Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)
Schriftstellerin, mich anziehen wie eine Schriftstellerin …«
»Aufs Klo gehen wie eine Schriftstellerin!«
Iris hörte sie nicht. Gedankenverloren schmiedete sie Karrierepläne. Doch unvermittelt hielt sie inne.
»Wie soll ich das alles schaffen?«
»Keine Ahnung. Wir haben ausgemacht, dass wir die Arbeit aufteilen. Jetzt bist du dran!«
Joséphine bemühte sich um einen ungezwungenen Ton, doch in ihrem Herzen sah es anders aus.
Abends gingen Philippe, Iris und Jo zum Essen ins Ciro’s. Philippe parkte seine große Limousine zwischen zwei anderen Autos an der
Uferstraße. Iris und Joséphine wanden sich aus dem Wagen. Dabei berührte Iris mit der Hand kurz ein rotes Cabrio. »Hey«, brüllte ein braun gebrannter Mann mit schmalem Schnurrbart und heller Wildlederjacke, »passen Sie gefälligst auf! Das ist mein Wagen!«
Iris musterte ihn abschätzig und antwortete nicht.
»So ein Trottel!«, zischte sie beim Weggehen. »Der hätte wohl am liebsten noch ein Unfallprotokoll aufnehmen lassen. Meine Güte, was sind Männer doch empfindlich, wenn es um ihr Auto geht! Ich wette, der lässt sich das Essen auf der Motorhaube servieren, damit nur ja niemand seinem Schätzchen zu nahe kommt.«
Sie klapperte auf ihren Prada-Pumps voraus, und Joséphine folgte ihr mit hängenden Schultern. Luca nahm den Bus. Luca trug einen alten Dufflecoat. Luca rasierte sich nur alle drei Tage. Luca brüllte nicht. Ende Juni war er in die Bibliothek zurückgekehrt, und sie hatten ihre langen Pausen in der Cafeteria wieder aufgenommen.
»Was machen Sie diesen Sommer?«, hatte er gefragt und sie mit seinen traurigen Augen angesehen.
»Im Juli fahre ich zu meiner Schwester nach Deauville. Was ich im August mache, weiß ich noch nicht. Die Mädchen fahren zu ihrem Vater …«
»Dann hoffe ich, Sie im August zu sehen. Ich bleibe den ganzen Sommer über hier. Dann kann ich in Ruhe arbeiten. Ich mag den Sommer in Paris. Man kommt sich vor wie in einer fremden Stadt. Außerdem ist die Bibliothek leer, man braucht nicht mehr auf seine Bücher zu warten …«
Sie hatten sich für Anfang August verabredet, und Joséphine war voller Vorfreude auf ihr Wiedersehen abgereist.
Iris bestellte Champagner und erhob ihr Glas auf das Buch.
»Heute Abend fühle ich mich wie die Patin eines Schiffs, das bald in See stechen wird«, verkündete sie theatralisch. »Ich wünsche dem Buch ein langes, erfolgreiches Leben …«
Philippe und Joséphine stießen mit ihr an. Schweigend tranken sie ihren Champagner. Die Gläser waren beschlagen und schimmerten sanft. Philippes Handy klingelte. Er blickte auf die Nummer des Anrufers und entschuldigte sich. »Ich muss rangehen.« Er stand auf und ging hinaus auf die hölzerne Strandpromenade. Sobald er fort war,
griff Iris in ihre Handtasche und zog einen schönen kartonierten weißen Umschlag heraus.
»Für dich, Jo. Damit du heute Abend auch einen Grund zum Feiern hast!«
»Was ist das?«, fragte Joséphine überrascht.
»Ein kleines Geschenk … das dir das Leben erleichtern wird!«
Joséphine nahm den Umschlag, öffnete ihn und zog eine mit einer rosa Borte eingefasste Karte heraus, auf der in goldenen Lettern in Iris’ schwungvoller Handschrift geschrieben stand: »Happy you! Happy book! Happy life!« Im Inneren der Karte lag ein zusammengefalteter Scheck. Fünfundzwanzigtausend Euro. Joséphine wurde rot und schob alles wieder zurück in den Umschlag. Sie fühlte sich gedemütigt. Der Preis für mein Schweigen. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht in Tränen auszubrechen.
Sie brachte es nicht über sich, Iris zu danken. Sie bemerkte, dass Philippe sie von Weitem beobachtete; er hatte sein Telefonat beendet und kam zu ihnen zurück. Sie rang sich ein Lächeln ab.
Iris war aufgestanden und winkte lebhaft einem jungen Mädchen zu, das auf einen der Tische an der Strandseite der Terrasse zusteuerte.
»Das ist doch Hortense! Was macht sie denn hier?«
»Hortense?« Joséphine stockte kurz.
»Ja, natürlich … sieh doch.«
Sie rief ihren Namen. Hortense blieb stehen und kam an ihren Tisch.
»Was machst du denn hier, Liebes?«, fragte Iris.
»Ich wollte euch nur kurz Hallo sagen! Babette hat mir gesagt, dass ihr hier esst, und ich wollte nicht mit den beiden Kleinen allein bleiben …«
»Dann setz dich zu uns«, forderte Iris sie auf und deutete auf einen Stuhl.
»Nein, danke … Ich gehe lieber rüber zu meinen Freunden, sie sind in der Bar nebenan.«
Sie ging einmal um den Tisch
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