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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Joséphine gefragt und an die Szene gedacht, die sie am Bahnsteig beobachtet hatte.
    Josiane war blond und rundlich, und das Alter, in dem man sie ein junges Ding nennen würde, hatte sie seit einer Weile hinter sich. Also hat er sogar mehrere Geliebte, dachte sie beinahe bewundernd. Was für ein Kerl!
    »Sie behauptet, sie hätte etwas gegen ihn in der Hand! Es ist ihr egal, dass er sie betrügt, aber wenn er jemals die Scheidung verlangen sollte, lässt sie die Bombe platzen!«
    »Etwas gegen ihn in der Hand?«, wiederholte Joséphine. »Was könnte das sein?«
    »Es geht irgendwie um Veruntreuung. Sie ist auf eine ziemlich kompromittierende Akte gestoßen! Und solche Sachen können schnell ins Auge gehen. Er sollte sich lieber vorsehen, wenn er nicht sein ganzes Geld verlieren und auf den Titelseiten sämtlicher Zeitungen landen will.«
    Armer Chef, dachte Joséphine und betrachtete den roten Pfosten, der den Eingang zum Grundstück der Dupins markierte, er hat doch auch das Recht, sich zu verlieben, mit unserer Mutter hatte er bestimmt
nicht viel zu lachen! Am Himmel schwebten weiße Wölkchen, die bauchige weiße Buchstaben in das Blau zeichneten.
    Iris erwartete sie triumphierend auf den Stufen vor der Haustür. Sie trug das neueste Lacoste-Shirt und weiße Shorts. Ihre riesigen blauen Augen wirkten noch größer, wenn ihre Haut gebräunt war. Sie warf einen ungnädigen Blick auf Joséphines Aufzug und verkündete stolz: »Knick und Knock knackten den knurrigen Knuck, eh der sie knacken konnte!«
    Joséphine ließ sich auf die Stufen fallen und wischte sich mit ihrem T-Shirt den Schweiß von der Stirn.
    »Hast du endlich ein Soufflé zustande gebracht?«, fragte sie.
    »Kalt, ganz kalt.«
    »Alexandre ist zum ersten Mal ganz allein ums Haus gefahren?«
    »Noch kälter …«
    »Du bist schwanger?«
    »In meinem Alter? Bist du verrückt?«
    Plötzlich sah Joséphine zu ihrer Schwester auf und wusste Bescheid.
    »Serrurier hat angerufen.«
    »Bingo! UND ER IST BEGEISTERT!«
    Joséphine warf sich zu Boden, blieb mit ausgebreiteten Armen liegen und sah zu, wie die Wolken in den Himmel schrieben. Sie zeichnete die Buchstaben »UND ER IST BEGEISTERT« nach. Sie hatte es geschafft! Florine würde auferstehen! Und Wilhelm und Thibaut und Baudouin und Guibert und Tancrède! Bis jetzt waren sie nur kleine Figürchen, die, in Seidenpapier eingeschlagen, in einer Schachtel lagen und auf die Berührung des Zauberstabs warteten … Jetzt konnten sie endlich lebendig werden und die Regale der Buchhandlungen und Bibliotheken füllen!
    Iris baute sich vor ihr auf. Ihre langen, schlanken, gebräunten Beine bildeten ein umgedrehtes V, V wie Victory.
    »Er findet das Buch großartig. Nicht eine Korrektur. Alles perfekt. Erscheint im Oktober. Große Auflage. Spitzentitel des Weihnachtsgeschäfts. Große Werbekampagne. Radiospots. Fernsehspots. Anzeigen in allen Zeitungen. Plakate an Bushaltestellen. Überall Werbung!«
    Sie hob die Arme in die Luft, ließ sich neben Jo auf die Erde fallen und rollte über den Boden.
    »Du hast es geschafft, Jo. Du hast es geschafft! Er war hin und weg! Völlig baff! Danke! Danke! Du bist wunderbar, du bist fantastisch, du bist unglaublich!«
    »Heute vor dreißig Jahren ist Papa gestorben. ›Die Knallfrösche vom 14. Juli …‹ Bei ihm müssen wir uns bedanken.«
    »Ach ja? Ist das jetzt dreißig Jahre her?«
    »Auf den Tag genau.«
    »Meinetwegen, aber du bist diejenige, die das Buch geschrieben hat! Heute Abend wird gefeiert. Wir gehen essen. Wir trinken Champagner, wir essen löffelweise Kaviar, Krebsschwänze in Weinsoße und Profitéroles mit Schokolade!«
    »Ich habe beim Laufen an ihn gedacht, ich habe ihn gebeten, bei dem Buch ein bisschen nachzuhelfen, und …«
    »Hör auf, Jo! Du hast das Buch geschrieben, nicht er!«, fiel Iris ihr mit einem Hauch von Ärger in der Stimme ins Wort.
    Arme Jo. Traurige Jo. Süchtig nach Gefühlen und billigen Illusionen. Jo und ihr unstillbarer Drang zu lieben, jemand anderem Verantwortung und Anerkennung zu überlassen. Jo, die sich selbst nie ein Verdienst zuschreibt. Iris zuckte mit den Schultern, und ihre Gedanken kehrten zurück zu ihrem Buch. Jetzt war sie an der Reihe. Jetzt übernahm sie den Staffelstab.
    Sie stützte sich auf die Ellbogen und verkündete: »Von jetzt an bin ich eine Schriftstellerin! Ich muss denken wie eine Schriftstellerin, essen wie eine Schriftstellerin, schlafen wie eine Schriftstellerin, mich frisieren wie eine

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