Die Geisterverschwoerung - Mara deckt auf
geringsten Luftzug im Zimmer gab. Vorsichtig stand Mara aus ihrem Schaukelstuhl auf. Wer auch immer hier war â sie wollte ihn nicht stören.
Das Blatt Papier schwebte ein Stück über den Schreibtisch nach rechts. Darunter kam ein anderes Blatt zum Vorschein. Ob es der Schatten war, der das Papier bewegte? Zu sehen war jedenfalls nichts. Und nach seinem bedrohlichen Auftritt in der Bibliothek war dieser Trick eher lasch. Da war Adrian ja gruseliger, wenn er schlechte Laune hatte  â¦
Mara wollte gerade weiterlesen, als plötzlich etwas Braunes unter dem Papier hervorkrabbelte. Mara lachte auf. Ein Käfer! Er hatte das Blatt bewegt!
»Du musst das Spuken aber noch üben, Kleiner«, rief sie erleichtert und beugte sich amüsiert über das Tier. Es sah genauso aus wie der Käfer, den sie zuvor auf der Modelllandschaft gesehen hatte. Sicherlich gab es mehrere davon hier im Haus. Auf einmal schnupperte sie. Seltsam! Konnte es sein, dass der Käfer nach Vanille roch? Oder war es das Papier?
Erst jetzt widmete sie ihre Aufmerksamkeit dem Schriftstück, das der Käfer freigelegt hatte. Was für eine schräge, eigenwillige Handschrift! Es schien ein Brief zu sein; auf dem Absender oben links stand die Adresse dieses Hauses. Sie begann zu lesen:
Lieber Marek,
die Anzeichen häufen sich, dass ich das Ende dieses Jahres vielleicht nicht mehr erleben werde. (Vielleicht nicht einmal mehr die Modellbahn-Ausstellung nächste Woche, was sehr schade wäre, ich habe sie schon das letzte Mal verpasst.)
Es kommt mir selbst alles noch so unwirklich vor, aber die Lage ist ernst: Ich habe einen Verfolger, und ich glaube sogar, ich weiÃ, wer es ist. Wenn ausgerechnet dieser Geist mich in den letzten Tagen belauscht hat, dann gnade uns Gott! Die Welt wäre eine andere â¦
Du ahnst natürlich, worum es geht. Ich habe das Original aus Prag gut versteckt.
Sollte mir also etwas passieren, bitte ich dich als Freund und erfahrenen Geisterjäger: Nimm den Wisch und finde einen Weg, ihn zu vernichten. Du als Einziger kennst das Versteck. (Denk nach, es fällt dir bestimmt ein, wir sprachen mal darüber.) Und wenn du es nicht findest, dann fackel meinetwegen mein Haus ab! Dieses Papier gilt als unzerstörbar, deshalb wird es vermutlich nicht brennen, aber in der Asche wird es hoffentlich unauffindbar sein.
Danke für alles und viele GrüÃe
Prometheus
Mara holte tief Luft. Der alte Geisterjäger hatte seinen eigenen Tod vorausgesehen! Und er glaubte, dass ihn ein Geist verfolgt hatte. Etwa der Schatten, der inzwischen hier im Haus spukte? Mara fröstelte.
Eine knarrende Tür riss sie aus ihren Gedanken. Wo kam das her? Von unten, aus dem Wohnzimmer? Ihre Haut fühlte sich plötzlich eiskalt an, ein Schauer lief ihr über den Rücken.
»Mara? Bist du oben?«
Mara spürte die Erleichterung bis rauf in die Haar- und runter in die Zehenspitzen. Sybilla! Eilig griff sie sich den Brief und lief ins Wohnzimmer, wo die Geisterjägerin gerade einen Teller mit Kuchenstücken auf den Couchtisch stellte.
»Ich dachte, du hast bestimmt Hunger.« Als sie Maras Gesicht sah, erstarb ihr freundliches Lächeln. »Ist was passiert?«
Mara lieà sich aufs Sofa fallen und zögerte einen Moment. Wenn sie ihr Erlebnis einfach so hervorsprudelte, würde Sybilla erfahren, dass sie ein Blatt vom Schreibtisch genommen und gelesen hatte. Sie wollte Sybilla keinesfalls enttäuschen, deshalb behauptete sie, der Brief habe ganz oben auf dem Tisch gelegen. Was ja fast richtig war. Sybilla nahm ihn entgegen â und sackte in sich zusammen.
»Ja«, sagte sie und lieà sich aufs Sofa fallen. »Ich kenne den Brief seit ein paar Wochen. Er steckte in einem Umschlag in der Tasche von Prometheusâ Mantel. Vermutlich hat er ihn kurz vor seinem Tod geschrieben. Bis zur Post ist er damit allerdings nie gekommen.« Sie schloss die Augen und seufzte. »Ich öffne sonst keine Post, die nicht an mich gerichtet ist. Aber ich hatte das Gefühl, es tun zu müssen, weil er doch einen Hinweis enthalten könnte. Immerhin war er an einen der berühmtesten Geisterjäger gerichtet.«
Mara fand es fast unangenehm, dass Sybilla meinte, sich ihr gegenüber rechtfertigen zu müssen. Trotzdem ergab sich daraus eine logische Frage: »Wollen Sie ihn nicht an diesen Marek weiterleiten?«
Sybilla nickte sehr langsam.
»Das wollte ich
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