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Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition)

Titel: Die Geistesbrüder: Karl May und Sascha Schneider Roman einer Künstlerfreundschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Funke
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angenommen, dass auch bei seinem Autor May die Ehefrau ein gewichtiges Wort mitzusprechen habe, und Geld, so ergänzte er lächelnd, sei neben der Liebe nun einmal das Entscheidende in einer bürgerlichen Ehe … aber, und er holte tief Luft, so leid es ihm tue und so wenig er es verstehen könne, er stünde mit Karl im Vertrag und wenn dieser Geld direkt von ihm verlange, so müsse er es ihm zuschicken, auch, wenn ich davon nichts wüsste …
    Nein, trotz alledem, wirklich, ein feiner Mann, dieser Friedrich-Ernst Fehsenfeld, unterbricht Emma ihre Erzählung, sie hat die Arme auf die Tischplatte gestützt und schaut blicklos vor sich hin, warum sind solche Männer, zumal Verleger, nicht frei und noch zu haben. Warum muss ich ausgerechnet einem Erzgebirgler, kleinwüchsig, krummbeinig und verlogen, aufsitzen, ach, ach …
    Friedrich ist durch und durch ein seriöser und Vertrauen einflößender Mensch, ich habe ihn sehr lieb gehabt, und ich liebe ihn noch heute. So ein stattlicher Mann, groß, helläugig, mit entschlossenen Zügen; gut, er hatte rote Haare, die jetzt sicher auch schon grau geworden sind, rote Haare sind nicht mein Fall, aber, ich hätte drüber weggesehen. Und ich glaube, auch er hatte etwas für mich übrig. Wie er mich damals, in unserem Garten, als er mir dies alles erzählt und erläutert hatte, angeschaut, wie er mich dann zum Schluss in die Arme genommen hat, und nicht nur, weil mir die Tränen gekommen waren und ich ein wenig geschluchzt hatte, sondern auch, weil er etwas für mich empfand. O ja, der Friedrich. Emma seufzt. Aber durch ihn, redet sie weiter, durch ihn habe ich meinen Karl erst richtig erkannt, was der für ein Lügner und Heimlichtuer gewesen ist …
    Und noch ist, meine Liebe! O ja, noch immer ist … ruft die Sängerin aufgeregt dazwischen. Bis heute ist dein Karl ein gemeiner, hinterhältiger Mensch geblieben … auch, wenn er so freundlich und verbindlich tun kann, wie viele sagen.
    Oh, das stimmt, das stimmt! ruft nun auch die Kaufmannswitwe.
    Hört weiter zu! Emma hat sich aufgerichtet, ihr sonst blasses Gesicht ist gerötet, im Genick haben sich weitere Strähnen aus dem Haargesteck gelöst. Fehsenfeld, auf Karls Drängen, schickte also weiter Geld, nicht regelmäßig und in verschiedener Höhe, ausschließlich zu dem Zweck, damit mein Mann, sozusagen ohne seine Ehefrau und ohne ihr Wissen, freien Zugriff auf diese Geldmittel habe. Doch wohin damit? Wo konnte er das Geld, inzwischen ein paar Tausend Mark, vor mir verstecken? Wo war es vor meiner Entdeckung sicher? Er musste ja auch mal wegfahren, Lesereisen und Geschäftsbesuche in ganz Deutschland, dann war er wochenlang abwesend. Er hatte eine höllische Angst, dass ich das Geld finden würde, er kannte meinen Sauberkeitswahn, dass ich regelmäßig im ganzen Haus Ordnung machen musste, seine Anzüge ausbürstete, die Taschen umdrehte, in jeden Winkel schaute. Ein sicheres und originelles Versteck brauchte er also. Ich weiß nicht, wie er darauf gekommen ist, vielleicht hatte er es ja irgendwo gelesen, jedenfalls war er auf die Idee verfallen, das Fehsenfeldsche Geld, in drei dicken Umschlägen verpackt, auf den Rost seines Arbeitszimmerofens zu legen. Es war Sommer, die Heizperiode noch weit, und bis es kälter wurde und der Ofen gebraucht werden würde, wäre er ja wieder da. Doch unerwartet, ich weiß es noch wie heute, gab es mitten im Juli ein paar kalte Tage. Das Thermometer zeigte schrecklich tiefe 44,6° Fahrenheit, wir hatten damals noch kein Celsius-Thermometer, und am nächsten Tag würde mein Mann zurückkommen – also sagte ich dem Mädchen, sie solle alle Zimmer, auch das Arbeitszimmer des Herrn, heizen, damit er es warm hätte, wenn er nach Hause käme. Plötzlich, ich stand gerade in der Küche am Herd, kam Therese, das Mädchen, ganz aufgeregt angerannt. Atemlos, rotgesichtig hielt sie drei große Umschläge in den Händen.
    Meine erste Frage: Hast du reingeschaut? Meine zweite Frage: Wo hast du das gefunden?
    Sie antwortete: Im Arbeitszimmer des Herrn. Auf dem Ofenrost.
    Was? rief ich, du lügst, wo war es wirklich? Ich hatte sofort gesehen, was die Umschläge enthielten, und ich dachte, das neugierige Ding hätte in Karls Schreibtisch herumgewühlt.
    Nein, wie ich Ihnen doch sage, gnädige Frau May, auf dem Ofenrost lagen die Umschläge. Ich sollte doch Feuer machen, wie Sie mir gesagt haben, und da habe ich alle Ofenklappen aufgemacht, die Asche herausgenommen, die vom Winter noch drinnen lag, alles

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