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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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Stöckchen, will, dass er es wieder und wieder einfangen darf. Bettelt. Jault, juchzt, alles zusammen. Werfen und Bringen! Spielen, den ganzen Nachmittag, ein schönes Leben …
    Doch der Verleger läuft nur ein kurzes Stück fröhlich und abgelenkt, dann holen ihn die Sorgen wieder ein, Sorgen, die während der Jagd und bis jetzt vergessen schienen, Sorgen, die mit seinem Verlagsgeschäft zusammenhängen, Sorgen mit seinem Autor Karl May.
    Ohne Lust wirft er das Stöckchen in die Wiese, gibt es schließlich ganz auf. Sirta, enttäuscht, winselt, trollt sich auf eigenen Wegen. Eine Maus im Gras, die sie gerade erschnüffelt hat, interessiert sie jetzt mehr als ihr seltsames Herrchen.
    Fehsenfeld, den Kopf gesenkt, blicklos, erinnert sich eines Briefes, den er vor einer halben Woche aus Radebeul bekommen hat. Es ist wie immer ein langer Brief seines Autors May gewesen und er hat ihn bis jetzt nur ein einziges Mal überflogen, es fehlte ihm Zeit und Muße, es ist aber, so viel weiß er, wieder einmal ein Brief, der ihn mit dunklen Ahnungen erfüllt.
    Fehsenfeld beschließt umzukehren, sich einen starken Kaffee aufzubrühen und diesen Brief von allen seinen Papieren, die auf ihn in der niedrigen behaglichen Stube seines Hofes warten, als Erstes gründlich durchzulesen, sich Anmerkungen zu machen, Stichworte zu notieren, Stichworte, die er nötig hat, wenn er darauf antworten soll.
    Komm Sirta! ruft er, komm, wir gehen heim! Der Hund ist weit fort, fast außer Sicht, ein kleiner brauner Punkt, der im Gelände hin und her wuselt. Sie kann ihren Herrn nicht hören.
    Der Verleger tastet nach seiner Jagdpfeife. Er findet sie nicht, legt die Hände trichterartig an den Mund, ruft die Hündin, ruft ein paar Mal, kehrt schließlich um. Sie wird schon zum Haus kommen, sagt er sich, wenn sie mich nicht mehr hier draußen findet, trollt sie sich auf den Hof, sie wird Laut geben oder an der Türe kratzen.
    Drinnen zieht er sich mit einem Ächzen die schweren Tiroler Bergschuhe von den Füßen, rollt die Socken nach unten, befreit sich von ihnen, schlüpft in bequeme Fellpantoffeln, hängt die Jacke an einen Nagel im Vorraum. Auf einem Wandbrett in der Küche, in einer Blechbüchse findet er noch einen Rest Kaffee. Er nimmt die alte, halb verrostete Kaffeemühle zwischen die Knie, mahlt den Kaffee, genießt den aufsteigenden Duft der zerkleinerten Kaffeebohnen, zündet dann den Petroleumkocher an. Die Flamme zeigt einen schwarzen Rußfaden, der sich zur niedrigen Holzbalkendecke kringelt, die Flamme flackert, er dreht vorsichtig am Stellrad, macht sie kleiner. Ah, jetzt ist sie richtig, er stellt den Wasserkessel drauf. Aber es riecht unangenehm nach Petroleum. Mit dem vermaledeiten Petroleum müsse es ein Ende haben, denkt er. Irgendwann werde er sich hier herauf elektrischen Strom legen lassen, auch, wenn es noch so teuer werde.
    Ach, Paula! der Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld seufzt, er vermisst Paula, seine Frau. Auch jetzt, wo er hier am Kocher hantiert, oder wo er vorher in die Stube mit dem grünen Kachelofen und der dunklen Holzdecke getreten ist, die alten zusammengekauften Bauernmöbel gesehen hat, muss er an sie denken. Eigentlich hat er die ganze Zeit, auch während er draußen im Busch war, an sie denken müssen. Schade, dass sie so wenig Lust auf die Jagd hat. Vielleicht kommt sie aber, wenn sie es bequemer hat, öfter hier herauf auf seinen alten, romantischen Lehenhof. Schon früher hat er ihr gesagt, hier werde sein Alterssitz entstehen, hier werde er ein wenig Komfort hereinbringen, hier wolle er außerdem begraben sein, hier wolle er ruhen in einer kleinen Waldkapelle und auf dem Grabstein solle der Spruch eingraviert sein: „Hier ruht ein Jäger!“
    Ja also, die Elektrik muss her. Der Hof muss ausgebaut werden. Auf jeden Fall. Im nächsten Monat wird er sich ein Angebot machen lassen. Auch die Mädel, Dora und die Eva, hätte er jetzt gerne in seiner Nähe. Er liebt seine Kinder, liebt sie über alles. Ohne sie wäre er nur ein halber Mensch. Aber, er kann es nicht hindern, dass ihm jetzt wieder sein armer Sohn Hans einfällt. Es ist ihm unmöglich, diesen tragischen Tod zu vergessen. Beinahe jeden Tag muss er an das Kind denken. Warum nur geschah dieses verdammte Unglück? Soll er es als ein Zeichen nehmen? Ist es eine Strafe gewesen? Wofür? War er leichtfertig und übermütig? Hat er es an der nötigen Demut dem Herrn gegenüber fehlen lassen? Vielleicht. Bestimmt sogar. Seit Langem ist er, der

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