen zu lassen. Das war ein Talent, mit dem er allein in dieser Woche schon drei Debatten mit Adrian während des Mittagessens gewonnen hatte.
    Heute jedoch schien niemand geneigt, eine Diskussion zu beginnen. Da es Freitag war und David nicht in Edinburgh unterrichten mußte, waren wir zu fünft und saßen, immer Männlein und Weiblein abwechselnd, im Halbkreis um das eine Ende des langen Tisches. Peter saß am Kopfende mit dem Rücken zum Kamin, und Fabia und ich nahmen die Plätze zu seiner Linken und Rechten ein. Adrian hatte als Linkshänder den Stuhl neben Fabia zugewiesen bekommen, was seinem linken Arm ausreichend Bewegungsfreiheit ermöglichte und ihm gleichzeitig gestattete, ein wachsames Auge auf mich zu haben.
    Denn Adrian war ein Einzelkind; er teilte nicht gern.
    Wenn David sich etwas näher zu mir beugte oder etwas sagte, was mich zum Lachen brachte, mischte Adrian sich jedesmal geschickt ein, wie ein Kind, das eifersüchtig ein abgelegtes Spielzeug bewacht und es niemand anderem gönnt. Da er unverbesserlich war, ignorierte ich ihn meistens und zählte im Geist von hundert rückwärts, während ich zu dem gegenüberliegenden Fenster hinaus auf den friedlichen Anblick von Garten, Feld und Himmel sah. Heute, stellte ich fest, bewunderte ich die Aussicht öfter als gewöhnlich, nicht nur wegen Adrian, sondern weil ich einfach nicht wußte, wo ich sonst hinsehen sollte.
    Jeannie hatte sich wie gewöhnlich selbst übertroffen und tischte Platten mit Schinken, Karotten in Senfsauce, Pastinaken und goldgelben, köstlich knusprigen Bratkartoffeln auf. Doch noch nicht einmal Jeannies Kochkünste konnten die seltsame Spannung auflösen, die sich über den Mittagstisch gelegt hatte. Eine Spannung, die so dicht war, daß man sie wie eine Rauchwolke mit jedem Atemzug einatmete und mit halb unterdrückten, räuspernden Geräuschen, die als Gesprächsersatz dienten, wieder heraushüstelte. Der Stimmungswechsel hatte offenbar etwas mit Brian McMorrans Heimkehr zu tun, obwohl niemand seinen Namen erwähnte und er selbst nirgends zu sehen war. Ich vermutete, daß er in der Küche mit seiner Frau zusammen aß, und als ich wieder einmal aus dem Fenster sah, wußte ich, daß meine Vermutung richtig war. Wally Tyler pflegte normalerweise zur Mittagszeit immer lange beim Tee zu verweilen, aber heute sah man seine Mütze in unregelmäßigen Abständen hinter der Gartenmauer auftauchen, umgeben von ärgerlich ausgestoßenen Wölkchen Zigarettenrauchs, die in die regenfeuchte Luft aufstiegen.
    Der Regen hatte sich nur als kurzer Schauer herausgestellt – ein »Platsch«, wie David es nannte –, und die Sonne begann schon wieder, die Wolken zu zerstreuen. Unsere Gruppe zerstreute sich ebenfalls, kaum daß die Teetassen geleert waren. Peter machte einen Spaziergang in die Stadt, um die Post zu holen, und David und Wally gingen zurück zum Befestigungsgraben. Adrian, der Fabia überredet hatte, ihm bei seiner Bodenuntersuchung zu helfen, schlenderte pfeifend mit dem Radargerät im Schlepptau hinunter zur Südwestecke.
    Ich hätte wahrscheinlich jedem von ihnen ein wenig zur Hand gehen können, aber da ich im Moment nirgendwo wirklich gebraucht wurde, beschloß ich, eine Weile mit Kip hinter den Principia zu spielen und Stöckchen für ihn zu werfen.
    Hier konnte ich mich wenigstens wirklich nützlich machen, und Kip war ein williger Stöckchenholer. Nicht wie der Hund meiner Eltern, der sich alles, was man für ihn warf, zwischen die Zähne klemmte und sich hartnäckig weigerte, es zurückzubringen. Kip brachte den Stock nicht nur zurück, er legte ihn sogar ordentlich vor meinen Füßen ab und wartete mit hochgezogenen Lefzen darauf, daß ich ihn erneut warf, worauf er sich mit einem eleganten tänzerischen Sprung umdrehte und voller Begeisterung dem Stock zwischen dicht verzweigtem Unkraut und wilden Blumen hinterherjagte.
    Gerade brachte er ihn wieder einmal – wie mir schien zum tausendstenmal – zurück, als er plötzlich stehenblieb, den Kopf hob und die sich langsam erwärmende Luft schnupperte. Nach dem zweiten Schnuppern legte er den Stock sanft im Gras ab und sah erwartungsvoll zur Auffahrt hin, wobei er mit seinem buschigen Schwanz wedelte und ein leises, ungeduldiges Jaulen hören ließ. Ich hatte dieses Verhalten schon öfter an ihm beobachtet, seit ich auf Rosehill war – er zeigte es immer, wenn ein Auto die Auffahrt heraufkam oder einer von uns von einem

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