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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sterbe vor Hunger«, nuschelte Gary.
    »Sprich gefälligst deutlich, ich verstehe kein Wort. Du kannst das Stück da essen, es ist zu dunkel geworden … Willst du auch ein Stück, Hortense?«
    Hortense feuchtete ihre Fingerspitzen an und pickte ein paar Teigkrümel auf.
    »Von Kuchen wird man dick …«
    »Du hast doch nichts zu befürchten«, sagte Joséphine lächelnd.
    »Wer schlank bleiben will, muss immer aufpassen, Maman.«
    »Ach übrigens, ich hab Neuigkeiten von Max«, fuhr Gary mit vollem Mund fort. »Er ist wieder in Paris und wohnt jetzt bei seiner Mutter … Er hatte die Nase voll von den Ziegen!«
    »Geht er wieder zur Schule?«
    »Nein. Er ist sechzehn, er muss nicht mehr hin …«
    »Was macht er denn stattdessen?«, fragte Joséphine beunruhigt.
    »Er treibt sich rum … Neulich hat er in der Schule vorbeigeschaut.«
    »Der kommt noch irgendwann unter die Räder«, prophezeite Hortense. »Er dealt mit Shit und zockt mit seiner Mutter beim Online-Poker …«
    »Und was ist mit Madame Barthillet?«, fragte Joséphine.
    »Anscheinend lässt sie sich von’nem Klumpfuß aushalten. So nennt Max ihn jedenfalls … Den Klumpfuß!«
    »Es hätte so ein lieber Junge aus ihm werden können«, seufzte Joséphine. »Der arme Max. Vielleicht hätte ich ihn ja doch bei mir behalten sollen …«
    »Wenn du Max behalten hättest, wär ich ausgezogen, darauf kannst du Gift nehmen!«, protestierte Hortense. »Kommst du, Gary? Wir probieren den Roller aus … Wir machen auch keinen Unsinn, Shirley, versprochen.«
    »Wo wollt ihr denn hin?«
    »Iris hat uns angeboten, sie in den Pin Up Studios zu besuchen. Sie macht da eine Fotostrecke für die Elle . Es fängt in einer knappen Stunde an. Gary fährt mich hin, und wir bleiben ein bisschen. Iris möchte, dass ich ihr sage, was ich von ihren Outfits halte. Sie hat mich gebeten, einen neuen Look für sie zu entwickeln. Nächste Woche gehen wir zusammen shoppen …«
    »Das gefällt mir nicht, das gefällt mir gar nicht«, murrte Shirley. »Versprich mir, dass du vorsichtig fährst, Gary. Und setz deinen Helm auf! Und zum Abendessen seid ihr wieder hier!«
    Gary küsste seine Mutter auf die Stirn, Hortense winkte Joséphine zu, dann drängten sich beide gleichzeitig durch die Küchentür hinaus.
    »Ich will nicht, dass er Roller fährt, das gefällt mir überhaupt nicht … Und es gefällt mir auch nicht, dass Hortense die ganze Zeit um ihn herumscharwenzelt. Als wir diesen Sommer in Schottland waren, hat er nicht mehr an sie gedacht. Ich will nicht, dass das ganze Theater wieder von vorn losgeht …«
    »Ich habe bei Hortense das Handtuch geworfen. Was soll ich machen: Sie wird demnächst sechzehn, sie ist Klassenbeste, ihre Lehrer sind voll des Lobes für sie. Ich habe ihr nichts vorzuwerfen … Außerdem
komme ich sowieso nicht gegen sie an. Sie wird von Tag zu Tag selbstständiger. Es ist schon komisch, wenn man darüber nachdenkt: Vor zwei Jahren war sie noch ein kleines Mädchen …«
    »Hortense war niemals ein kleines Mädchen, Jo. Ich will dir ja nicht wehtun, aber deine Tochter war schon immer ein durchtriebenes Gör.«
    »Lass uns lieber das Thema wechseln, sonst streiten wir uns noch. Du konntest sie nie wirklich leiden.«
    »Doch. Vor sehr langer Zeit. Aber mir gefällt nicht, wie sie mit anderen Menschen umgeht. Sie manipuliert sie, nutzt sie aus, sie ist eiskalt und herzlos.«
    »Ach, komm schon. Wehe, jemand kommt deinem Sohn zu nahe …«
    »Okay, Frieden! Lass uns aufhören. Hilfst du mir, meine Kuchen auszuliefern?«
     
    Dick eingemummelt in einen Tweedmantel und einen gelb karierten Schal, saß Marcel Grobz auf einer Bank unter der Glyzinie im Hof und betrachtete trübsinnig die kahlen, knorrigen Ranken, an denen Regentropfen perlten. Josiane war fort. Seit zwei Wochen spurlos verschwunden. Sie hatte sich gebückt, hatte ihre Reisetasche genommen und war, klapper, klapper, auf ihren spitzen Absätzen zur Tür hinausgestöckelt. Klapper, klapper auf dem Pflaster im Hof, klapper, klapper hatte sie das Tor geöffnet. Er hatte nicht die Kraft aufgebracht, ihr nachzulaufen. Von seinem Kummer überwältigt, hatte er dem Klappern ihrer Absätze nachgelauscht und sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen lassen. Seitdem setzte er sich hin, wo immer er ein Plätzchen fand, wann immer er einen Moment Ruhe hatte. Und sofort hörte er wieder das rasche, entschlossene Klappern von Josianes Absätzen. Es zerriss ihm das Herz.
    Ein abgestorbenes

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