Die Geisterseherin (German Edition)
würde... und egal wie viel Zeit auch verging, ihr Zustand besserte sich einfach nicht.
Ein paar Monate später spielten einige Mitschüler Yuki, der damals in der Klasse nicht wirklich beliebt war, einen üblen Streich und trugen ihn für das Jahresfest als freiwilligen Helfer im Drama-Club ein. Es folgte eine Verkettung von Missverständnissen und erkrankten Clubmitgliedern und was als harmloser Streich begann, endete schließlich damit, dass Yuki eine der weiblichen Rollen in der Schulaufführung spielen musste. Da er auch noch als Zwillingsbruder seiner toten Schwester entsprechend feminin aussah und die Pubertät an ihm noch keine wirklichen Spuren hinterlassen hatte, gab es für ihn auch keine Fluchtmöglichkeit. Er wurde einfach überstimmt, sogar der Lehrer, welcher den Drama-Club leitete war dafür, dass Yuki die Rolle spielte.
Er fand sich jedenfalls irgendwann damit ab und hatte am Vorabend der Aufführung die Sachen, die er vom Drama-Club für die Rolle bekomme hatte, anprobiert, um sich wenigstens an den Anblick zu gewöhnen. Trotz allem hatte er bis zur letzten Minute gegen das Outfit gekämpft und war zuerst mit seinem Anblick im Spiegel überhaupt nicht zufrieden. Vor allem auch, weil er damit überhaupt nicht mehr so aussah, wie er... sondern so, wie Megumi ausgesehen hätte.
Es war genau zu diesem Zeitpunkt, als er das Kleid anprobierte, als seine Mutter herein kam – und ihn für seine Zwillingsschwester Megumi hielt, die ja eigentlich verstorben war. Yuki ließ das auf sich beruhen, er war sogar froh darüber, dass seine Mutter an diesem Abend ruhig blieb und absolvierte am nächsten Tag seinen Pflichtauftritt unter den Pfiffen seiner Klassenkameraden. Sich erniedrigt fühlend gab er das Kleid auch noch am gleichen Abend dem Drama-Club zurück.
Am Abend stellte die Familie dann überrascht fest, dass es seiner Mutter noch immer ein gutes Stück besser ging, sie hatte sogar Essen gekocht, statt wie sonst den halben Tag nur nach Megumi zu suchen! Der Zustand hielt jedoch nicht lange an, schon wenige Tage später fiel Yuki's Mutter in ihr altes Muster zurück.
Erst jetzt erzählte Yuki seinem Vater von dem Auftritt und den Geschehnissen davor und schließlich vermutete der Vater, dass „Megumi's“ Erscheinen zu der Verbesserung des Zustands seiner Frau geführt hatte.
„Seitdem schlüpfe ich fast jeden Tag in die Rolle meiner Zwillingsschwester... meiner Mutter geht es dadurch immer besser und inzwischen ist es sogar fast so, als wäre sie gar nicht verrückt geworden.“, beendete Yuki seine Geschichte.
„Und warum trägst du das Outfit dann in der Schule?“
Yuki seufzte und begann erneut zu erzählen: „Am Anfang hatte es noch gereicht, wenn ich mich hier und da mal meiner Mutter in diesen Sachen gezeigt habe... Vater und ich hatten lediglich ein Outfit gekauft und auch gar nicht vor gehabt, es weiter auszuweiten. Ich schlüpfte ab und an hinein, zeigte mich meiner Mutter oder aß zusammen mit ihr Mittag und wurde dann wieder Yuki. Aber inzwischen reicht das leider nicht mehr aus. Sie will Megumi am Morgen verabschieden und am Abend empfangen... verstehst du? Wir mussten dafür sogar eine Schuluniform kaufen... Natürlich wollte ich, dass keiner davon etwas erfährt, am Anfang habe ich mich sogar immer heimlich in einer öffentlichen Toilette umgezogen, aber jemand aus unserer Schule hat das herausgefunden... und naja... ich habe aufgehört es zu verbergen...“
„Ich verstehe... dann trägst du es also fast rund um die Uhr, damit es deiner Mutter besser geht? Das ist der einzige Grund dafür, dass du als „Megumi“ lebst?“
Yuki nickte.
„Nicht jeden Tag... aber es kommt schon vor, dass ich meinen Tag als Megumi starte und als sie auch zu Bett gehe... Ja, an manchen Tagen trage ich nichts anderes... als ihre Kleider.“
„Hmm... vielleicht ist dies der Grund, warum sie dir folgt... weil sie will, dass du dein eigenes Leben lebst?“
Mikoto blickte kurz zu dem Geist von Megumi, der reglos in der gleichen Pose, wie Yuki saß. Die Geschichte schien ihn jedenfalls nicht gerührt zu haben.
„Du behauptest also wirklich... dass Megumi hier ist?“
Mikoto nickte leicht.
„Es macht mir nichts aus, wenn du mir nicht glaubst, Yuki. Ich könnte das sogar verstehen. Die wenigsten Menschen haben mir bis jetzt meine Geschichte geglaubt. Am Ende ist es auch irrelevant. Zählen tut nur, dass sie verschwindet... auf die andere Seite geht.“
Sie blickte sich kurz um. Obwohl die Sonne inzwischen
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