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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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des Geschehens. Die Männer aber lauschen und spitzen die Ohren, wohin es gehen wird, zum Ende ihres Abenteuers. Auf einmal hellt sich das gebräunte Wettergesicht des Försters Stubbenbandt auf. Er hat etwas gehört. Sein Hund Franz gibt Laut. Aber es ist ein anderer Ton als der helle, freudige Hatzlaut, den man sonst von ihm kennt, ein dunkles, böses Knurren ist dem Förster ans Ohr geklungen. Ein kleines Winseln ist daneben. Die Bracke versucht zu bestehen.
    Er hat den Hirsch!
murmelt der alte Mann.
    Sie gehen los. Über breite Gräben, über umgestürzte Bäume, durch dichtes Strauchwerk müssen sie – aber der Weg fällt ihnen leicht, denn das Ziel zieht und lockt. In dreimal fünf Minuten sind sie an Ort und Stelle. Sie müssen leise sein, der Wind muss aus der richtigen Richtung kommen, von vorn, ihnen entgegen. Es geht über einen nassen Bruch und dann wieder hinein in den Wald, kriechend, springend, immer möglichst ohne viel Geräusch, bis sie zu der Lichtung kommen, die im vorvorigen Jahr ein Wirbelwind riss, dann, neben einer umgestürzten Fichte, sehen sie das Geweih des Hirsches, wie es in den schrägen Sonnenstrahlen aufblitzt. Er versucht den Deutsch-Drahthaar zu forkeln. Die Bracke steht sprungbereit einen halben Meter abseits und fletscht die Zähne. Der Jäger Fehsenfeld schleicht, den Drilling im Anschlag, auf sichere Schussweite heran, umgeht ein paar am Boden liegende Jungstämme. Förster Stubbenbrandt hat die Hände an die Augen genommen. Die Sonne blendet ihn. Er beobachtet das Ganze, seine alte Doppelflinte lässt er auf der Schulter, zieht indes den Hirschfänger aus dem Halfter.
    Der Verleger zielt sorgfältig auf das Blatt, drückt ab. Der Knall ist nicht laut, der Wald ringsum schluckt ihn weg. Dafür ist ein dumpfer Wutlaut zu hören, ein ärgerliches lang gezogenes Stöhnen folgt dem Schuss. Der Förster ruft dem wild bellenden Hunde zu:
Tot, isch tot, lass ab!
Fehsenfeld tritt heran, lobt den Rüden, liebelt ihn ab. Stubbenbrandt hat ein Fichtenreis gebrochen, um es dem Hirsch in den Äser zu schieben.
    Weidmannsheil! Weidmannsdank!
    Mit den Augen fragt der Förster: Sie oder ich? Der Verleger nickt. Da dreht der andere das erlegte Tier auf die Seite und bricht es auf, gibt den Hunden einen Teil des Gescheides, was ihnen zusteht. Die stürzen sich auf die blutigen Stücke, schlingen, knurren, sind ganz wilde Wölfe. Fehsenfeld steht daneben. Sonst bricht er das eigene Wild selber auf, heute verzichtet er, lässt dem Alten den Vortritt. Der wird den Hirsch auch aus dem Wald holen, ihn aus der Decke schlagen, das Fleisch zum Metzger bringen, das Geweih aufbewahren und herrichten, damit er es später holen kann …
    Auf seinem Lehenhof angekommen, es ist heller Vormittag, eine Stunde vor Mittag, da fällt der Verleger Fehsenfeld, ohne sich groß zu waschen oder auszuziehen, auf sein altes Sofa. Die Knochen, die ihm noch auf dem Nachhausweg einzeln wehtaten, spürt er nicht mehr, auch nicht die Mäuse, die ihm, kaum ist er weggesackt, über den Bauch und die schmutzigen Hosen laufen und an den Waldresten, die er mit den verdreckten Gamaschen und dem Hosenleder hereingeschleppt hat, herumknabbern. Nur eines denkt er noch, bevor er hinübersinkt in seinen traumlosen Erschöpfungsschlaf: Wenn er aufwacht, will er noch ein Stück gehen, dann ordentlich essen, vielleicht die Hirschleber braten, eine Flasche Mosel trinken und schließlich die Briefe, die Texte und die Kontoauszüge durchsehen, die er mit hier heraufgebracht hat …
    Nach vier Stunden ist er aufgewacht, fühlt sich prächtig und ausgeruht. Die Sonne steht noch hoch am Himmel. Ein schöner Tag neigt sich langsam seinem Ende zu. Die rechte Zeit für einen kleinen Spaziergang, wie er ihn sich vorgenommen hat. Fehsenfeld ruft die Hündin. Sie hat im Vorraum gelegen, zusammengerollt geschlafen, auch sie ist erschöpft gewesen. Jetzt aber, wo der Herr sie ruft, springt sie auf und kommt in bester Laune heran, reibt die Schnauze an seiner Hose. Er entdeckt zwei Zecken an ihren Ohren. Komm, ich zieh sie dir raus. Er bückt sich, nimmt den Kopf der Hündin zwischen die Hände, entfernt das Ungeziefer. Wart nur, sagt er zärtlich, wart nur, Sirta, morgen kommt das Frauchen mit der Eva und der Dora hier herauf. Komm, jetzt gehen wir ein Stück … so komm doch. Hier, dein Stöckchen!
    Sie laufen los, der Hund, ohne Leine, springt und schnüffelt, bleibt ab und zu stehen und äugt zu seinem Herrchen, gibt einen Freudenlaut, bringt das

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