Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)
meine Richtung auf seine Armbanduhr. »Aber wenn du mich ins Wasser stoßen willst, Mädchen, solltest du es besser auf der anderen Seite des Hafens machen, sonst kommen wir zu spät zur Auktion.«
Adrian wurde leicht grün im Gesicht. »Meinst du die Fischauktion?«
»Ja. Sie hat noch nie eine gesehen.«
»Na so etwas.« Das Lächeln, das er zustande brachte, wirkte so gequält, daß ich lachen mußte.
»Du mußt nicht mitkommen, das weißt du.«
»Nein, nein«, wehrte Adrian mit einem gespielt gelangweilten Blick auf meinen schottischen Begleiter ab. »Die Auktion findet ja in einer offenen Halle statt, dann macht es mir nichts aus.«
»Und du bist wirklich ganz sicher«, hakte ich nach, »daß du keinen Kater hast?«
»Ganz sicher. Fischgeruch dreht mir jedesmal den Magen um, ob ich getrunken habe oder nicht. Das weißt du doch.« Sein Ton hatte wieder diese vertrauliche, intime Note angenommen, und als wir zu dritt über den Mittelpier zurückgingen, legte er wie nebenbei seinen Arm um meine Schultern, nicht auf die normale, freundschaftliche Art, sondern mit einer unnachgiebigen, besitzergreifenden Geste.
Ich versteifte mich – ich war noch nie gern als Besitztum behandelt worden –, aber es war schließlich nicht meine Reaktion, die Adrian interessierte. Der männliche Teil der Menschheit, dachte ich mit einem Seufzer, konnte einen wirklich manchmal rasend machen. Als wir an Brians Boot vorbeikamen, dessen Netze ordentlich entlang des Piers aufgerollt waren, tat ich, als würde ich stolpern, und entwand mich geschickt Adrians Umarmung.
Er schien kaum zu bemerken, daß ich ihm entwischte. Mit einem Blick auf den leuchtend roten Schiffsrumpf rieb er sich nachdenklich das Kinn. »Hat jemand Brian heute schon gesehen?«
»Er war vorhin oben beim Haus«, berichtete ich. »Er und Fabia wollten irgendwelche Kisten entladen und wegbringen, glaube ich.«
»Wohin wollten sie sie bringen? Nach Rosehill?«
»Ja, ich denke schon. Warum?«
»Nur so.« Er zuckte die Achseln und schlenderte scheinbar unbekümmert weiter. »Es war nur keiner von beiden zu sehen, als ich aufwachte, und ich fragte mich, wo sie stecken.«
Adrians Problem war, dachte ich ein wenig spöttisch, als ich zusah, wie er ein weiteres Netzknäuel mit der Fußspitze aus dem Weg stieß, daß er keine Konkurrenz ertragen konnte. Er erinnerte mich an einen Revolverhelden aus einem Western, der sich in die Brust wirft und mit drohender Stimme hervorstößt: »Diese Stadt ist zu klein für uns beide.« Rosehill war auf jeden Fall zu klein für zwei Schürzenjäger wie Adrian und Brian, wenn nur eine Blondine zugegen war … Es würde ein sehr langer Sommer werden, dachte ich mit einem neuen, schwachen Seufzer.
Adrian hörte ihn und sah mich an. »Was ist los mit dir, Verity? Du klingst wie ein alter Uhu.«
Glücklicherweise umrundeten wir gerade das untere, schmale Ende des hufeisenförmigen Hafenkais und kamen an dem Kühlhaus vorbei, wo das Dröhnen der Motoren jede Unterhaltung unmöglich machte. Als wir schließlich den überdachten Fischmarkt erreichten, hatte Adrian seine Frage längst vergessen.
»Wann, sagtest du, fängt die Auktion an?« fragte er David.
»Um vier Uhr.«
»Aha.« Adrian warf einen skeptischen Blick auf die schattige, leere Halle und die müßig wartenden Lieferwagen. »In zwanzig Minuten also.«
David sah nach der Turmuhr der Auld Kirk und nickte bestätigend. »Ja, stimmt.«
»Mir scheint«, bemerkte Adrian, »es herrscht ein deutlicher Mangel an Fischen.«
»Dir mangelt es an Glauben, das ist dein Problem.« David warf einen zweiten Blick auf die Kirchturmuhr und deutete dann über die Straße auf etwas, das nach einem Café aussah. »Hat jemand Lust auf einen Kaffee oder …«
»Allerdings, ich könnte ein Pint gebrauchen«, schnitt Adrian ihm das Wort ab und begann, auf die weißen Mauern des Ship Hotels zuzumarschieren, die ein paar Meter weiter an der Hafenstraße lockten.
Der rote Jaguar prangte glänzend und unübersehbar auf dem Hotelparkplatz, und David strich mit einer Hand über die Motorhaube. »Du hast ihn wieder, sehe ich«, sagte er zu Adrian. »Und noch dazu unversehrt. Wirklich ein Wunder.«
»Warum, ist Quinnell ein so schlechter Fahrer?«
David zuckte die Achseln. »Ich habe ihn noch nie fahren sehen.«
Auch ich hatte ihn noch nie am Steuer gesehen, fiel mir auf, jedenfalls nicht vor letzter Nacht. Ich warf David einen ahnungsvollen Seitenblick zu. Er betrachtete immer noch den
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