Die Geisterseherin (German Edition)
Dann entschuldigte sie sich und lief zu Makoto hinüber. „Hey, Makoto.“, sprach sie ihn an.
Der rothaarige Junge saß an seinem Platz und schien sich etwas zu notieren. Als sie näher hinsah, erkannte sie, dass es sich um Notizen aus dem Unterricht handelte, von denen er sich jetzt eine grobe Zusammenfassung heraus schrieb.
„Wow, du bist aber fleißig.“, merkte sie an und meinte dies auch ehrlich. Sie fand, dass der rothaarige Junge mit den kecken zwei Ohrringen im rechten Ohr, nicht wirklich wie ein Streber aussah. Aber jetzt, wo sie die Genauigkeit seiner Notizen sah, bemerkte sie erst, wie stark sie sich von seinem Äußeren hatte täuschen lassen. Makoto legte derweil den Stift nieder und seufzte laut.
„Ich bin letztes Jahr durchgefallen, genauso wie Miu. Ich will nicht, dass dies noch einmal passiert... verstehst du?“
In seinem Blick lag etwas sehr Wehmütiges.
„Huh? Wirklich? Ich hatte das Gefühl, dass Miu eine außerordentlich gute Schülerin sei...“ Sie konnte sich wirklich nicht vorstellen, dass ausgerechnet Miu sitzen geblieben sein soll. Das Mädchen hatte in der ganzen Zeit, in der Mikoto nun schon an der Schule war im Unterricht noch nie etwas falsches gesagt!
„Naja... wie sind im letzten Jahr wegen... privaten Problem sehr abgestürzt.“
„Achso... Du, ich muss mit dir wegen etwas reden, dass vielleicht etwas... abwegig klingt. Ich brauche dringend eine Information, die vermutlich nur du mir geben kannst...“
Makoto hob den Kopf, er hatte bis jetzt auf den Zettel vor sich gestarrt, und blickte nun Mikoto fragend an. Dann schüttelte er den Kopf und meinte nur trocken: „Ich glaube nicht, dass es noch etwas gibt, dass für mich abwegig klingt.“
Er nahm den Stift wieder in die Hand und begann zu schreiben. „Ich würde aber gerne das hier zu Ende schreiben, bevor die nächste Stunde beginnt, Mikoto. Kann dein Anliegen bis zur Mittagspause warten?“
Mikoto lies ihren Blick durch das Klassenzimmer wandern, von dem Geist war nichts zu sehen.
„Ja, das ist kein Problem.“, antwortete sie schließlich und bedankte sich, bevor sie zurück zu ihrem Platz lief.
Auf Yuki's fragendem Blick, riss sie ihre Situation zwar grob an, zu mehr kam sie aber nicht, da bereits die zweite Stunde startete. Der Unterricht schleppte sich dahin und schließlich begannen die letzten beiden Stunden vor der Mittagspause, Hauswirtschaft beziehungsweise Technik, je nachdem, welchen Geschlecht man angehörte. Man konnte zwar offiziell auch das jeweils andere Fach wählen, doch bis auf ein paar wenige Ausnahmen, verstreut über sämtliche Parallelklassen, waren alle Jungen und Mädchen brav ihrem vorgegebenen Rollenbild gefolgt. Einer der Ausnahmen war natürlich Yuki, aber das war nicht verwunderlich, denn für seinen Hauswirtschaftsclub war dieses Unterrichtsfach Pflicht. Ohne eine gute Note darin, ließ die zuständige Lehrerin niemanden in den Club. Diesen Freitag kochten die Mädchen im Unterricht ein deutsches Gericht, welches Nudeln und Linsen beinhaltete. Die Lehrerin selbst hatte es einst auf einer Urlaubsreise in einem kleinen Lokal gegessen und das Rezept mit nach Japan gebracht. Die meisten Schülerinnen schauten bei der seltsamen Kombination dennoch etwas komisch aus der Wäsche, ein paar von ihnen zeigten sogar offen Ekel. Auch Mikoto probierte das fertig gekochte Gericht mit sichtlichem Zögern und einem flauen Gefühl im Magen, war dann aber erstaunt, als sie feststellte, dass es besser schmeckte, als es aussah – oder auch klang. Der größte Vorteil für die Schüler in diesem Unterrichtsfach war, dass man dort meist etwas essen konnte und sich damit die Kosten für den Kiosk oder die Schulmensa sparte. Das wiederum sparte natürlich einiges an Pausenzeit ein, welche einige Schülerinnen dafür nutzten, um heimlich das Schulgelände in der Mittagspause zu verlassen und ein nahegelegenes Café aufzusuchen. Die feinen Kuchen dieses Cafés war innerhalb der Schule schon vor langer Zeit als legendär bezeichnet worden. Mikoto wurde ebenfalls von einem Mädchen ihrer Klasse gefragt, ob sie mitkommen möchte, musste das Angebot aber ablehnen. Nachdem sie bereits widerwillig vor einigen Tagen das Angebot, mit ins Schwimmbad zu gehen, abgelehnt hatte, kam sich Mikoto jetzt wirklich in der Klasse wie eine Außenseiterin vor. Auch wenn dem nicht so war, schließlich war sie durch ihren verbalen Angriff auf Momonari in der Beliebtheitsskala ganz weit nach oben geschossen, versprach sie vorsichtshalber
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