Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)
Erfahrenere, er hat den besseren Hund. Er sagt:
Franz, geh mit! Geh mit!
Fehsenfeld freut sich, der Förster gibt ihm seinen Hund. Er geht los, zuerst an die Stelle, wo sein Blei den Hirsch getroffen hat. Zögernd folgt ihm der Drahthaar. Stubbenbrandt hat die Fehsenfeld’sche Hündin angeleint. Sie winselt, kann nicht verstehen, warum sie ihr Herr nicht mitnimmt. Der ruft befehlend:
Sirta! So bleib! Komm, Franz! Komm, such das Blut, such das Blut!
Der Hund weiß Bescheid, er hat mit seinem Herrn schon viele Suchen gemacht. Er äugt mit seinen Bernsteinaugen erst zu Fehsenfeld, seinem neuen Befehlshaber, dann zu seinem Herrn, dem Förster, und als der brummt
Na geh, Franz! Geh arbeite,
wedelt er ein wenig mit seinem Schwanzstummel und lässt sich, gehorsam stillstehend, an die lange Suchleine, den Schweißriemen, nehmen. Er fängt zu suchen an, läuft hin und her, den Kopf tief im Gras und auf dem Waldboden, dabei tut er, als täte er das alles mehr dem neuen Herrn zu Gefallen, äugt immer wieder prüfend zu ihm, ob der auch zufrieden ist, sucht dann weiter, bedächtig und gründlich, routiniert.
Auf einmal fängt er zu ziehen an, strebt mit eingestemmten Läufen voran, keucht und hechelt unter dem Druck des Halsbandes. Er bleibt stehen, wedelt, stößt mit der Nase unter einen kleinen Haselnussstrauch. Fehsenfeld treibt den Hund an, er ruft:
Such das Blut! Such, braver Hund!
Franz, der erfahrene Drahthaar, stößt mit der Nase abermals auf dieselbe Stelle, winselt, gibt leise Laut.
Der Förster ist in eins heran. Die beiden knien, wie zu einem plötzlichen Gebet, vor dem Strauch, sehen auf einem der unteren Blätter drei rote Spritzer. Stubbenbrandt lobt seinen Rüden, auch der Jäger Fehsenfeld lobt das Tier.
Brav, Franz! Gut gemacht!
Man sieht, der Rüde ist stolz, aber er will schon weiter, auch Sirta, die Bracke, ist vom Jagdfieber angesteckt. Sie zieht an ihrer kurzen Leine, jammert. Stubbenbrandt nimmt noch ein Haarbüschel braunroter Hirschhaare von einem Zweig. Vorwärts!
Fehsenfeld, seine Jagdmütze, eine alte, zerschabte Lederkappe mit kurzer, steifer Blende fest ins Gesicht drückend, gibt dem Hund noch mehr Leine, wird indes sofort fortgerissen von dem eifrigen, arbeitswilligen Drahthaar. Im sumpfigen Noringer Holz dann geht es durch Pfützen und morastige Stellen, die tückisch mit schönstem Moos und Gras bedeckt sind. Das Moor quatscht, das Wasser platscht, die Jungfichten knistern und knastern, Kiefernzweige peitschen Fehsenfelds Gesicht, manchmal fegen sie durch den atmenden, halboffenen Mund, Birkenruten und Haselnusszweige geißeln die Wangen, Brombeerranken zerkratzen Hände und Arme. Der Jäger achtet nicht darauf. Er muss vorwärts, dem Hunde nach. Dass nur die Leine sich nirgends verhakt. Stubbenbrandt mit der Hündin folgt dem Fiebernden. Weiter geht es durch dick und dünn, durch Schonungen und dichtes Unterholz. Auf einmal ein Wassergraben. Voll mit brackigem Schwarzwasser. Fehsenfeld wollte zum Sprung ansetzen, doch der Hund riss ihn vorwärts. Er sackt ein, bis zu den Knien, flucht, lässt die Leine los. Da ist der Förster da, macht einen gewaltigen Satz, tritt auf den am Boden dahinhuschenden Schweißriemen, bückt sich, reicht ihn dem aufspringenden Jäger. Fehsenfeld atmet tief, wickelt sich die Leine ums Handgelenk. Gott sei Dank, nochmal gutgegangen. Weiter geht’s.
Drei Rehe brechen vor dem Hund aus dem niedrigen Lärchenbestand, zwei Fasanen fliegen knatternd auf. Fehsenfeld, gezogen vom eifrigen Franz, schaut nicht auf.
Doch dann, an der Dickung auf Ehrenstetten, nahe dem sogenannten Teufelsloch, stoppt der Hund, zieht dann plötzlich nach rechts, zeigt seinem Jagdherrn das erste Wundblatt. Wildhaar klebt auf dem Nadelpolster des Waldbodens, dicke dunkelrote Flecke sieht man. Der Jäger lobt das Tier:
So ist’s brav, Franz! Guter Hund!
Doch der Drahthaar will weiter. Fehsenfeld nimmt die Leine fester, denn hier ist der Grund trügerisch und er will nicht noch einmal in so ein Wasserloch einsinken. Füße und Waden sind patschnass von dem Einbruch. Franz indes zieht weiter nach rechts, nicht in das sumpfige Gelände, sondern in den großen Windbruch vom letzten Jahr, wo Wurfböden mit tiefen Gruben abwechseln und das Astwerk der niedergestürzten Kiefern mannshohe Barrieren bildet.
So an Flaoz, damischer!
ertönt es hinter Fehsenfeld, denn jetzt wird die Suche ganz und gar kompliziert. Fortwährend läuft der Hund unter den Wurfböden durch, zerrt und zieht, springt über
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