Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Schneidezähnen«, entgegnete ihre Schwester und bedeutete ihr mit einer Geste, sich die Zähne zu säubern.
Joséphine gehorchte und wiederholte anschließend ihre Frage.
»Mach dir keine Sorgen, Philippe wird gar nichts davon merken.
Er macht seine Steuererklärung ja nicht selbst, das überlässt er einem Steuerberater, und außerdem zahlt er schon so viel Steuern, dass das auch keinen großen Unterschied mehr macht!«
»Bist du sicher? Und was mache ich, wenn mich jemand fragt, wo das ganze Geld herkommt?«
»Dann sagst du einfach, deine stinkreiche Schwester hätte es dir geschenkt.«
Jo sah sie zweifelnd an.
»Hör auf, dir Gedanken zu machen, Jo. Genieß es doch einfach und freu dich … Ist das nicht wunderbar? Unser Projekt wurde angenommen, und zwar mit besonderem Lob der Jury.«
»Ich kann es immer noch nicht fassen. Und statt es mir gleich zu erzählen, kommst du mir mit unserer biestigen Mutter! Stell dir das nur mal vor, Iris! Es hat ihm gefallen! Mein Konzept hat ihm gefallen! Er hat einen Scheck über fünfundzwanzigtausend Euro ausgestellt, nur aufgrund meines Konzepts!«
»Und aufgrund der zwanzig Seiten, die du schon geschrieben hast … Wirklich raffiniert, deine Idee. Da bekommt man gleich Lust zu lesen, wie es weitergeht …«
Am liebsten hätte Joséphine eine Portion Sauerkraut mit Würstchen und gepökeltem Fleisch bestellt, um ihren Erfolg zu feiern, aber sie widerstand der Versuchung.
»Ist das nicht großartig, Schwesterchen?«, fragte Iris, und in ihren weit aufgerissenen Augen schimmerte ein gelbliches Funkeln. »Wir werden reich und berühmt!«
»Ich reich und du berühmt!«
»Stört dich das etwa?«
»Nein … Im Gegenteil. Ich kann schreiben, was ich will, und niemand wird je erfahren, dass es von mir stammt. Glaub mir, das erleichtert mich ungemein! Außerdem wäre ich doch zu so etwas gar nicht in der Lage! Wenn ich sehe, was man alles tun und sagen muss, um ins Fernsehen zu kommen, würde ich mich am liebsten unter meinem Bett verkriechen.«
»Und mir wird gerade das Spaß machen. Ich ertrage es nicht mehr, immer als die brave Ehefrau dazustehen, Jo, du kannst dir nicht vorstellen, wie satt ich das habe …«
Iris verstummte und saß eine Weile gedankenverloren da, während Joséphine ihre Tasche nicht aus den Augen ließ. Plötzlich schlug sich Iris gegen die Stirn.
»Fast hätte ich es vergessen. Ich wollte dir noch einen Artikel zeigen …«
Sie griff in ihre Handtasche und zog eine gefaltete Zeitung heraus, die sie vorsichtig aufschlug, um den Artikel zu suchen, der sie interessierte.
»Da ist es! Ein Porträt von Juliette Lewis, du weißt schon, die frühere Schauspielerin … na ja, frühere … sie muss etwa Anfang dreißig sein und bekommt keine Rollenangebote mehr, deshalb macht sie jetzt Musik. Hör zu, was hier steht: ›Juliette Lewis ist inzwischen Frontfrau einer Rockband namens Juliette and the Licks, Juliette und die Lutscher, ein Name, der an sich schon für Erregung sorgt, umso mehr, wenn Chris, der junge PR-Manager der Lutscher, bestätigt, dass Juliette Lewis auf der Bühne jene winzigen Slips trägt, die man mit Fug und Recht String nennt. »Ja, es kommt hin und wieder vor, dass man ein gutes Stück von ihrem Hintern sieht«, versichert er genau in dem Moment, als Juliette zu uns zurückkommt und mit ihrer rauen Stimme Here we go, man sagt …‹«
»Das ist ja grässlich …«
»Und ich bin bereit, das Spiel mitzuspielen!«
»Deinen String zu zeigen?«
»Bilder wie dieses zu produzieren, um das Buch zu vermarkten.«
Joséphine musterte ihre Schwester und fragte sich, ob sie nicht eine Riesendummheit machte, indem sie ihre Komplizin wurde.
»Meinst du das wirklich ernst, Iris?«
»Aber sicher, Dummerchen. Ich werde ihnen eine Show liefern … Eine richtige Show, die ich bis ins letzte Detail planen werde, und ich bin wild entschlossen, Furore zu machen. Serrurier sagt doch die ganze Zeit ›mit Ihren Augen, Ihren Beziehungen, Ihrer Schönheit‹ … Und das ist mehr wert als deine kleinen Finger auf der Tastatur und deine ganze Gelehrsamkeit! Um zu verkaufen, meine ich, um das Buch zu verkaufen …«
Sie warf ihr langes schwarzes Haar in den Nacken, hob die Arme, als greife sie nach dem Himmel, und seufzte.
»Mir ist so langweilig, Jo, so entsetzlich langweilig …«
»Machst du es deswegen?«, fragte Jo scheu.
Iris machte große Augen und schien nicht zu verstehen, was sie meinte.
»Natürlich … Was für einen
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